• Viele Menschen setzen ihre Hoffnung darauf, dass die Corona-Pandemie allmählich endet.
  • In Brasilien haben Wissenschaftler nun allerdings eine Variante des Coronavirus entdeckt, die Menschen zu befallen scheint, die eigentlich immun sein müssten.
  • Zu dieser neuen Variante des Coronavirus wird nun intensiv geforscht.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Das Corona-Virus verändert sich immer wieder: Nach den besonders ansteckenden Varianten in Großbritannien und Südafrika haben Wissenschaftler in Brasilien nun eine weitere Mutation entdeckt, die sie P.1 genannt haben.

Was weiß man bisher zu der neuen Mutation?

Viel ist zu der neuen Mutation noch nicht bekannt. Sie wurde erst kürzlich dadurch entdeckt, dass Wissenschaftler sich wunderten, dass in Manaus in Brasilien die Zahl der Menschen, die an Covid-19 erkrankten, stark anstieg. Das überraschte: Rund drei Viertel der Bevölkerung hatten sich in der Vergangenheit bereits einmal infiziert. Deshalb waren Wissenschaftler eigentlich davon ausgegangen, dass dort nun eine Herdenimmunität vorherrschen müsste, also kaum noch Menschen erkranken sollten. Nun breitet sich dort aber die neue Variante P.1 stark aus – und es gibt Hinweise darauf, dass sich auch Menschen anstecken können, die eigentlich immun sein müssten, weil sie die Erkrankung bereits durchgemacht haben.

Was macht die Mutation aus?

Bei P.1 handelt es sich – wie auch bei den bereits bekannten Mutationen in Großbritannien und Südafrika – um eine Mutation, die sich auf das Oberflächenprotein (Spike genannt) des Virus auswirkt. Das Virus benötigt dieses Protein, um in eine Wirtszelle einzudringen und jemanden zu infizieren.

Wie kommt es überhaupt zu Mutationen?

Viren verändern sich immer wieder ganz zufällig. Wenn ein Virus sich verbreitet, gibt es nicht immer eine 1:1-Kopie, sondern manchmal passieren dabei kleine Fehler. Die meisten Mutationen haben aber keine Bedeutung und setzen sich nicht durch. Je stärker sich das Virus verbreitet, desto größer ist allerdings das Risiko, dass dabei auch Varianten entstehen, die gefährlicher oder schlicht ansteckender sind.

Wenn bestimmte Mutationen sich durchsetzen, wie nun die Mutationen des Spike-Proteins, "ist dies ein starker Beweis dafür, dass diese Mutationen einen evolutionären Vorteil haben", sagte der Evolutionsbiologie Jesse Blom vom Fred Hutchinson Cancer Research Center dem Fachmagazin Science. In dem Fall verbreiten sich die mutierten Viren oft stärker als die herkömmlichen Varianten.

Wieso können sich Menschen, die eigentlich immun sein sollten, erneut anstecken?

Auch das ist noch nicht vollständig geklärt. Dieser Frage widmet sich der Wissenschaftler Felipe Naveca vom Instituto Leônidas e Maria Deane mit seinen Kollegen in einer aktuellen Studie. Um das Coronavirus zu bekämpfen, bildet der Körper Antikörper aus. Diese bleiben auch noch bestehen, wenn man die Infektion überstanden hat und schützen so für eine gewisse Zeit vor einer erneuten Ansteckung.

Eine Möglichkeit ist, dass diese Antikörper nur etwa sechs Monate vor einer erneuten Ansteckung schützen. Wer sich in der Hochphase der Ausbreitung in Manaus – also im März und April – infiziert hat, könnte nun nicht mehr vollständig immun sein, da die Zahl der Antikörper mit der Zeit abnimmt. Das könnte ganz grundsätzlich eine Neuansteckung erklären. Dies scheint in Brasilien aber nicht immer der Fall zu sein: Bei einer Frau, die sich mit der Variante P.1 angesteckt hat, wurden acht Tage zuvor noch die Antikörper gemessen – sie hätte also immun sein müssen. Deshalb ziehen Forscher die Möglichkeit in Betracht, dass es der Variante P.1 durch die Mutation möglich ist, die bestehende Immunantwort des Körpers zu umgehen. Als möglich gilt es weiterhin aber auch, dass die Variante schlicht ansteckender ist und sich deshalb so stark verbreitet.

Wie gefährlich ist sie laut Einschätzung von Experten?

Auch dazu ist bislang noch wenig bekannt. Es kann sein, dass die Variante dieselben Auswirkungen hat wie die herkömmliche Variante. Denkbar ist auch, dass sie ansteckender ist. Ob sie allerdings auch gefährlicher ist, also zu mehr schweren Verläufen oder Todesfällen führt, ist bislang nicht bekannt.

Welche Folgen könnte die neu entdeckte Mutation für das weitere Infektionsgeschehen haben?

Dazu weiß man bislang ebenfalls nur sehr wenig. In Manaus wird gerade intensiv dazu geforscht, ob die Variante P.1 tatsächlich dafür verantwortlich ist, dass die Zahl der Infektionen so stark angestiegen ist. Sollte die Variante die Immunantwort umgehen können und womöglich ansteckender sein als die bisher bekannten Varianten, dann kann man davon ausgehen, dass das Infektionsgeschehen noch einmal stark ansteigen könnte. Nachgewiesen wurde bislang, dass die Variante aus Brasilien auch in Japan aufgetreten ist.

Welche Auswirkungen sind auf die Impfungen möglich?

Das bleibt ebenfalls noch abzuwarten. Es kann sein, dass in Zukunft Impfstoffe angepasst werden müssen, um solche Varianten von SARS-CoV-2 abzudecken. Aktuell sieht es aber noch nicht danach aus. Der Impfarzt Philip Krause, Vorsitzender einer WHO-Arbeitsgruppe zu Impfstoffen, warnte in Science allerdings auch davor, dass das Virus sich schneller als resistent entwickeln könnte, als uns lieb ist. Dann müsste man die Impfstoffe entsprechend verändern. Bei vielen Impfstoffen wäre das grundsätzlich relativ einfach möglich. Ein Problem könnte aber sein, dass sie dann erneut zugelassen werden müssten – und das würde Zeit kosten.

Deshalb sagen viele Wissenschaftler, dass es wichtig ist, Varianten schnell zu entdecken. Außerdem drängen viele Forscher darauf, dass die Impfungen schnell vorangehen sollten, damit sich nicht noch mehr Varianten entwickeln. So sagt auch der Virologe Christian Drosten von der Charité: "Wir müssen jetzt alles daransetzen, so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich zu impfen."

Lesen Sie auch: Alle aktuellen Informationen rund um die Corona-Pandemie in unserem Live-Blog

Verwendete Quellen:

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.