• Lasse ich mich impfen? Die Frage, die sich praktisch jeder Bürger während der Corona-Pandemie gestellt hat, hat Joshua Kimmich für sich erstmal mit einem Nein beantwortet.
  • Das sorgt für heftige Debatten, die der Impfthematik einen wichtigen Impuls geben könnten.

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Der deutsche Nationalspieler Joshua Kimmich vom FC Bayern München hat mit seinen Aussagen zum Impfverzicht eine heftige Diskussion ausgelöst. Die Debatte weitet sich inmitten stark steigender Infektionszahlen und angesichts einer gesellschaftlichen Vorbildfunktion Kimmichs über die Fußball-Bundesliga und den Sport hinaus aus. "Ja, das stimmt", sagte der 26-Jährige am Samstag nach dem 4:0-Erfolg gegen die TSG Hoffenheim auf die Frage des Sky-Reporters, ob er noch ungeimpft sei.

Er habe "persönlich noch ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht", sagte Kimmich. Die "Bild" hatte zuvor berichtet, dass beim deutschen Rekordmeister aus München fünf Profis nicht gegen COVID-19 geimpft seien, einer von ihnen sei Kimmich.

Thomas Müller befürwortet sich gegen Corona impfen zu lassen

"Die Diskussion gibt es ja im ganzen Land, das ist ja unabhängig von Personalien und wie die Menschen heißen, die geimpft oder ungeimpft sind", sagte Teamkollege Thomas Müller. Die wissenschaftliche und auch seine Meinung sei, dass "das Impfen besser wäre", sagte der 32-Jährige.

Es sei ein schmaler Grat und auch eine "ethische, eine moralische Diskussion", sagte der Münchner Nationalspieler und betonte: "Ich bin Impffreund und hoffe, dass die Spieler, die jetzt noch nicht geimpft sind, sich das vielleicht anders überlegen."

Öffentlich sorgt der Impfverzicht Kimmichs nicht nur im Lichte der von ihm und seinem Nationalmannschafts- und Bayern-Kollegen Leon Goretzka ins Leben gerufenen Aktion "We Kick Corona" (#wekickcorona), mit der sie Spenden für soziale Einrichtungen sammeln, für Erstaunen. Gegründet wurde die Hilfs-Vereinigung allerdings auch weit vor den ersten Impfungen.

Joshua Kimmich: "Jeder sollte für sich die Entscheidung treffen"

"Bei "We Kick Corona" ging’s ja darum, karitative Einrichtungen und gemeinnützige Zwecke zu unterstützen, die Personen unterstützen, die durch Corona in Not geraten sind. Wir haben ja auch an die Unicef Geld gespendet, die dann Impfstoff zur Verfügung stellen", führte Kimmich bei Sky aus. "Da geht es ja darum, dass es Länder gibt, die keinen Zugang zum Impfstoff haben. Ich denke, jeder sollte für sich die Entscheidung treffen."

Auch die Tatsache, dass Zuschauer nur unter strengen Corona-Auflagen in die Bundesliga-Stadien dürfen, dass die Bayern ihren Spielern eine Impfung empfehlen oder dass in anderen Sportarten wie der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA ungeimpfte Sportler in bestimmten Städten nicht am Trainings- und Spielbetrieb teilnehmen dürfen, befeuert die kontroverse Debatte.

"Der FC Bayern empfiehlt, sich impfen zu lassen, genauso wie ich persönlich, um unter anderem vielleicht allen ein normaleres Leben zu ermöglichen", sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic über den Rat des Vereins. Aber weil es in Deutschland keine Impfpflicht gebe, habe der Verein "die Empfehlung ausgesprochen und jeder darf das selber entscheiden".

Kimmich fordert Bedenken zu respektieren

Er finde es schade, dass es in der Auseinandersetzung mit der Thematik "nur noch geimpft oder nicht geimpft" gebe, sagte Kimmich bei seiner Positionierung am Sky-Mikrofon. "Und nicht geimpft bedeutet dann oftmals gleich, dass man Corona-Leugner oder Impfgegner ist. Aber ich glaube, es gibt auch ein paar andere Menschen zu Hause, die einfach ein paar Bedenken haben, was auch immer die für Gründe haben. Und ich finde, auch das sollte man respektieren. Vor allem, so lange man sich an die Maßnahmen hält", sagte Kimmich.

Er sage nicht kategorisch, dass er sich "überhaupt nicht impfen lasse". Es sei "auch sehr gut möglich, dass ich mich in Zukunft impfen lasse", betonte Kimmich. Für den Moment jedoch bietet das hochemotionale Thema Gesprächsstoff.

Appelle aus Politik und Wissenschaft: Lasst euch impfen!

Ein Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für eine Beendigung der Corona-Notlage wird seit Tagen kontrovers diskutiert. Die Sieben-Tage-Inzidenz erreichte am Wochenende erstmals seit Mitte Mai den Wert von 100. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche am Samstag mit exakt 100,0 an - vor einer Woche hatte der Wert noch bei 70,8 gelegen.

Mit der Zunahme der Infektionszahlen wuchsen zuletzt auch wieder Sorgen vor einer Überlastung des Gesundheitssystems, was dauerhaft getestete und strengen Hygienekonzepten unterliegende Menschen wie Kimmich nicht belasten. Hier kann aber über die Vorbildfunktion diskutiert werden.

Unabhängig von der emotionalen Debatte im Fußball gilt: Zahlreiche Politiker und Experten hatten in den vergangenen Wochen wiederholt an unschlüssige Bürgerinnen und Bürger appelliert, sich impfen zu lassen. Bisher haben sich laut den offiziellen Meldedaten knapp 70 Prozent mindestens eine Dosis gegen COVID-19 spritzen lassen.

Gut 66 Prozent gelten als vollständig geimpft. Die RKI-Zielimpfquoten lauten: mindestens 85 Prozent bei den 12- bis 59-Jährigen und mindestens 90 Prozent bei Menschen über 60. Zudem werden Maske, Abstand & Co. bis zum Frühjahr empfohlen. (dpa/mf)

Jeder zweite COVID-Patient hat Langzeitfolgen - nach einem Jahr

Etwa die Hälfte der Corona-Krankenhauspatienten hat nach einem Jahr noch mit Langzeitfolgen zu kämpfen. Das ist das Ergebnis einer chinesischen Studie, die nun in der Fachzeitschrift "The Lancet" erschien. Auch nach einem Jahr sei einer von drei COVID-19-Erkrankten noch kurzatmig.
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