Die EU hat das weitgehende Verbrenner-Aus ab 2035 beschlossen. Welche konkreten Folgen hat diese Entscheidung für Autofahrer? Die wichtigsten Fragen beantwortet Andreas Hölzel vom ADAC im Gespräch mit unserer Redaktion.
Herr Hölzel, was genau hat die EU verboten und was bleibt erlaubt?
Ursprünglich war vorgesehen, dass ab 2035 kein Pkw mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen werden darf. Die Bundesregierung setzte durch, dass es auch nach 2035 noch möglich sein soll, Verbrenner neu zuzulassen – allerdings nur Fahrzeuge, die ausschließlich mit klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen betankt werden können. Bestandsfahrzeuge können weiterhin genutzt werden. Die EU forciert damit die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Mobilität, die bis 2045 erreicht werden muss. Fahrzeuge sind in Deutschland im Schnitt zehn Jahre alt. Deshalb setzt die Regulierung für die Neufahrzeuge schon 2035 an.
Vor welchen Herausforderungen steht Deutschland nun verkehrspolitisch?
Bis 2045 muss der Verkehr vollständig klimaneutral bewältigt werden. Umso wichtiger ist es, Alternativen für den Fahrzeugbestand der vielen Millionen Verbrenner zu schaffen, die aktuell mit konventionellen Kraftstoffen betrieben werden. Wie sich die Veränderungen und Anpassungsnotwendigkeiten genau darstellen, wird sich zeigen. Klimaschädliche Kraftstoffe müssen jedoch durch klimaneutrale Kraftstoffe ersetzt beziehungsweise zumindest hinsichtlich ihrer Auswirkungen kompensiert werden.
Probleme bei der Umsetzung des Verbots
Wo sehen Sie Probleme bei der Umsetzung des weitgehenden Verbots des Verbrenner-Motors?
Aktuell sind synthetische Kraftstoffe nicht für den Verbraucher erhältlich, da sie noch nicht in größerem Umfang produziert werden. Sie sind derzeit vergleichsweise ineffizient, weil für die Herstellung viel Primärenergie benötigt wird, und müssen außerdem günstiger werden, um wettbewerbsfähig zu sein.
Hinzu kommt, dass ältere Fahrzeuge für die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen freigegeben werden müssen, sodass sich auch hier durch vollständigen Einsatz oder zumindest Beimischung klimaseitige Vorteile ergeben können.
Werden nun aber nicht erst recht viele Menschen noch einen Verbrenner kaufen, solange das noch erlaubt ist?
Dies ist nicht absehbar. Jeder Verbraucher sollte sich gut überlegen, welches Fahrzeug die sinnvollste Option für die persönlichen Bedürfnisse darstellt. Hinzu kommt, dass das Fahrzeugangebot für alternative Antriebe breiter und etwa bezüglich der Akkutechnologie auch noch besser wird.
Ersatzteilmangel "aktuell nicht absehbar"
Wird es zu einer Knappheit von Ersatzteilen kommen?
Die Automobilhersteller werden sich an den jeweils geltenden politischen Vorgaben ausrichten müssen. Eine Knappheit von Ersatzteilen ist aktuell nicht absehbar. Auch für heutige Young- und Oldtimer gibt es zumeist noch ein angemessenes Angebot an verfügbaren Ersatzteilen.
Mit Blick auf die derzeitige Ladeinfrastruktur in Deutschland: Wie kann es gelingen, dass künftig genug Ladesäulen zur Verfügung stehen?
Die Infrastruktur für Alternativen muss mit dem Bestand wachsen. Ebenso ist es für den Klimaschutz wichtig, dass zusätzliche regenerative Energiequellen geschaffen werden, um den steigenden Strombedarf zu decken, sowie mit der vorhandenen Energie effizienter umzugehen. Der weitere Ausbau öffentlicher Ladesäulen wird – beispielsweise durch den Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung – bereits koordiniert und steht damit schon auf der politischen Agenda.
Nicht zu vernachlässigen ist aus Sicht des ADAC aber auch, dass mehr Lademöglichkeiten zu Hause oder am Arbeitsplatz geschaffen werden müssen, wo die Fahrzeuge längere Zeit stehen und am unkompliziertesten geladen werden können. Darüber hinaus kommt hinzu, dass der technische Fortschritt voranschreitet, sodass beispielsweise die Reichweite von Elektrofahrzeugen durch bessere Akkutechnologie weiter zunehmen wird und sich Schnelladen im öffentlichen Raum weiter durchsetzt, wodurch der Bedarf an öffentlichen Ladesäulen etwas gedämpft werden könnte.
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