• Eigentlich wollte die EU dieses Jahr die Zeitumstellung abschaffen - doch nichts tut sich.
  • Einige Staaten sind unsicher, ob sie eine dauerhafte Sommer- oder Winterzeit bevorzugen würden.
  • Vor- und Nachteile haben beide Zeiten, gesundheitlich bedenklicher ist eine dauerhafte Sommerzeit.

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Die Umstellung der Uhren zweimal im Jahr und die Pläne der EU, sie wieder abzuschaffen: All das wird immer wieder heiß diskutiert - vor allem, wenn die Umstellung wieder unmittelbar bevorsteht wie jetzt gerade: Am 31. Oktober werden die Uhren auf Winterzeit, also eine Stunde zurückgestellt.

Warum eigentlich? Die Sommerzeit gibt es in Deutschland seit 1980, in der EU wurde sie 1996 eingeführt. Im Frühjahr werden seitdem die Uhren eine Stunde vor und im Herbst wieder eine Stunde zurückgestellt. Die Winterzeit wird inzwischen zwar umgangssprachlich so genannt, ist aber eigentlich die Normalzeit.

Zeitumstellung: Sommerzeit sollte Stromverbrauch eindämmen

Das Vorstellen der Uhr im Frühjahr wurde vor fast 40 Jahren eingeführt mit dem Ziel, Energie zu sparen: Eine zusätzliche Stunde Helligkeit in den Abendstunden ermöglicht ein späteres Anknipsen der Lichter und sollte so den Stromverbrauch eindämmen. Mittlerweile weiß man aber: Der Plan ging nicht auf, das Umstellen der Uhr auf die Sommerzeit bringt keine bedeutsame Ersparnis.

Experten plädieren deshalb schon seit Jahren für eine Abschaffung der Uhrumstellung. In einer europaweiten Umfrage der Europäischen Kommission im Jahr 2018 sprachen sich im Durchschnitt 84 Prozent der Befragten gegen die Einteilung in Sommer- und Winterzeit und somit für die Abschaffung der Zeitumstellung aus. 2019 beschloss das EU-Parlament dann die Abschaffung der Uhrumstellung für das Jahr 2021. Doch zu einer rechtswirksamen Einigung innerhalb aller EU-Länder kam es noch immer nicht.

EU: Thema Abschaffung bleibt auf der Strecke

Die Mitteleuropäische Zeitzone (MEZ) reicht von der spanischen Atlantikküste bis zur polnischen Ostgrenze und deckt damit einen relativ großen geographischen Bereich ab. Während es am einen Ende also schon dunkel sein kann, kann auf der anderen Seite noch die Sonne scheinen. Deshalb fällt auch Staaten, die sich für eine Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen haben, die Entscheidung schwer, welche Standardzeit denn zukünftig nun gelten soll.

Möchten sie dauerhaft in der Sommerzeit oder in der sogenannten Winterzeit leben? Beides kann gerade für die Staaten am Rand gravierende Auswirkungen haben. Da vermieden werden soll, dass jedes Land der EU seine eigenen Regeln trifft und man beim Überschreiten der Ländergrenzen in der EU ständig die Uhr umstellen muss, wird eine gemeinsame Lösung angestrebt und abgewartet.

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Da Themen wie die Corona-Pandemie in den letzten Monaten eine höhere Priorität hatten, ist eine abschließende Besprechung der Abschaffung der Zeitumstellung im Rat der EU-Mitgliedstaaten auf der Strecke geblieben. Wann das Thema wieder auf der Tagesordnung stehen wird und rechtlich wirksam werden kann, ist aktuell noch offen.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Zeitumstellung hat Auswirkungen auf Gesundheit

Das Umstellen der Uhr kann den Organismus und die biologische innere Uhr durcheinander bringen. Wissenschaftler sprechen sich deshalb schon lange für eine Abschaffung der Uhrumstellung aus. Vor allem im Frühjahr, wenn man plötzlich eine Stunde früher aufstehen muss, fällt es dem Organismus schwer, sich auf die neue Uhrzeit einzustellen, das belegen wissenschaftliche Daten:

  • Die Krankenkasse DAK stellte 2013 in einer Umfrage fest: Jeder Vierte in Deutschland leidet nach der Umstellung der Uhr von Normal- auf die Sommerzeit unter gesundheitlichen Problemen. Einschlafprobleme, Schlaf- und Konzentrationsstörungen und depressive Verstimmungen wurden am häufigsten genannt.
  • Studien aus Schweden und den USA belegen sogar ein leicht erhöhtes Herzinfarktrisiko nach der Zeitumstellung im Frühjahr.

Dauerhafte Sommerzeit: Lange Sommertage, im Winter aber dunkler Morgen

Würde man sich entschließen, die Uhrzeit in der EU dauerhaft auf die Sommerzeit zu stellen, könnte man im Sommer weiterhin die lange Helligkeit am Abend genießen. Viele Menschen empfinden das als angenehm und denken an laue Sommerabende mit Grillen oder sonstige Freizeitaktivitäten, die am Feierabend dann noch möglich sind.

So weit zur Sommerzeit im Sommer - diese Auswirkungen hätte sie im Winter:

  • Der Vorteil: Bei dauerhafter Sommerzeit würde es auch im Winter abends nicht mehr so früh dunkel sein, in Norddeutschland frühestens gegen 17:00 Uhr, in Süddeutschland gegen 18:00 Uhr.
  • Der Nachteil: Morgens würde es im Winter auch eine Stunde später hell werden, im Hamburg wäre das am 21. Dezember zum Beispiel erst um 9:34 Uhr.

Vor allem für die Länder am westlichen Ende Europas würde das im Winter eine lange morgendliche Dunkelheit bedeuten:

  • An der spanischen Atlantikküste oder in der Bretagne würde die Sonne am 21. Dezember erst kurz nach 10:00 Uhr vormittags aufgehen und Licht für den Tag spenden.

Mediziner warnen vor dauerhafter Sommerzeit

Mediziner und Schlafforscher warnen davor, eine ewige Sommerzeit einzuführen. Da die Sommerzeit nicht der normalen Zeit entspricht, würde eine dauerhafte Uhrumstellung die biologische innere Uhr für immer aus dem Konzept bringen und könnte Folgeerkrankungen nach sich ziehen.

Schlafmediziner Alfred Wiater etwa, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), sagte gegenüber dem Ärzteblatt, dass wir das blaue Licht der Sonnenstrahlung morgens brauchen, "um wach und munter" zu werden. Fehlt das Licht morgens, "sind Konzentration und Aufmerksamkeit eingeschränkt, es besteht das Risiko für Leistungseinschränkungen in der Schule und im Beruf, und es steigt die Unfallgefahr".

Wäre es morgens dauerhaft später hell, könnte das Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden vieler Menschen haben. Hinzu kommt, dass man durch die längere Helligkeit abends nicht rechtzeitig müde wird. Chronischer Schlafmangel gilt deshalb für viele Menschen als wahrscheinliche Folge.

Lehrerverband warnt vor Übermüdung von Schülern bei dauerhafter Sommerzeit

Vor allem für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende wäre die ganzjährige Sommerzeit eine große Belastung. Gerade in der Pubertät geht die innere Uhr nämlich nach. Ein Schulbeginn um 8:00 Uhr morgens ist mit einem Arbeitsbeginn eines Erwachsenen mitten in der Nacht vergleichbar.

Der Deutsche Lehrerverband hält eine dauerhafte Sommerzeit deshalb für unverantwortlich. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, äußerte sich in einer Pressemitteilung im März 2019 wie folgt:

"Eine dauerhafte Umstellung auf Sommerzeit hätte gravierende negative gesundheitliche Auswirkungen insbesondere auf Kinder und Jugendliche. Die Wahrscheinlichkeit für Schlaf- und Lernprobleme, Depressionen und Diabetes wird nachweislich massiv erhöht. Gleichzeitig würde eine solche Umstellung dazu führen, dass über zehn Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland zwei Monate länger bei absoluter Dunkelheit ihren morgendlichen Schulweg antreten müssten, was nicht zuletzt auch die Unfallhäufigkeit in die Höhe treiben würde."

Dauerhafte Übermüdung kann starke Auswirkungen auf die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit haben. Hinzu kommt noch, dass Schülerinnen und Schüler - je nach Wohnort - bis zu zwei Monate länger bei Dunkelheit zur Schule gehen müssten, was ihr Unfallrisiko deutlich erhöhen würde.

Höheres Unfallrisiko statistisch belegt

Erhöhte Unfallgefahr - das ist mehr als nur eine Sorge oder Vermutung. Eine amerikanische Studie der Wissenschaftlerin Céline Vetter untersuchte die Unfallzahlen in der Woche nach der Umstellung von der Winter- auf die Sommerzeit im Frühjahr in den USA.

Das Ergebnis war, dass das Risiko eines tödlichen Unfalls in der Woche nach der Umstellung der Uhr im Frühjahr um sechs Prozent höher lag als im Jahresdurchschnitt. Das entspricht 28 tödlichen Unfällen, die die Forscher als eine Folge der Zeitumstellung ansehen und die durch eine Abschaffung der Zeitumstellung verhindert werden könnten.

Winterzeit ist Normalzeit

Aufgrund der Größe der Mitteleuropäische Zeitzone entspricht auch die Winterzeit den natürlichen Verhältnissen nur in einem kleinen Bereich Europas, nämlich rund um Görlitz in Sachsen. Hier steht die Sonne im Winter um 12:00 Uhr mittags genau im Zenit.

Käme es wieder - wie früher - zu einer dauerhaften Winterzeit, würde die Sonne im Osten der EU in den Sommermonaten extrem früh aufgehen, hier einige Beispiele:

  • Warschau: Die Sonne würde bei dauerhafter Winterzeit im Sommer schon um 3:14 Uhr morgens aufgehen
  • Berlin: 3:44 Uhr
  • München: 4:13 Uhr

Gleichzeitig wäre es in den Sommermonaten abends eine Stunde weniger hell. Mediziner und Schlafforscher sprechen sich dennoch für die Beibehaltung der Winterzeit, also der Normalzeit, aus, da sie dem natürlichen biologischen Schlaf-Wach-Rhythmus am ehesten entspricht.

Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM; PDF) erklärte in einer Stellungnahme 2018, dass die Umstellung auf die Sommerzeit zu einem Schlafmangel und damit zu körperlichen Einschränkungen führt und deshalb abgeschafft werden sollte.

Verwendete Quellen:

  • Statista: Umfrage – Sind Sie für eine Abschaffung der Zeitumstellung?
  • Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste: Studien zu gesundheitlichen Folgen der jährlichen Zeitumstellung auf die Sommerzeit
  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
  • Deutscher Lehrerverband
  • Ärzteblatt Pro und Contra: Sollte die Winterzeit abgeschafft werden? (2.10.18)
  • dpa: Mehr Verkehrssicherheit durch Verzicht auf Zeitumstellung, (31.1.20)
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