Eine Impfstudie aus China kommt zu dem Ergebnis, dass sich ein Totimpfstoff im Tiermodell als wirkungsvoller Schutz gegen das Coronavirus erweist. Ein solcher Impfstoff könnte weltweit relativ einfach in "rauen Mengen" produziert werden, wie Virologe Christian Drosten in der neuesten Ausgabe des NDR-Podcasts "Coronavirus-Update" erklärt. Auch wenn Totimpfstoffe risikobehaftet sind, spricht der Virologe von einer lohnenswerten Überlegung.

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Lockdowns und Lockerungen, Tracing-Apps, Abstands- und Hygieneregeln – all das sind nur Werkzeuge, die uns helfen können, die Coronakrise möglichst gut zu durchstehen. Ein wirksames Medikament könnte außerdem helfen, die aktuelle Situation deutlich zu entspannen.

Wirklich beendet werden kann die weltweite Krise aber nur durch einen Impfstoff. Erst wenn dieser verfügbar ist, werden wir alle zu unserem gewohnten Leben zurückkehren können.

Entsprechend groß sind die Hoffnungen, dass ein Impfstoff möglichst bald von den Wissenschaftlern gefunden wird. Es wird bisher davon ausgegangen, dass dieser etwa in einem Jahr verfügbar sein könnte.

Hoffnung macht nun eine neue Studie aus China, die von Virologe Christian Drosten am Freitag in der aktuellen Ausgabe des NDR-Podcasts "Coronavirus-Update" besprochen wurde. Acht Affen wurden in Peking mit einem Impfstoff behandelt und dann mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert. Nun liegt ein erstes Manuskript zu den Versuchen vor.

Totimpfstoffe sind die einfachsten Vakzine

"Das hat viel Beachtung gefunden", sagte Drosten: "Es geht um einen Totimpfstoff. Das ist das Einfachste, was man machen kann, wenn man einen Impfstoff macht. Man lässt das Virus in Zellkultur hochwachsen und tötet es dann, in diesem Fall durch eine Chemikalie. Man versetzt es noch mit einer Adjuvans und macht daraus eine Impfstoffpräparation, die eine ungewisse Wirkung hat."

In Europa und den USA wurde der Ansatz mit einem nicht sonderlich modernen Totimpfstoff zunächst nicht in Betracht gezogen, da die Verwendung als risikobehaftet gilt. Beispielsweise könne eine Impfung auch zu einer Verstärkung der Krankheit führen, statt einen Schutz zu bieten, erläuterte Drosten. Gerade bei einer Verwendung gegen Coronaviren.

Andererseits könnte ein solcher Impfstoff deutlich schneller verfügbar sein, als viele andere moderne Impfstoffkonzepte. "Und wenn es wirkt, dann weiß man anhand von Erfahrungswerten mit anderen Totvakzinen, dass man damit eigentlich gut fährt. Man könnte sich also zumindest mal für die Frühphase so etwas als erste vakzine Option überlegen", sagte Drosten.

Totimpfstoff könnte schnell produziert werden

Zumal man einen solchen Totimpfstoff in "rauen Mengen, in vielen Ländern der Welt gleichzeitig herstellen könnte", wie Drosten erklärte. Auch weniger entwickelte Länder seien dazu in der Lage, selbst Produktionslinien für Veterinärimpfstoffe könnten dabei helfen, die millionenfach benötigten Dosen Impfstoff herzustellen, um die Weltbevölkerung durchzuimpfen.

Bei der Produktion könnte also Zeit gewonnen werden, weshalb Totimpfstoff eine schnellere Option wäre. Und zumindest im Tiermodell auch ein wirksame. Vier Rhesusaffen wurden in Peking im Abstand von jeweils einer Woche dreimal geimpft, vier andere Affen dienten als Kontrollgruppe. Einige Affen bekamen eine kleinere Dosis des Wirkstoffs, andere eine größere, schließlich wurden alle Tiere einer großen Menge des neuartigen Krankheitserregers ausgesetzt.

Nach der Impfung produzierten die Affen der Studie zufolge sehr gut Antikörper, auch ihre Lungen waren vor der Infektion geschützt. "Was man gesehen hat, war ein klarer Schutz selbst gegen diese sehr hohe Belastungsdosis von Virus, also viel mehr, als ein menschlicher Patient in einer natürlichen Infektion abbekommen würde", erklärte Drosten.

"Eine lohnenswerte Überlegung"

Der Totimpfstoff konnte die Affen also wirksam vor COVID-19 schützen, außerdem wäre er relativ leicht herzustellen und deshalb wohl auch schneller verfügbar. Trotzdem wäre es natürlich noch ein langer Weg, bis der Impfstoff tatsächlich einsatzbereit wäre.

Zu einem Zeitplan äußerte sich Drosten nicht. Die Ergebnisse der chinesischen Studien sollten viel mehr zunächst einmal in Wissenschaft und Gesellschaft diskutiert werden, sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité. "Es ist eine lohnenswerte Überlegung, ob man diesen Weg nicht gehen will", erklärte er.

Denn noch etwas an dem Manuskript aus Peking macht Hoffnung. Mit Studien zur Wirksamkeit des Impfstoffs am Menschen wurde dort bereits begonnen.

Professor Dr. Christian Drosten ist Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und einer der führenden Virus-Forscher Deutschlands. Der 48-Jährige gilt als Mitentdecker des SARS-Virus. Unmittelbar nach dem Ausbruch SARS-Pandemie 2003 entwickelte er einen Test auf das neu entdeckte Virus, wofür er 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. In der aktuellen Coronakrise ist der gebürtige Emsländer ein gefragter Gesprächspartner, täglich gibt er Auskunft zur aktuellen Lage.
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