Das Coronavirus kann nicht nur den Menschen infizieren, sondern offenbar auch bei Primaten schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Forscher fürchten daher um die bedrohten, wildlebenden Menschenaffen und fordern Schutzmaßnahmen. Auch andere Wildtiere könnten betroffen sein. Im Gegensatz dazu gibt es noch keine Hinweise darauf, dass sich Haus- und Nutztiere mit dem Virus anstecken oder den Erreger übertragen.

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Mit SARS-CoV-2 trat in China ein ursprünglich vermutlich aus Fledermäusen stammendes, neues Coronavirus beim Menschen auf und führte zu einer Pandemie. Ob der Erreger auch andere Tierarten infizieren kann, wird derzeit weltweit von verschiedenen Forschungsinstituten untersucht.

Coronavirus: Primaten könnten sich infizieren

Als besonders gefährdet gelten Schimpansen, Gorillas, Bonobos und Orang-Utans. Sie sind mit dem Menschen genetisch eng verwandt. Forscher befürchten daher, dass SARS-CoV-2 auf die Tiere übertragbar ist.

"Aktuelle Studien mit Makaken haben gezeigt, dass die Affen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 auch Lungenentzündungen entwickeln können", erläuert Dr. Fabian Leendertz vom Robert-Koch-Institut. Der Tierarzt forscht zu Primatenkrankheiten und Zoonosen. Dabei handelt es sich um Infektionskrankheiten, die von Tier zu Mensch und umgekehrt übertragbar sind.

In der Vergangenheit sind bereits mehrere tödliche Erreger vom Menschenaffen auf den Menschen übergesprungen. Zu den bekanntesten Beispielen zählen das HI-Virus oder der Malaria-Erreger.

Auch die umgekehrte Übertragung findet statt. So erkrankten im Jahre 1999 Schimpansen an einer Lungenentzündung, weitere Befunde folgten bei Berggorillas in Ruanda und Bonobos in der Demokratischen Republik Kongo. "2016 konnte ein humanes Coronavirus bei Primaten nachgewiesen werden", erklärt Dr. Leendertz. "Wir gehen also davon aus, dass sich die Tiere auch mit SARS-CoV-2 infizieren können."

Eine Ansteckung wäre für wildlebende Primaten gefährlich. "Das Immunsystem der Menschenaffen ist mit dem des Menschen zwar vergleichbar", betont Leendertz. "Jedoch wäre der Erreger für die Tiere vollkommen neu und könnte daher schwere Krankheitsverläufe auslösen."

Der Forscher vergleicht die Situation mit der Einschleppung vermeintlich harmloser Kinderkrankheiten durch die europäischen Eroberer. Damals starben unzählige Ureinwohner Amerikas an den Folgen.

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Immunsystem der Wildtiere ist nicht richtig trainiert

Das Immunsystem der Primaten ist auf andere Krankheiten trainiert als das menschliche. "Bereits ganz normale Husten- und Schnupfenerreger können schwere Symptome hervorrufen", warnt Fabian Leendertz. "Im Rahmen der Forschung gelten daher seit Jahren strenge Hygienemaßnahmen im Umgang mit wildlebenden Primaten."

Um die ohnehin gefährdeten Tiere zu schützen, werden Forschungsprojekte jetzt auf ein Minimum reduziert. Auch der Tourismus soll in den betroffenen Gebieten ausgesetzt und bis auf Weiteres keine Ausflüge zu Gorillas oder Schimpansen angeboten werden. Forscher befürchten, dass unter den Opfern der Pandemie sonst auch die letzten verbleibenden Menschenaffen sein könnten.

Neuesten Meldungen zufolge sind auch andere Wildtiere gefährdet. So wurde in einem New Yorker Zoo die Tigerin Nadia positiv auf das neue Coronavirus getestet, weitere Tiger und Löwen zeigen Symptome wie trockenen Husten. Da der Bronx Zoo bereits seit Mitte März geschlossen hat, dürfte die Ansteckung über einen Pfleger erfolgt sein. Erfahrungen mit dem Krankheitsverlauf bei Großkatzen gibt es noch nicht, Experten erwarten aber eine vollständige Genesung.

Das Friedrich-Loeffler-Institut begann vor wenigen Wochen mit Infektionsstudien an Schweinen, Hühnern, Flughunden und Frettchen. Erste Ergebnisse zeigen, dass Flughunde und Frettchen empfänglich für eine SARS-CoV-2-Infektion sind, Schweine und Hühner hingegen nicht.

Nach jetzigem Kenntnisstand sind die Nutztiere von dem Virus nicht betroffen und stellen demnach kein potenzielles Risiko für den Menschen dar. Die Auswertung der Versuchsreihen wird jedoch noch bis Anfang Mai andauern.

Corona-Infektion bei Haustieren?

Laut Aussagen der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass sich Haustiere mit SARS-CoV-2 infizieren und eine Rolle bei der Verbreitung spielen.

Wie passt das aber zu Berichten von infizierten Hunden in Hongkong und einer Katze in Belgien? Bei diesen Einzelfällen muss zwischen einer echten Infektion und der reinen Anwesenheit von Viren unterschieden werden.

Die Hunde lebten in Haushalten mit mit SARS-CoV-2 infizierten Personen, zeigten nur schwach positive Testergebnisse und hatten keine Symptome. Bei den nachgewiesenen Viren am Tier könnte es sich daher auch um Erreger handeln, die vom Halter stammen.

Die Katze hingegen litt an Atemnot, Erbrechen und Durchfall, erholte sich aber wieder. Die belgischen Behörden weisen darauf hin, dass die Symptome zwar auf Covid-19 hinweisen, eine Infektion aber nicht eindeutig belegt sei.

Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Instituts empfehlen jedoch infizierten Personen, auch gegenüber Haustieren auf Hygiene zu achten. Betroffene sollten engen Kontakt vermeiden, die Tiere nicht anhusten oder anniesen.

Wer sich in häuslicher Quarantäne befindet, betraut am besten Personen außerhalb des Haushalts mit dem Gassigehen. Da das Risiko nicht vom Hund, sondern von den eventuell infizierten Besitzern ausgeht, sollten Gassigeher eine eigene Leine verwenden und vor und nach der Übergabe gründlich die Hände waschen.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Dr. Fabian Leendertz vom Robert-Koch-Institut
  • Website des Friedrich-Loeffler-Instituts
  • Website der WHO

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