- Herzmuskelentzündungen, auch Myokarditis genannt, sind als mögliche Folge einer COVID-Erkrankung bereits bekannt.
- Das Risiko, eine Herzmuskelentzündung nach der Corona-Impfung zu erleiden, ist sehr gering – viel kleiner als nach einer COVID-Erkrankung.
- Trotzdem zählt die Myokarditis zu den bekanntesten schweren Nebenwirkungen der Corona-Impfung.
- Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) gehören zu den bekanntesten schweren Nebenwirkungen auf die Corona-Impfstoffe mit den mRNA-Vakzinen der Hersteller Biontech und Moderna. Grob geschätzt treten sie bei einem von 100.000 Menschen auf – und sind damit äußerst selten. Das bestätigen neueste Studien.
Dennoch gibt es in den sozialen Medien große Diskussionen über solche Impfschäden. Die Lage ist vertrackt. Denn auch COVID-19-Erkrankungen können Herzmuskelentzündungen auslösen. Eine Myokarditis tritt bei COVID-Infektionen häufiger auf als nach Impfungen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist eine Myokarditis?
Das Herz besteht aus einer dicken Muskelschicht, die von der Herzinnen- und der Herzaußenhaut umgeben ist. Bei einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung) entzündet sich das Muskelgewebe des Herzens. Ist hingegen das Bindegewebe betroffen, das das Herz umschließt, also der Herzbeutel (im Fachjargon das Perikard), spricht man von einer Perikarditis, einer Herzbeutelentzündung; wenn auch die Innenhaut angegriffen wird, von einer Pankarditis.
Bei der Myokarditis unterscheiden Mediziner drei Formen:
- die subklinische Myokarditis, die oft gar nicht bemerkt und meist problemlos abheilt;
- die akute Myokarditis, die mit Beeinträchtigung der Herzfunktion einhergeht;
- die chronische Myokarditis, wenn die Entzündung über einen längeren Zeitraum anhält.
Hinter Herzmuskelentzündungen stecken meist Infektionen mit Viren wie SARS-CoV-2-, Hepatitis-, Herpes-, oder HI-Viren, den Auslösern von Aids. Auch Bakterien, Pilze, Parasiten, Medikamente oder Alkohol und andere Gifte können die Krankheit auslösen.
Was geschieht bei einer viralen Myokarditis?
Die Erreger dringen ins Muskelgewebe ein und zerstören die Herzmuskelzellen. Meist ist nur ein Teil des Herzens entzündet, weil die Körperabwehr die Erreger erfolgreich bekämpft. Dann verschwindet die Herzmuskelentzündung – oftmals unbemerkt – von selbst. Im schlimmsten Fall aber greift die Entzündung auf den ganzen Herzmuskel und sogar auf die Blutgefäße im Herzen, die Herzkranzgefäße, über.
Obwohl die Myokarditis meistens nur mit geringen Beschwerden einhergeht, kann sie bei schweren Verläufen oder wenn sie nicht behandelt wird zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, irreversibler Herzschwäche oder zum plötzlichen Herztod führen. Bei jedem zehnten jungen Menschen unter 35 Jahren, der durch plötzlichen Herztod verstirbt, ist eine Myokarditis die Ursache.
Wie häufig tritt eine Myokarditis nach den Corona-Impfungen auf?
Das Risiko, eine Herzmuskelentzündung nach der Corona-Impfung zu erleiden, ist sehr gering – viel kleiner als nach einer COVID-Erkrankung. Das zeigen mehrere große Studien, vornehmlich aus Skandinavien, den USA, Israel und Großbritannien.
Sie zeigen, dass das Risiko vor allem für junge Männer nach zwei Impfungen mit dem Impfstoff von Moderna deutlich erhöht ist. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt seit November 2021, bei Impfungen von Menschen unter 30 nur noch den mRNA-Impfstoff von Biontech zu verwenden.
Die neueste Übersichtsarbeit aus den skandinavischen Ländern kommt zu dem Ergebnis, dass bei 16- bis 24-Jährigen zwischen 55 zusätzliche Ereignisse nach zweifacher Biontech-Impfung und 184 zusätzliche Myokarditen nach zweifacher Moderna-Impfung pro einer Million Impflinge auftraten. In allen anderen Altersgruppen und bei Frauen war das Risiko deutlich kleiner. Kein einziger Patient verstarb daran. Das bestätigen eine Studie der Universität Oxford.
Eine Studie aus Israel zeigt, dass das Risiko, an einer Myokarditis zu erkranken, nach einer COVID-Erkrankung viermal so hoch ist wie nach der Biontech-Impfung. Forscher aus Dänemark werteten die Krankenakten von knapp fünf Millionen Patienten aus. Auch diese Daten weisen darauf hin, dass das Risiko nach einer Impfung mit dem Moderna-Impfstoff Spikevax etwas höher sein könnte als nach der Impfung mit Comirnaty von Biontech. Auch nach Impfungen mit anderen Vakzinen ist es bereits zu einzelnen Herzmuskelentzündungen gekommen. Studien zeigen auch: Eine Herzmuskelentzündung nach einer Impfung heilt in den meisten Fällen von allein wieder aus, wenn sich die Patienten schonen.
Warum kommt es nach COVID-Erkrankungen zu einer Herzmuskelentzündung?
Viren sind die häufigsten Auslöser einer Herzmuskelentzündung. Daten aus den USA legen nahe, dass in bis zu fünf Prozent aller Virusinfekte auch der Herzmuskel betroffen ist. Vor der Pandemie diagnostizierten Mediziner in den Vereinigten Staaten jedes Jahr bei 100 bis 200 Patienten pro einer Million Menschen eine Myokarditis.
Zunächst dringen die Erreger in die Muskelzellen ein, vermehren sich dort und zerstören die Zelle. Um hineinzugelangen, muss das Virus über eine bestimmte Bindungsstelle verfügen – ähnlich wie ein Schlüssel, der in ein Türschloss passt. Bei SARS-CoV-2 passt das Spike-Protein auf der Hülle des Virus – der Schlüssel – in den ACE-2-Rezeptor von Herzmuskelzellen – das ist das Schloss. Im Labor konnten Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung an der Universität Frankfurt/Main nachweisen, dass SARS-CoV-2 auch in Herzmuskelzellen eindringen kann.
Wie merke ich, dass ich an einer Myokarditis leide?
Ein eindeutiges Symptom für eine Herzmuskelentzündung gibt es nicht. Obwohl sie die Funktion des Herzens beeinträchtigt, sind die Beschwerden häufig gering. Wenn der Auslöser ein Erreger ist, überlagern die Symptome des Infekts zudem oftmals die ersten Anzeichen der Entzündung.
Als Warnzeichen gilt allerdings, wenn nach Abklingen einer Erkrankung Beschwerden wie Atemnot, Herzrasen, Herzstolpern – bei einer Perikarditis auch Halsschmerzen – und eine anhaltende Erschöpfung und Abgeschlagenheit auftreten.
Warum kommt es nach einer Corona-Impfung zu einer Myokarditis?
Diese Frage ist bei einer Herzmuskelentzündung nach Impfung noch nicht geklärt. Derzeit diskutieren Mediziner verschiedene Theorien: Zum einen könnte es sich um die Folge einer allgemein überbordenden Immunreaktion handeln, die das Herzgewebe angreift. Andererseits könnte auch das Spike-Protein, für das die mRNA im Impfstoff ja den Bauplan liefert, eine fehlgeleitete Immunantwort hervorrufen.
Dass vor allem junge Männer an Herzmuskelentzündungen erkranken, bringen US-Wissenschaftler mit der unterschiedlichen Rolle von Geschlechtshormonen bei der Immunantwort in Verbindung.
Eine dritte Theorie haben Forscher aus Griechenland jetzt vorgestellt: Sie halten die Lipid-Nanopartikel, die die Impfstoffe umhüllen, für die möglichen Auslöser. Denn auch nach der Impfung mit dem Novavax-Vakzin kam es vereinzelt zu Herzmuskelentzündungen – obwohl der Impfstoff statt mRNA Proteinfragmente des Virus enthält, um das Immunsystem zu trainieren. Novavax kommt seit Jahresbeginn in Europa zum Einsatz.
Verwendete Quellen:
- Kardio Netzwerk Digital: Herzmuskelentzündung | Myokarditis
- Jama Network: SARS-CoV-2 Vaccination and Myocarditis in a Nordic Cohort Study of 23 Million Residents
- Nature Medicine: Risks of myocarditis, pericarditis, and cardiac arrhythmias associated with COVID-19 vaccination or SARS-CoV-2 infection
- National Library of Medicine: Safety of the BNT162b2 mRNA COVID-19 Vaccine in a Nationwide Setting
- BMJ: SARS-CoV-2 vaccination and myocarditis or myopericarditis: population based cohort study
© RiffReporter
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