Skurrile Rechtsstreite über Hähne, die nachts zu laut krähen, gibt es immer wieder. In England musste jetzt ein Mann eine Strafe in Höhe von rund 240 Euro plus Auslagen bezahlen, weil sich seine Nachbarn durch lärmendes Krähen nachts um 3 Uhr "gefoltert" fühlten.

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Nicht nur in Deutschland enden unterschiedliche Auffassungen rund um unsere tierischen Mitbewohner häufig vor Gericht. In Hampshire (Großbritannien) wurde erst kürzlich ein Mann zu einer Geldstrafe von 200 britischen Pfund (rund 240 Euro) plus Auslagen verurteilt. Der Grund: Sein Hahn kräht nachts zu laut.

Gleich sechs Nachbarn fühlten sich "gefoltert", weil der Hahn in der ansonsten ruhigen Straße bereits nachts um 3 Uhr für eineinhalb Stunden minütlich mit seinem "cock-a-doodle-doo" (Kikeriki) anfing.

Im Oktober 2022 erhielt der Stadtrat zahlreiche Beschwerden, weil der Hahn von Harald B. nachts regelmäßig laut kräht. Der Stadtrat sah darin ein "gesetzliches Ärgernis" und stellte dem 80-Jährigen einen Bescheid zu, der ihn zur Lärmminderung aufforderte.

Dieser Aufforderung kam der Hahn-Halter allerdings nicht nach, da es sich seiner Auffassung nach eher um ein "Krächzen" als um traditionelles Krähen handelte. Der 80-Jährige vermutete zudem seitens der Nachbarn und des Stadtrates eine "Verschwörung" gegen ihn.

"Kurze Atempause" nach Tod des Hahns

Mit dem Tod des Hahns im selben Jahr hätte die Angelegenheit eigentlich enden können. Doch Harald B. legte sich einen neuen Hahn zu – und das Ärgernis begann von vorn. Die Nachbarn beschwerten sich erneut über das nächtliche Krähen. Dieses Mal legten die Nachbarn sogar ein "Kräh-Protokoll" an und konnten somit beweisen, dass sie ab 3 Uhr nachts in 90 Minuten etwa 90 Mal das typische "cock-a-doodle-doo" hören mussten.

Zusätzlich gab eine Nachbarin an, unter Migräne zu leiden und dass das Krähen eines Hahnes bei einem Migräneanfall wie "Folter" sein. Eine andere Nachbarin sagte, dass sie der Vogel ständig mitten in der Nacht aufwecken würde. Und weitere Nachbarn beschwerten sich darüber, dass sie aufgrund des Lärms die Südseite ihrer Häuser nicht mehr nutzen konnten.

Harald B. plädierte zwar auf "nicht schuldig", wurde aber – weil er der Aufforderung zur Lärmminderung nicht nachgekommen war – zu der Geldstrafe verurteilt. Zusätzlich wurde der 80-Jährige zur Zahlung der Gerichtskosten in Höhe von 300 britischen Pfund (rund 360 Euro) sowie zu einem Zuschlag von 80 britischen Pfund (rund 95,00 Euro) verpflichtet.

So ist die Rechtslage in Deutschland.
So ist die Rechtslage in Deutschland. © Foto: unsplash.com/Zosia Szopka (Symbolfoto)

Wenn der Hahn nachts kräht: Rechtslage in Deutschland

Prinzipiell ist die private Haltung von Hühnern in Deutschland erlaubt. Zumindest dann, wenn sich die Menge der Tiere in einem üblichen Rahmen hält. Denn Hühner gelten vor dem Gesetz als Kleintiere.

In reinen Stadtgebieten kann das frühmorgendliche "Kikeriki" allerdings schnell zum Streitthema werden. Denn hier gilt die "Verpflichtung der gegenseitigen Rücksichtnahme". Ein innerhalb der gesetzlichen Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr krähender Hahn ist hier daher schnell "Lärmbelästigung", die die Nachbarn nicht ertragen müssen. Sie können sich auf das "Nachbarschaftsrecht" berufen, das die Rechte und Pflichten in der Nachbarschaft regelt.

In einem konkreten Fall fühlte sich eine Anwohnerin in ihrer Nachtruhe gestört. Ihr Schlafzimmer lag nur wenige Meter von einem Hühnerstall entfernt, in dem der Hahn morgens zwischen 3 Uhr und 6 Uhr so laut krähte, dass der Lärm deutlich in ihrem Schlafzimmer zu hören war. Sie klagte vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder (Aktenzeichen VG 5 L 270/22). Als Beweis legte die Klägerin dem Gericht ebenfalls ein "Kräh-Protokoll" vor.

Die Richterin sah in dem krähenden Hahn einen klaren Verstoß gegen die Nachtruhe. Denn gemäß § 3 Absatz 2 des Landesimmissionsgesetzes sind Tiere so zu halten, dass sie Anwohner nur geringfügig durch Lärm belästigen. Wenn aber ein Hahn mehrmals hintereinander in hoher Frequenz kräht, empfinden die Menschen dieses Geräusch als unangenehm und damit als Lärmbelästigung.

Für die Richterin war somit klar, dass bei der Klägerin durch das Krähen des Hahns Schlafstörungen auftreten können, die ihre Gesundheit beeinträchtigen. Das Gericht verfügte daher, dass der Besitzer für einen besseren Schallschutz zu sorgen hat. Der Hahn muss nun zwischen 22 Uhr und 6 Uhr in einem schallisolierten Käfig untergebracht werden. Mit der Entscheidung hat der Halter fast schon Glück gehabt. Denn in schwerwiegenden Fällen hätte das Ordnungsamt sogar die Haltung des Hahns verbieten können.

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Kikeriki gehört auf dem Land dazu

Da hat es doch das "Federvieh" auf dem Land doch wesentlich besser. Denn wie viel Krähen ein Nachbar ertragen muss, hängt auch von der Wohnlage ab. In ländlichen Gebieten gehört es dazu, wenn der Hahn morgens kräht. Besonders dann, wenn das Dorf von der Landwirtschaft geprägt ist. In diesen Gebieten ist ein Hahn, der kräht, Teil der typischen Geräuschkulisse.  © Deine Tierwelt

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