• Die Corona-Regeln für Restaurants und Cafés wurden vergangene Woche verschärft: Geimpfte und Genesene müssen seitdem zusätzlich einen negativen Test oder eine Auffrischungsimpfung nachweisen (2G-plus).
  • Doch die offizielle App des Robert-Koch-Instituts zur Überprüfung der Impfzertifikate macht keinen Unterschied zwischen zweiter oder dritter Impfung.
  • Das Bundesgesundheitsministerium sieht keine Grundlage für eine Anpassung – aus der Unionsfraktion kommt deshalb scharfe Kritik.

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Ins Restaurant oder in Café kommen Gäste seit vergangener Woche nur noch geimpft, genesen und zusätzlich getestet oder geboostert – kurz: 2G-plus. So die Theorie, so haben es vergangene Woche Bund und Länder beschlossen.

Doch die bundesweite Durchsetzung der verschärften 2G-Regen für die Gastronomie – auf die Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch mit Blick auf abweichende Regelungen in Bayern und Sachsen-Anhalt erneut drängte – könnte in der Praxis an einer entscheidenden Stelle ins Stottern geraten. Denn die CovPassCheck-App des Robert-Koch-Instituts funktioniert nicht richtig. Ausgerechnet die laut eigener Aussage "sichere Lösung", mit der "digitale COVID-Zertifikate der EU zuverlässig geprüft werden können" und die deshalb "Gewerbetreibenden und Behörden" empfohlen wird.

Das Problem: Die App kann nicht zwischen zweiter (vollständiger) und dritter Impfung (Auffrischungsimpfung) unterscheiden. Sie gibt für beide Fälle dieselbe Meldung aus, wie das Portal "Netzpolitik.org" zuerst berichtete. Es bliebe also bei den Gastronomen hängen, händisch eine Booster-Impfung zu prüfen.

Umfrage: Mehrheit befürwortet 2G plus in der Gastronomie

Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland begrüßt die 2G-plus-Regel in der Gastronomie. Bund und Länder hatten am Freitag eine 2G-plus-Regelung für Restaurants, Cafés und Kneipen vereinbart.

Eine Anpassung der App ist nicht vorgesehen

"Der Erfolg digitaler Lösungen steht und fällt mit der Praktikabilität – gerade im Alltag mit Corona. Wenn eine App ihren ureigenen Zweck nicht erfüllt, wird sie bei den Menschen keine Akzeptanz finden", sagt der gesundheitspolitische Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, auf Anfrage unserer Redaktion. Er forderte das Bundesgesundheitsministerium auf, bei der CovPassCheck-App nachzubessern. Eine Lösung wäre etwa der Vermerk der Anzahl der Corona-Impfungen bei der Ergebnisanzeige nach der Prüfung eines Zertifikats.

Aber genau das hat die Behörde bereits aus Datenschutzgründen ausgeschlossen. "Eine entsprechende Funktion zur Einsicht in detaillierte Impfdaten in der CovPassCheck-App ist nicht vorgesehen und vor allem datenschutzrechtlich kritisch zu betrachten", teilte das Bundesgesundheitsministerium "Netzpolitik.org" mit. Deshalb sei eine Anpassung nicht vorgesehen.

CDU-Politiker Sorge kritisiert das Vorgehen scharf. "Der Datenschutz darf an dieser Stelle kein Totschlagargument werden. Viel zu oft wird er angeführt, um sinnvolle Instrumente zum Gesundheitsschutz auszubremsen." Selbstverständlich müsse eine Unterscheidung zwischen Zweitimpfung und Booster möglich sein. "Das liegt im Interesse der allermeisten Nutzer der App", sagt er.

Datenschutzexperte beschwichtigt: "Ich habe viel Schlimmeres gesehen"

Der Datenschutzexperte Rolf Schwartmann von der Technischen Hochschule Köln nimmt das Bundesgesundheitsministerium hingegen in Schutz und drängt auf mehr Augenmaß in der Sache. "Der Wirt muss einfach den dritten Haken in der App oder den Impfpass des Gastes kontrollieren", sagt Schwartmann, der auch Vorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) ist, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Ja, das dauere ein bisschen länger. "Und schön ist es auch nicht, es ist auch nicht perfekt aufgesetzt, aber ich habe viel Schlimmeres gesehen", betonte Schwartmann. Das Thema Datenschutz müsse zu oft als Sündenbock herhalten, beim aktuellen Problem mit der CovPassCheck-App sei das aber nicht der Fall.

Gastgewerbe leidet besonders unter Coronakrise

Es scheint, dass am Ende tatsächlich die Gastronomen in die Pflicht genommen werden – eine Branche, die von der Coronakrise besonders betroffen ist. Denn neben den Einschränkungen belastet die Unternehmen auch die fehlende Nachfrage der Gäste und der Mangel an Beschäftigten.

Nach einer jüngsten Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) sanken die Umsätze in der Gesamtbranche, zu der auch Restaurants, Bars oder Clubs zählen, im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 41 Prozent. Und nun kommt 2G-plus.

Wie Scholz kritisiert auch Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges den entstandenden Regel-Flickenteppich. "Es kann nicht sein, dass nun ein 'föderaler Wettbewerb', um die 'besten' 2G-plus Regelungen ausbricht", sagt sie auf Anfrage unserer Redaktion. "Das versteht keiner, dass nunmehr in den Ländern unterschiedliche Ausnahmen von der Testpflicht gelten." Hartges fordert einheitliche Regeln für Geboosterte wie auch Genesene und andere Gruppen, um die Akzeptanz bei den Gästen wie Unternehmern zu erhöhen.

Über eine funktionierende CovPassCheck würden sich Wirte, Kellner und Barkeeper sicherlich ebenso freuen.

Verwendete Quellen:

  • Netzpolitik.org: "CovPassCheck-App nutzlos bei einigen Corona-Regeln"
  • Telefonat mit Rolf Schwartmann, Datenschutzexperte von der Technischen Hochschule Köln und Vorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD)
  • Schriftliches Statement von Tino Sorge, CDU-Politiker
  • Schriftliches Statement von Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes
  • Webseite des Robert-Koch-Instituts zur CovPassCheck-App
  • Material der dpa
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