Kaum etwas prägt die Debatte über die Generation Z so sehr wie die jüngsten Klimaproteste. Vor einigen Jahren hieß es noch, dass sich die Jugend nicht genug engagiere und zu viel fordere. Doch wie politisch ist die Gen Z wirklich?

Die Menschen in Europa sind im Dauerkrisenmodus: Coronakrise, zuletzt der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine mit der daraus folgenden Inflation und die Klimakrise, die voraussichtlich das Leben aller Menschen verändern wird. Vor allem die Klimakrise belaste die Generation Z , sagt Generationenforscher Klaus Hurrelmann von der Universität Bielefeld im Interview.

Die junge Generation findet eine sehr schwere Ausgangs­situation, wie wir sie nur selten hatten, vor.

Klaus Hurrelmann, Generationenforscher

Sie ist die erste Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist und ist über Social Media bestens miteinander vernetzt. Protestbewegungen wie Fridays for Future kommt das zugute: Die Organisation von Demos findet fast nur online statt, nicht an Stammtischen.

Nachrichtenkonsum häufig online

Rund 30 Prozent der 18- bis 24-Jährigen informieren sich täglich über politische Themen, 46 Prozent wöchentlich, zeigt eine Erhebung der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem ThinkTank "dpart". Die sozialen Medien spielen für die politische Willensbildung eine wichtige Rolle: Die meistgenannten Quellen waren Online-Zeitungen, TV-Nachrichten sowie Google. Gemeint ist damit die spezifische Suche nach Nachrichten über die Suchmaschine sowie der personalisierte Google-Newsfeed.

Trotz des Interesses sowohl an Politik als auch an Nachrichten zeigen die Zahlen aber: Die Gen Z ist, beispielsweise was die Mitgliedschaft in Parteien angeht, auch nicht engagierter als andere Generationen.

Ein Desinteresse an Politik kann aus den Auswertungen der Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage (ALLBUS) nicht abgeleitet werden. Die Daten beziehen sich auf klassische Partizipationsformen wie Parteimitgliedschaft oder der Mitarbeit bei einer Bürgerinitiative, nicht aber auf Diskussionsrunden im Internet. Gründe dafür seien laut Hurrelmann vor allem veraltete Strukturen in Parteien – und dass man aus Sicht junger Menschen zu wenig direkt bewirken und nur mittelbar Einfluss nehmen könne.

Wahlbeteiligung zuletzt angestiegen

Die Wahlbeteiligung stieg bei der letzten Bundestagswahl 2021 auf ein Rekordhoch von 70,5 Prozent der 18-20-Jährigen und 71,2 Prozent der 21-24-Jährigen. Solche hohen Werte wurden zuletzt vor der Wiedervereinigung erreicht. Der Grund laut Soziologe Hurrelmann: Sowohl die Grünen als auch die FDP hätten Themen angesprochen, die junge Menschen interessieren wie Klimaschutz oder Digitalisierung.

So wähl(t)en junge Menschen in Deutschland

Bis 2005 war noch recht klar: Die beiden klassischen Volksparteien SPD und CDU liegen auf Platz eins und zwei unter Jungwählerinnen und Jungwählern. Wenn nur junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren das deutsche Parlament gewählt hätten, wäre die SPD sogar mehr als 35 Jahre lang die stärkste politische Kraft im Bundestag gewesen. Bei der Bundestagswahl 2021 dominierten die Parteien Bündnis 90/Die Grünen sowie die FDP mit jeweils mehr als 20 Prozent, gefolgt von der SPD und verschiedenen kleinen Parteien. Das Erfolgsrezept?

Die jungen Leute fordern Klarheit. Sie wollen wissen, welche Ziele wichtig sind und wie die Parteien nach der Wahl vorgehen. Je klarer das ist, desto besser schneiden sie ab.

Klaus Hurrelmann

Der Blick in die Parteidaten zeigt: Auch bei der Anzahl der Mitglieder unter 30 Jahren sind FDP und Grüne laut Bundeszentrale für politische Bildung vorn. 2021 hatte die FDP mit 23,6 Prozent den höchsten Anteil an unter 30-Jährigen, gefolgt von der Partei Die Linke mit 22,5 Prozent und den Grünen mit 19,2 Prozent. Deutlich wird aber auch: die im Bundestag vertretenen Parteien sind von älteren Menschen dominiert.

Politik neu denken

Die Gen Z will von der Politik also vor allem eines: Eine klare Kommunikation und Antworten auf die zahlreichen Probleme ihrer Zeit. Ja, die Gen Z interessiert sich für Politik. Auch wenn sie dies anders auslebt als andere Generationen. Jugendforscher Klaus Hurrelmann warnt deshalb, dass Parteien nicht digital den Anschluss verlieren dürfen. Die Gen Z geht eben neue Wege.

Verwendete Quellen:

Zur Person:

  • Klaus Hurrelmann ist Jugend- und Generationenforscher. Er studierte Soziologie in Münster und ist lehrte viele Jahre an der Universität Bielefeld. Bis heute leitet er wichtige Jugendstudien in Deutschland wie etwa die Shell-Jugendstudie.

Dieser Beitrag gehört zum Projekt der Abschlussklasse S21 der Journalistenschule ifp und ist in Zusammenarbeit mit der Redaktion von WEB.DE und GMX entstanden. Das gesamte Projekt finden Sie hier:






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