Die bulgarische Hellseherin Baba Wanga sagte für 2016 "das Ende Europas" voraus. Hat sie tatsächlich den Brexit prophezeit – oder droht uns gar ein Krieg, der den Kontinent auslöscht? Wir verraten, wer Baba Wanga war und was hinter ihren Weissagungen steckt.

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Die Anschläge vom 11. September, die Wahl Obamas zum US-Präsidenten, der Aufstieg der Terrormiliz IS, die Nuklearkatastrophe in Fukushima und nun sogar den Brexit: All das hat die blinde Prophetin Baba Wanga angeblich vorhergesagt. Obwohl sie schon seit 20 Jahren tot ist, verehren ihre Anhänger sie bis heute wie eine Heilige. 80 Prozent ihrer Prophezeiungen sollen wirklich eingetroffen sein.

Für das Jahr 2016 hat sie aus heutiger Sicht Unheimliches vorausgesehen: Europa werde "aufhören zu existieren". Aber woher konnte die Frau wissen, dass die Briten mehrheitlich für den Ausstieg aus der EU stimmen und Europa vor einer Zerreißprobe stehen würde?

Allerdings kann man Baba Wangas Vorhersage auch ganz anders interpretieren. Denn sie soll noch mehr zu diesem Jahr gesagt haben: Es werde einen " großen muslimischen Krieg" geben, Europa werde mit chemischen Waffen attackiert und noch 2016 "fast menschenleer sein". Die Anhänger der Hellseherin sind sicher: Damit hat sie den Terrorfeldzug des IS gemeint.

"Großmutter Wanga" hat weit in die Zukunft geblickt: Bis ins Jahr 3797 reichen ihre Offenbarungen. Aber wer war die Wahrsagerin wirklich?

Als Ewangelia Pandewa Dimitrowa kam sie 1911 im Dorf Novo Selo im heutigen Mazedonien auf die Welt. Im Alter von 13 Jahren verlor sie ihr Augenlicht, als sie bei einem Sturm schwer verletzt wurde. Mit ihrem Ehemann zog sie später in die Stadt Petritsch im jetzigen Bulgarien.

Ihre erste Vision hatte sie nach eigener Aussage 1941: Ein "strahlender Reiter" habe ihr mitgeteilt, dass bald "schreckliche Dinge" geschehen würden. Kurz danach marschierte die deutsche Wehrmacht in Jugoslawien ein. Schnell sprach sich Baba Wangas geheimnisvolle Fähigkeit herum.

Sie sagte, sie stehe in Kontakt mit unsichtbaren Geschöpfen, die ihr Botschaften übermittelten. Sogar der bulgarische König Boris III. suchte 1943 ihren Rat. Sie soll ihm den Tod vorhergesagt haben – kurz darauf starb er tatsächlich, und das in jungen Jahren.

Prophezeiungen im Dienste des Regimes

"Nostradamus Bulgariens" wurde sie in den 1960er-Jahren genannt, in Anlehnung an den berühmten Propheten des Mittelalters. Auch als "Seherin von Petritsch" war sie bekannt. Die kommunistische Führung des Landes setzte Baba Wangas Geisteskräfte ein: Sie war am Institut für Suggestologie an der Akademie der Wissenschaften des Landes tätig.

Die Trefferquote ihrer Aussagen wurde dort wissenschaftlich untersucht und lag angeblich bei beachtlichen 80 Prozent. Andere Hellseher erreichten demnach nur 20 Prozent wahre Vorhersagen.

Baba Wanga half der Polizei außerdem bei der Suche nach vermissten Personen. Angeblich kamen jeden Tag bis zu 100 Menschen, die ihren Rat suchten. Dafür kassierte der Staat eine Gebühr von den Bittstellern. Bis zu einem Jahr betrug die Wartezeit für diejenigen, die mit ihr sprechen wollten. 1996 starb die Hellseherin mit 85 Jahren.

"Zwei stählerne Vögel" sollten die USA angreifen

Auffällig ist, dass zumindest Teile ihrer meist vagen Prophezeiungen wahr klingen: So soll Großmutter Wanga schon in den 1950er-Jahren vor schmelzenden Polkappen gewarnt haben. Wusste sie also vom drohenden Klimawandel?

Die Anschläge vom 11. September 2001 sagte sie mit den Worten voraus, "zwei stählerne Vögel" würden die USA angreifen. Aber sie konnte offenbar noch weitere Katastrophen vorausahnen: Schon 1980 sprach sie von "Kursk", das "mit Wasser bedeckt" sei, deshalb würde "die Welt weinen". 20 Jahre später sank das russische Atom-U-Boot Kursk in der Barentsee, alle Besatzungsmitglieder starben.

Und mit ihrer Aussage von einer "großen todbringenden Überschwemmung" kann sie nach Überzeugung ihrer Anhänger nur den Tsunami 2004 in Asien gemeint haben.

Sogar den ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika prophezeite Baba Wanga: Sie sagte, der 44. Präsident der USA werde dunkelhäutig sein. Es irritiert allerdings der Zusatz, dass dieser zugleich der letzte der USA sein werde.

Das ist aber nicht die einzige Vorhersage, die bislang nicht eingetroffen ist. Laut Baba Wanga hätte es 2010 einen dritten Weltkrieg geben sollen und 2011 eine nukleare Verstrahlung der nördlichen Hälfte der Erde. Es sind 2014 auch nicht alle Menschen an Hautkrebs erkrankt.

Die Weissagungen sind nirgendwo dokumentiert

Das Problem an vielen Prophezeiungen der "Seherin von Petritsch" ist nicht nur, dass sie meist großen Interpretationsspielraum lassen. Ihre Aussagen sind darüber hinaus nirgendwo dokumentiert, so wie die Prophezeiungen des Nostradamus. Viele der angeblichen Vorhersagen haben ihre Mitarbeiter oder Anhänger notiert.

Und manches ist vermutlich als Internet-Märchen entstanden und hat sich verselbständigt. So sollen Freunde und Verwandte Baba Wangas erklärt haben, dass die Seherin niemals Katastrophen wie den Untergang des Kursk-U-Bootes oder den dritten Weltkrieg prophezeit habe.

Konnte Baba Wanga in die Zukunft schauen?

Auch die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften in Roßdorf bei Darmstadt (GWUP) hat sich mit Wangas Aussagen beschäftigt. "Es wäre ja wirklich spannend, wenn jemand tatsächlich in die Zukunft schauen könnte", erklärt der Mathematiker Michael Kunkel auf der GWUP-Webseite. "Aber bisher konnte noch niemand seine behaupteten Fähigkeiten tatsächlich unter Beweis stellen."

Kunkels knappe Antwort auf die Frage, ob Wanga wirklich etwa den Aufstieg des IS vorhergesagt hat: "Nein, hat sie nicht." Seine Begründung: Ihre Aussagen seien oft kryptisch und ließen sich je nach Zusammenhang ganz anders deuten. Und immer scheint die Interpretation zu passen.

Dass 2010 der Dritte Weltkrieg starten sollte, lesen manche von Baba Wangas Anhängern als Prophezeiung des arabischen Frühlings und des Krieges in Syrien. Früher wurden die gleichen angeblichen Vorhersagen aber ganz anders gedeutet, nämlich als möglicher Attentatsversuch auf drei Staatsmänner, wodurch ein Weltkrieg ausgelöst werde, der in Indien seinen Anfang nimmt.

Was Baba Wanga wirklich gesagt hat und was einfach behauptet wird, lässt sich vielfach nicht mehr nachvollziehen. Manche schreiben ihr noch viel mehr Voraussagen zu, von Prinzessin Dianas Tod bis zum Zerfall der Sowjetunion.

Unsere düstere Zukunft: Cyborgs und das Ende der Welt

Glaubt man den Aussagen, die Baba Wanga zugeschrieben werden, stehen der Menschheit chaotische Zeiten bevor. Demnach sagte sie voraus, was mit Europa passiert, wenn es 2016 vernichtet wird: Es verwandelt sich in eine Art muslimisches Kalifat, mit der Stadt Rom als Zentrum. 2066 allerdings entwickeln die USA eine neue Superwaffe und erobern Europa für das Christentum zurück.

2076 folgt die kommunistische Weltrevolution, es gibt dann eine "Welt ohne Klassen". Friedlich bleibt es danach aber nicht auf der Erde.

Was ihre Prognosen für die folgenden paar Tausend Jahre angeht, klingt vieles nach einem kuriosen Science-Fiction-Film. 2023 schon ändert sich die Umlaufbahn der Erde. Im Jahr 2100 erleuchtet eine künstliche Sonne die dunkle Seite der Erde.

Mit Aliens wird die Menschheit erst in 200 Jahren in Kontakt kommen. Dabei lebten die Außerirdischen vom Planeten "Vamf" schon lange unerkannt unter uns.

Die Natur stellt sich auf den Kopf: 2111 werden Menschen zu Cyborgs, 2154 dann Tiere zu halben Menschen. 2196 schließlich entsteht eine völlig neue Rasse auf der Erde. Ab dem Jahr 2288 sind Zeitreisen möglich, 2291 stirbt die Sonne.

Nichtsdestotrotz kommt es 2299 in Frankreich zu einem Partisanenaufstand gegen den Islam. 3005 wird es auf dem Mars zu schrecklichen Kriegen kommen, und 3797 stirbt das Leben auf der Erde endgültig aus. Die Menschheit ist zum Glück bis dahin aber schon auf einen anderen Planeten umgezogen.

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