Wie attraktiv Radfahren sein kann, zeigen die folgenden spektakulären Projekte, die teilweise bereits existieren, teilweise noch entstehen. So geht Fahrrad-Infrasturktur heute.
Was in Sachen Radinfrastruktur alles möglich ist, zeigt ein Blick in die Welt: Natürlich ist Dänemark bei unseren Beispielen dabei, aber auch China und die Niederlande. Deutschland darf natürlich auch nicht fehlen.
Nørreport Station, Kopenhagen/Dänemark
Die Fahrradbeete von Kopenhagen
Der Kopenhagener Hauptbahnhof Nørreport Station ist der zentrale Verkehrsknotenpunkt der dänischen Hauptstadt. Hier kreuzen täglich mehrere hunderttausend Reisende, Pendler, Auto- und Fahrradfahrer. 2014 gestalteten die Stadtoberen der fahrradfreundlichsten Stadt der Welt den Bahnhofsvorplatz um und schufen Platz für 2500 Fahrräder in acht separaten Flächen, die dazu eigens abgesenkt wurden. So erklärt sich – um Wildparken zu ver-hindern –, wo man ein Rad abstellen soll.
Foto: Rasmus Hjortshøj/Coast, Kopenhagen
Hovenring, Eindhoven/Niederlande
Schwebendes Karussell
Seit 2012 verbindet der Hovenring die beiden Orte Eindhoven und Veldhoven für Fahrradfahrer und Fußgänger. Darunter verläuft die Heerbaan, eine wichtige Verkehrsachse in der Gegend Nord-Brabant. Das rund 1000 Tonnen schwere Rondell ist mit 24 Stahlseilen an einem 70 Meter hohen Pylon aufgehängt und hat einen Durchmesser von 72 Meter. Die vom Architekturbüro ipv Delft entworfene Brücke wird täglich von rund 5000 Radfahrern sowie Fußgängern frequentiert. Gesamtkosten: 11 Millionen Euro.
Foto: ipv Delft; Weitere Infos auf ipvDelft.com
Xiamen Bicycle Skyway, Xiamen/China
Längste Fahrradbrücke der Welt
Das dänische Architekturbüro Dissing + Weitling, bekannt durch die Kopenhagener Bicycle Snake Bridge, entwickelte die knapp acht (!) Kilometer lange Xiamen Bicycle Skyway Brücke in der 3,5-Mio.-Einwohner-Stadt Xiamen an der Südostküste Chinas. Die Brücke führt neben und unter der Hauptverkehrsachse BRT Skyway bis ins Zentrum. Das preisgekrönte Bauwerk integriert Fußgängerbrücken, Auffahrtsrampen, Kreisverkehre, Fahrradparkplätze, Servicestationen sowie Aussichtspunkte.
Architektur: DISSING + WEITLING, Foto: Ma Weiwei
Brücke Entenwerder, Hamburg
Hamburgs Stadtteile näher beieinander
Befinden sich die im Herzen Hamburgs liegenden Stadtteile Rothenburgsort und HafenCity zwar nur wenige hundert Meter entfernt, sind die Wege zueinander doch ungewöhnlich weit. Im Rahmen der Projekte Stadteingang Elbbrücken und Billebogen rücken die Stadtteile nun durch eine neue Brücke näher zusammen. Erstes Projekt wird die 135 Meter lange Rad- und Fußgängerbrücke Entenwerder zwischen der Halbinsel Entenwerder und dem Quartier Elbbrücken. Geplanter Baubeginn ist 2022.
Foto: sbp / gmp
Luftiger Kreisverkehr, Berlin
Erster Berliner Kreisel für Radfahrer geplant
Im Berliner Osten verbindet zukünftig die geplante Tangentialverbindung Ost die Stadtteile Köpenick und Marzahn. Damit auch der Rad- und Fußgängerverkehr sicher zirkulieren kann, werden Rad- und Autoverkehr getrennt. Im Fokus steht eine ringförmige Brücke, über die Radfahrer und Fußgänger die darunter liegende Kreuzung passieren und in vier Richtungen verlassen können. Der Entwurf stammt vom Architekturbüro Kolb & Ripke, der Baubeginn erfolgt nicht vor 2024.
Foto: Kolb Ripke Architekten
Ölhafenbrücke, Raunheim
Einzigartiger Lückenschluss am Mainufer
Die 2013 vollendete Rad- und Fußgängerbrücke Ölhafenbrücke in Raunheim schließt die Lücke des Mainuferradweges von Aschaffenburg nach Mainz. Die in Europa einmalige Brücke über einen Ölhafen stellt besondere Anforderungen: Die Brücke wird primär von Fußgängern und Radfahrern in der Freizeit genutzt – sie soll also Spaß machen und schöne Ausblicke auf Ufer und Fluss bieten. Gleichzeitig mussten die Planer viele Sicherheitsaspekte aufgrund der besonderen Lage beachten.
Foto: schneider+schumacher Architekten, JÖRG HEMPEL
Radeln durchs Wasser, Limburg/Belgien
Das besondere Fahrraderlebnis
Vor 25 Jahren eröffnete der Bezirk Limburg das Knotenpunkt-Netzwerk für Radfahrer. Dieses Radwegenetz umfasst inzwischen 2000 Kilometer befestigte und größtenteils autofreie Radwege. Als außergewöhnliches Raderlebnis radelt man seit 2016 in der weitläufigen Seenlandschaft De Wijers beim Freilichtmuseum Bokrijk mitten durchs Wasser. Der Radweg führt durch den See, die Wasseroberfläche auf Augenhöhe des Radfahrers bietet einmalige Perspektiven.
Foto: Visit Limburg; Lenss Architecten
Was zeichnet gute Fahrrad-Infrastruktur aus?
Fahrrad-Infrastruktur muss nicht immer spektakulär wie in den sieben Beispielen aussehen, sollte aber durch alle Radfahrenden unabhängig von Alter und Fähigkeiten intuitiv und sicher nutzbar sein. Die Radwege sollten qualitatv hochwertig sei, am besten keine Lücken aufweisen und natürlich auch breit genug sein, damit Überholvorgänge möglich sind, mehrspurige Fahrräder Platz finden oder damit Radfahrende auch nebeneinaner fahren können. Kurzum: Rad-Infrastruktur braucht Platz. So definiert es der ADFC passend.
Muss man den Radverkehr vom Autoverkehr trennen?
Auch hierzu vertritt der ADFC eine eindeutige Meinung, schlägt in seinen Leitlinien vor, "dass Radfahrende bei wenig Autoverkehr oder Verkehrsberuhigung und Geschwindigkeiten bis 30 km/h im Mischverkehr fahren. Bei Geschwindigkeiten über 30 km/h und auf Straßen mit Tempo 30 und viel Autoverkehr sind sie auf Radfahrstreifen unterwegs. Auf baulich getrennten Wegen fahren sie bei Geschwindigkeiten über 50 km/h."
Wie viel muss man für gute Rad-Infrastruktur ausgeben?
Gute Fahrrad-Infrastruktur entsteht nicht von alleine. Sie braucht Politiker, die den Willen haben, den Radverkehr nach vorne zu bringen, sie braucht Engagement der Bürger und am Ende braucht es in den jeweiligen Budgets der Verantwortlichen ein ordentliches finanzielles Polster, um gute Infrastrukturen für Radfahrende zu realisieren. Der ADFC geht von 30 Euro pro Einwohner aus.
Wie viel investieren deutsche Städte in den Radverkehr?
Greenpeache fand für das Jahr 2018 folgende Pro-Kopf-Ausgaben für den Radverkehr in sechs deutschen Großstädten heraus:
- Stuttgart 5 Euro
- Berlin 4,70 Euro
- Frankfurt 4,30 Euro
- Köln 2,80 Euro
- Hamburg 2,90 Euro
- München 2,30 Euo
Im Vergleich dazu wirken die Zahlen aus Amsterdem (11 Euro) und Kopenhagen (35,60 Euro) nahezu wie von einem anderen Stern. Bemerkenswert: Kopenhagen liegt nur knapp über der vom ADFC in den Raum gestellten Pro-Kopf-Ausgabe für guten Radverkehr. © Bike-X
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