Bei den Russen fällt Angela Merkel im Beliebtheitscheck durch. Dafür aber lieben sie die Amerikaner umso mehr. Und die Australier feiern unsere Bundeskanzlerin sogar wie einen Popstar. Was die Welt von der "Mutti der Nation" hält.

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Von einem "erstaunlichen Aufstieg" der "mächtigsten Frau der Welt" spricht das US-amerikanische Magazin "The New Yorker" in einem Artikel der neuen Dezember-Ausgabe. In einem ausführlichen Einzelporträt hält der amerikanische Journalist George Packer einen Lobgesang auf die deutsche Bundeskanzlerin. Das anfänglich tollpatschige Auftreten habe Merkel abgelegt – ihre sonst nervös fuchtelnden Hände halte sie ruhig in Form einer Raute vor ihrem Bauch. Zwischen den Zeilen flackert Bewunderung für ihre ruhige, antipompöse Art auf, mit der sich Merkel Schritt für Schritt an die Spitze der deutschen und europäischen Politik gearbeitet habe.

So wundert es nicht, dass das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" die 60-Jährige zum vierten Mal in Folge zur mächtigsten Frau der Welt kürt.

In Australien hat Merkel Star-Status

Im rund 15.000 Kilometer Luftlinie entfernten Brisbane versammelten sich Mitte November Vertreter der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer beim G20-Treffen. Darunter auch die deutsche Kanzlerin. Auf der Agenda waren wegweisende Themen gelistet wie Wirtschaftswachstum, Steuerschlupflöcher und vor allem die Ukraine-Krise. Das interessierte die australischen Medien allerdings nur am Rande.

Vielmehr war ein Zwischenstopp der Kanzlerin in einem Kneipenviertel der Aufmacher. Mit ihrem Auftritt erntete die Politikerin Applaus. Fotos von australischen Bürgern mit einer entspannt wirkenden Angela Merkel kursieren seither im Internet. Ein Kneipenwirt soll kurzerhand vor lauter Begeisterung den deutschen Hit "99 Luftballons" aufgelegt haben.

Anderswo verpönt, doch stets gefürchtet

Abseits des Kneipenrummels in Brisbane bezog die Kanzlerin in ihrer Rede beim G20-Treffen deutlich Position gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Internationales Recht werde mit Füßen getreten – damit kritisierte Merkel die russische Ukraine-Politik schärfer als bisher. Mit ihrer direkten Art erntet sie nicht nur in Russland zuweilen Argwohn. Vor rund zwei Jahren beschrieb die britische Wochenzeitung "New Statesman" Merkel als gefährlichste deutsche Führungspersönlichkeit seit Hitler. Das Titelbild der Juni-Ausgabe zeigt Merkel als weiblichen Terminator – mit Lederjacke und eiskaltem Blick. Auch heute noch ist das Verhältnis zwischen Deutschland und Großbritannien kühl.

Premier David Cameron plädiert im Zuge der Reformverhandlungen in Brüssel für eine Grenze für Zuwanderer aus der EU. Merkels klare Ablehnung einer Beschränkung sorgt für Empörung in britischen Medien.

Wenig Ansehen im Süden Europas

Währenddessen haben besonders die Schuldenkrise und Rettung der Eurozone Angela Merkel internationale Anerkennung beschert. Die Bundesrepublik wird seitdem als mit Abstand wichtigster Spieler der EU angesehen. "Keine Frage, Merkel wird in Washington und Brüssel als echte Weltpolitikerin wahrgenommen", äußert Jan Techau, Direktor des Brüsseler Büros der amerikanischen Carnegie-Stiftung, in einem Gespräch mit "Handelsblatt".

Weniger Ansehen genießt die CDU-Politikerin unter den südeuropäischen Krisenländern – darunter Griechenland, Spanien und Italien. Auf die von Merkel initiierte EU-Sparpolitik reagierten viele Länder mit medialen Hasstiraden. In griechischen Zeitungen machen die Menschen die Kanzlerin für Arbeitslosigkeit und Armut in ihren Ländern verantwortlich. In der italienischen Presse, darunter die rechtskonservative Zeitung "Libero", kursieren Karikaturen von Merkel mit Hitler-Bart.

Mutti der Welt

Mal verachtet, dann belächelt, schließlich respektiert. Das Ansehen Angela Merkels im Ausland mag sehr unterschiedlich sein. Eine gewisse Bewunderung und Ehrfurcht für die Frau, die vergangenes Jahr zum dritten Mal in Folge für das Amt des Bundeskanzlers gewählt wurde, ist allen Ländern sicher. In den Niederlanden spricht die Tageszeitung "De Volkskrant" von einem "sensationellen Wahlsieg zur Kaiserin von Europa". "Europa wird zum Merkelland", kommentiert das griechische Tagesblatt "Te Nea".

Auch die Supermacht China ist der Pastorentochter aus der Uckermark wohlgesinnt. Inzwischen ist sie auch unter internationalen Regierungschefs eine der dienstältesten. Staatspräsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang kennt die Netzwerkerin schon bevor beide an die Macht kamen. Im kommenden Jahr übernimmt Deutschland die Präsidentschaft der Gruppe der Sieben bedeutendsten Industrienationen (G7). Bundeskanzlerin Angela Merkel hält damit die medienwirksame Gastgeberrolle für die Mächtigen der Welt inne – und rückt dem Image einer "Mutti der Welt" noch ein Stück näher.

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