• Bei COVID-Impfungen mit mRNA-Präparaten wird vermehrt von schmerzhaften Rötungen am geimpften Arm berichtet, die etwa eine Woche nach der Injektion auftreten.
  • Grund zur Besorgnis geben solche lokalen Reaktionen laut Medizinern in der Regel nicht.
  • Was steckt hinter dem sogenannten COVID-Arm und wann sollten Betroffene zum Arzt?

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Nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2 berichten viele Menschen von Reaktionen an der Einstichstelle, die erst mit einigen Tagen Zeitverzögerung auftreten. Die Betroffenen klagen über Schmerzen, Rötung, Schwellungen und Juckreiz.

Die verzögerte Lokalreaktion fiel bereits während der klinischen Prüfung des Moderna-Impfstoffs in den USA und Kanada auf. Dort trat sie bei 0,8 Prozent der Studienteilnehmer nach der ersten Injektion und bei 0,2 Prozent nach der zweiten auf.

Inzwischen wurde die Reaktion auch bei Impfungen mit dem Präparat von Biontech/Pfizer festgestellt. Seitdem ist in den Medien die Rede vom "COVID-Arm". Sorgen müssen sich Betroffene laut Mediziner Andreas Schimke vom Ärztenetzwerk "Medizin und Mehr" in der Regel nicht machen.

Impfreaktion ist gewünscht

Zunächst einmal sei es wichtig, zwischen einer Nebenwirkung und einer Impfreaktion zu unterscheiden. "Wenn es um eine Rötung, eine Schwellung, einen Schmerz an der Einstichstelle geht, spricht der Arzt in der Regel von einer Impfreaktion. Das ist etwas Gewünschtes", erklärt Schimke im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn das zeige, dass sich der Körper mit dem Impfstoff beschäftigt und eine Abwehr aufbaut.

Eine Nebenwirkung sei dagegen unerwünscht. Ähnliche Symptome kann beispielsweise eine Entzündung durch verunreinigte Nadeln hervorrufen. Die hätte für Patientinnen und Patienten natürlich keinen Nutzen.

Nach Schimkes Erfahrung kommt das jedoch sehr selten vor: "Die Nadeln sind klein, es sind Einmalnadeln, die Impfung wird ordnungsgemäß durchgeführt. Ich habe das noch nie gesehen. Aber es ist nicht ausgeschlossen."

Beschwerden klingen nach kurzer Zeit ab - genaue Ursache für COVID-Arm bislang ungeklärt

Der Unterschied zwischen einer gewünschten Impfreaktion und einer Entzündung zeigt sich vor allem im Verlauf. Die Impfreaktion kann durchaus schmerzhaft sein. Doch sie klingt nach wenigen Tagen von alleine ab. "Eine Entzündung, ein beginnender Abszess, im schlimmsten Falle eine Blutvergiftung, wie das der Volksmund nennt, würde dagegen immer schlimmer werden", erklärt der Allgemeinmediziner.

Dass der Organismus nach einer Impfung eine Immunabwehr aufbaut, kann sich auf sehr unterschiedliche Weisen zeigen. Welcher Mechanismus bei den mRNA-Impfstoffen Moderna und Biontech/Pfizer zum COVID-Arm führt, ist nicht genau geklärt.

Dem für Arzneimittelsicherheit zuständigen Paul-Ehrlich-Institut waren die Beobachtungen bereits vor der Zulassung der betreffenden Impfstoffe bekannt. In einem Bericht heißt es: "Der zeitliche Abstand zur Impfung lässt eine verzögerte kutane Überempfindlichkeitsreaktion im Zusammenhang mit dem Aufbau des körpereigenen Immunsystems vermuten, die nicht gesundheitsschädlich ist."

Eine "kutane" Reaktion ist dabei nichts anderes als eine Reaktion der Haut, in der Fachsprache "Cutis" genannt. Laut Schimke ist es nicht verwunderlich, dass gerade die Haut stark auf eine Impfung reagiert: "Die Haut ist nicht nur dafür da, um uns zu schützen und die Temperatur zu regulieren. Sie ist auch ein Abwehrorgan. In ihr befinden sich sehr viele Zellen, die für unsere Immunabwehr wichtig sind."

Unklar ist auch, warum die verzögerten Hautreaktionen vermehrt bei mRNA-Impfstoffen beobachtet werden. "Ich kann hier nur Vermutungen anstellen", sagt Schimke. "Mit mRNA-Impfstoffen haben wir ja noch wenig Erfahrung. Möglicherweise lösen sie eine sehr gute und hohe Impfreaktion aus. Das würde eher für die Wirksamkeit der Impfstoffe sprechen."

Bei wem treten Impfreaktionen stärker auf?

Grundsätzlich würden junge Menschen stärkere Reaktionen auf Impfungen zeigen. "Die älteren Patienten haben meist ein trägeres und schwächer reagierendes Immunsystem. Da sieht man solche Impfreaktionen seltener."

Ob und wie heftig solche Reaktionen auftreten, ist auch von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Schimke hat selbst Patienten erlebt, die starke Schmerzen hatten und den Arm kaum noch bewegen konnten. "Aber auch das war keine Entzündung, es war eine Impfreaktion", sagt er.

Wenn Betroffene im Zweifel seien, sollten sie dennoch ihren Arzt konsultieren. "Der kann das relativ schnell einordnen."

Über den Experten: Andreas Schimke ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Aufsichtsratsmitglied des Ärztenetzwerks Medizin und Mehr eG (MuM).

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Andreas Schimke
  • Paul-Ehrlich-Institut: Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Nebenwirkungen und Impfreaktionen
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