• Der Handel mit gefälschten Impfausweisen boomt.
  • Ein BKA-Sprecher rechnet damit, dass das Problem noch zunehmen wird.
  • Warum sind die Impfausweise so leicht zu fälschen und welche Fehler können Geimpfte begehen?

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Vollständig geimpfte Personen sind nicht mehr von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen betroffen. Als Nachweis gilt der Impfausweis. Doch der ist äußerst fälschungsanfällig. Und Kriminelle haben bereits damit begonnen, falsche Impfpässe zu verkaufen.

Das Problem: Ein Impfausweis ist kein offizielles Dokument wie etwa ein Personalausweis. Deshalb fehlen auch jegliche Sicherheitsvorkehrungen. Die gelben Hefte sind frei im Handel verfügbar. Ebenso Druckvorlagen für die Etiketten, die dort als Nachweis der Impfung eingeklebt werden.

"Aufgrund der fehlenden Sicherheitsmerkmale erweist sich eine Echtheitsprüfung der eingetragenen Impfung als schwierig", sagt deshalb auch Peer Zabel, Sprecher beim Bundeskriminalamt (BKA). Lukrativ ist der Handel allemal, wie Zabel bestätigt. "Der Verkauf gefälschter Impfbücher ermöglicht mit wenig Aufwand und geringen Herstellungskosten einen sehr hohen Gewinn."

So unterstützen Geimpfte unfreiwillig Fälschungen

Zu allem Überfluss vereinfachen viele Geimpfte Fälschungen unfreiwillig, indem sie Bilder ihres Impfpasses auf Facebook, Instagram oder anderen Social-Media-Plattformen posten. Kriminelle kommen so ganz einfach an sensible Gesundheitsdaten. Dazu gehört z.B. die Chargennummer des Impfstoffes, die sie aus den Bildern kopieren. Um Fälschungen entgegenzuwirken, rät das BKA deshalb dringend, keine Bilder des Impfausweises in sozialen Medien zu veröffentlichen.

Impfbescheinigungen oder Impfbücher zu fälschen, fällt unter den Straftatbestand der Urkundenfälschung. Je nach Einzelfall kann zusätzlich der Straftatbestand "Fälschung von Gesundheitszeugnissen" oder ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz erfüllt sein, erläutert Peer Zabel.

Wie das ZDF berichtet, forderte Gesundheitsminister Jens Spahn nun härtere Strafen für den Betrug bei Impfnachweisen. So soll das "Nutzen falscher Impf-, Test- und Genesenen-Dokumente mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet werden – das Eintragen falscher Angaben mit bis zu zwei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe".

Ein BKA-Experte erwartet Steigerung der Nachfrage nach gefälschten Impfpässen

Damit betont er ausdrücklich, dass nicht nur die Fälscher bestraft werden, sondern auch die Käufer und Nutzer. Darunter könnten z.B. Impfverweigerer fallen oder Auslandsreisende, die sich eine Quarantäne ersparen wollen.

Noch handele es sich um ein zahlenmäßig kleines Problem, wie Peer Zabel betont. Vor allem im Vergleich zu sonstigen kriminellen Angeboten an Personal- und Ausweisdokumenten. Es gibt deshalb auch keine eigene Statistik des BKA für Impfbuchfälschungen.

Doch Zabel erwartet, dass das Problem bald mehr in den Fokus rücken könnte. "Eine Steigerung der Nachfrage und somit auch des Angebots von gefälschten Impfbescheinigungen ist aufgrund der gesetzlichen Lockerungen für Geimpfte wahrscheinlich", sagt der BKA-Mann.

Über die Fälscher ist noch wenig bekannt. Zumindest konnte die Polizei noch keine organisierten Strukturen feststellen. Doch das Bundeskriminalamt hat die Entwicklung im Auge – und tauscht sich mit Impfzentren und Länderbehörden aus. Sogar internationale Partner wie Europol und Interpol sind eingebunden.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Köln gründet Ermittlungsgruppe zu Impfpass-Fälschungen

"Die aktuelle Lage wird seitens der Polizeien von Bund und Ländern intensiv beobachtet und fortlaufend im Hinblick auf die Notwendigkeit konkreter Präventions- und Schutzmaßnahmen überprüft", sagt Zabel.

In Köln ist man bereits einen Schritt weiter. Dort hat die Polizei eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet, die gegen Fälschungen vorgeht, wie die Kölnische Rundschau am 14.5. berichtete. Bei einer Routinekontrolle sei die Polizei auf mehrere gefälschte Blanko-Impfpässe gestoßen. Außerdem seien gefälschte Pässe mit dem Namen eines Kölner Arztes aufgetaucht. Zurzeit laufen neun Ermittlungsverfahren.

Greift das Phänomen noch weiter um sich, könnten die gefälschten Impfpässe vielleicht sogar die Eindämmung der Pandemie gefährden. Denn wer ungeimpft auf Schutzmaßnahmen verzichtet, ist ein potenzieller Superspreader. Hierzu konnten aber weder das Robert Koch-Institut (RKI) noch das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig Daten bereitstellen.

Die Lösung für das Problem wäre ein fälschungssicherer Ausweis. Und der soll kommen, in Form einer Smartphone-App. Dies geht auf einen Beschluss des Europäischen Rates zurück. Allerdings soll es sich dabei laut Bundesgesundheitsministerium um ein freiwilliges Angebot handeln. Das gelbe Heft wäre also weiterhin gültig. Und Kriminelle wohl weiterhin dick im Geschäft.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Peer Zabel, Sprecher beim Bundeskriminalamt
  • Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz: Verordnung zur Regelung von Erleichterungen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19
  • Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes: Corona: Betrüger verkaufen gefälschte Impfpässe
  • Bundesministerium für Gesundheit: Fragen und Antworten zum digitalen Impfnachweis
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.