• In Bayerns so, in Hessen anders, in Berlin ganz anders: In der Coronakrise gleicht Deutschland einem Flickenteppich aus Regelungen, obwohl sich Bund und Länder eigentlich auf ein einheitliches Vorgehen verständigt hatten.
  • Um dem Wirrwarr entgegenzuwirken, will eine Gruppe von Unionsabgeordneten dem Bund nun per Gesetz mehr Kompetenz einräumen.

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Wenn es um die Eindämmung der Corona-Infektionen geht, haben zumeist die Länder das Sagen. Das führt zu vielerlei Alleingängen der Landesfürsten. Jetzt gibt es in der Union Bestrebungen, dem Bund mehr Kompetenzen zu geben, um zu einer einheitlichen Linie zu kommen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutete bereits Initiativen des Bundes an. Ein Überblick über die Gesetzeslage und Änderungspläne:

Warum haben die Länder so viel Macht in der Coronakrise?

Der Bund hat nicht allzu viel Regelungskompetenz in der Pandemie, auch wenn seine Zuständigkeiten erweitert wurden. Mit einer ersten Neufassung des Infektionsschutzgesetzes wurde im vergangenen Jahr zunächst die Grundlage für die Test- und Quarantänepflichten für Reiserückkehrer aus Risikogebieten geschaffen.

Im November wurde dann im Eilverfahren eine recht weitgehende Neufassung beschlossen. Seither enthält das Bundesgesetz einen umfassenden Katalog möglicher Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Aufgelistet sind etwa Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Raum, Abstandsgebote, die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sowie Beschränkungen für den Kultur- und Freizeitbereich, die Schließung von Schulen und Kitas sowie die Erteilung von Auflagen für Bildungseinrichtungen.

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Genannt sind in dem neuen Paragrafen 28a des Gesetzes außerdem Beschränkungen für Übernachtungsangebote, die Schließung von Einzel- oder Großhandel sowie von Gastronomiebetrieben, Absagen und Auflagen für Veranstaltungen, Versammlungen und religiöse Zusammenkünfte. Zudem werden in dem Gesetz das Verkaufs- und Konsumverbot für Alkohol auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder zu bestimmten Zeiten genannt, ebenso die Anordnung von Reisebeschränkungen.

Was ist die Voraussetzung für Maßnahmen in der Pandemie?

Sie können erlassen werden, wenn der Bundestag eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" festgestellt hat. Diese gilt derzeit bis Ende Juni, kann aber erneut verlängert werden.

Maßstab für die jeweiligen Einschränkungen ist der Inzidenzwert der Infektionen, die innerhalb von sieben Tagen bei 100.000 Menschen auftreten. Wird der Wert von 50 überschritten, "sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen", heißt es im Gesetz.

Wo endet die Zuständigkeit des Bundes?

Die Crux der Neuregelung aus dem November vergangenen Jahres: Ob die aufgelisteten Maßnahmen tatsächlich auf den Weg gebracht werden, ist letztlich weiterhin Sache der Länder. Sie erlassen dafür entsprechende Verordnungen. So kam es dazu, dass die Länder mit der vereinbarten Corona-Notbremse unterschiedlich umgehen. Sie sieht harte Maßnahmen bei einer Inzidenz von mehr als 100 vor.

Was wollen Unionsabgeordnete nun ändern?

Zunächst brachte Bundeskanzlerin Merkel eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes ins Gespräch, jetzt hat eine Gruppe von Abgeordneten um Norbert Röttgen (CDU) einen Vorschlag unterbreitet. Demnach soll der Bund zusätzlich dieselben Handlungsmöglichkeiten erhalten wie die Länder - nämlich Rechtsverordnungen für die Corona-Maßnahmen zu erlassen.

Welche Hürden gibt es für eine Gesetzesänderung?

Im Bundestag müsste zumindest die SPD mit ins Boot geholt werden, um eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes zu bewerkstelligen. Entscheidende Hürde sind aber die Länder. Denn sie müssten im Bundesrat grünes Licht für eine Reform geben. Doch für gewöhnlich geben sie Kompetenzen nur ungern aus der Hand - zumal sie den von Merkel geforderten harten Kurs in der Corona-Pandemie ja auch in eigener Regie einschlagen können. (afp/mcf)

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