Spanien erlebt die zweite Welle. Die Zahl der Corona-Infektionen steigt im beliebten Urlaubsland deutlich an. Es gibt immer mehr Tote, die Kliniken sind jetzt schon überfüllt. Ein erneuter Lockdown soll die Spanier vor dem endgültigen Kollaps retten, doch jetzt schon kämpft das Land mit den Folgen der Pandemie.
Spanien kämpft derzeit wie kaum ein anderes Land in Europa mit der Corona-Pandemie. Die Lage hat sich in den vergangenen Wochen dramatisch zugespitzt.
In keinem anderen Land in Europa infizieren sich momentan so viele Menschen mit Corona wie hier. Aktuell gibt es in Spanien laut Gesundheitsministerium knapp 750.000 bestätigte Infektionen mit SARS-CoV-2 sowie über 31.400 Todesopfer (Stand: 28. September, 21:38 Uhr). Am Dienstag gab das spanische Gesundheitsministerium 10.799 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden bekannt. Im Vergleich: In Deutschland, das ungefähr doppelt so viele Einwohner hat, waren es am selben Tag knapp 1.800 Neuinfektionen.
Die Lage in Spanien eskaliert seit Ende Juli. Und das, obwohl das Land zu Beginn der Pandemie im März die strengsten Ausgangsbeschränkungen in ganz Europa hatte.
Das hat Spuren hinterlassen. Bis vor Kurzem sollte es eine landesweite Maskenpflicht richten – und trotzdem kam die zweite Welle.
Zweite Welle erreicht Spanien
Wer ist schuld? Wenn man die Menschen auf den Straßen Spaniens fragt, ist es die Regierung. Diese hatte zum Sommerbeginn die Auflagen zur Pandemie gelockert. Schließlich wollte man die Touristen nicht vergraulen, sondern wieder zu sich locken.
Die Wirtschaft sollte angekurbelt werden – doch der Preis war hoch. Jetzt droht der Kollaps: Wirtschaft brach im zweiten Quartal um 18 Prozent ein.
Besonders dramatisch ist die Lage in der Hauptstadt Madrid. In der Hauptstadtregion kletterte die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag auf 331 Infektionsfälle pro 100.000 Einwohner.
In den südlichen Stadtteilen, in denen viele ärmere Familien und Einwanderer auf engstem Raum zusammenleben, lag der Referenzwert zum Teil sogar bei über 600. Zum Vergleich: Die bayerische Landeshauptstadt München verkündete strengere Maßnahmen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 50 pro 100.000 Einwohner. In ganz Deutschland liegt der Wert im Schnitt momentan noch bei 13 pro 100.000 Einwohner.
Erste Ausgangssperren für Viertel in Madrid
Auch die Regierung reagiert auf den Anstieg der Fälle. In vielen spanischen Städten und Gemeinden gibt es erneut drastische Ausgangsbeschränkungen. Im Großraum Madrid sperrte die Regierung 37 südliche Stadtteile und Vororte ab.
Fast eine Million Menschen sind von den Maßnahmen betroffen. Verlassen dürfen sie ihr Viertel nur noch, um zu arbeiten, zur Schule oder zum Arzt zu gehen. Ansonsten heißt es: abwarten und auf Besserung hoffen.
Die Regierung hofft, mit der Isolation der Wohnviertel die Pandemie einzudämmen. Noch am vergangenen Freitag hieß es, man könne nicht ausschließen, die komplette Hauptstadtregion mit ihren 6,7 Millionen Bewohnern isolieren zu müssen.
Spaniens Gesundheitsminister Salvador Illa sagte laut "Tagesspiegel": "Die Lage ist besorgniserregend." Er forderte alle Bewohner Madrids auf, zu Hause zu bleiben.
Die Menschen in Madrid sind verzweifelt, wütend und traurig. Viele Bewohner der isolierten Wohnviertel demonstrierten in dieser Woche gegen die lokalen Ausgangssperren. In den ärmeren Vierteln sind die Wohnungen klein, Quarantäne kaum auszuhalten.
Harte Wochen für Spaniens Bewohner
Auch Spaniens Krankenhäuser kämpfen mit der aktuellen Lage. Die zweite Welle macht sich in den Kliniken bemerkbar. Laut der Zeitung "El Confidencial" behandelt das Universitätsklinikum in Madrid aktuell 287 Menschen.
Die allgemeinen Intensivstationen sind bereits vollständig mit an COVID-19 Erkrankten belegt. Patienten mit akuten anderen Erkrankungen würden bereits ausgelagert. Auch in anderen Kliniken sieht es ähnlich aus. Ein Drittel aller Madrider Krankenhäuser ist voll. Ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems droht.
Reisen nach Spanien? Auf keinen Fall
Noch ist die Lage zwar nicht ganz so dramatisch wie im Frühjahr, dennoch muss mit einem weiteren Anstieg der Zahlen gerechnet werden. Zu Beginn der Pandemie starben an manchen Tagen landesweit mehr als 900 Menschen an COVID-19.
Reisen nach Spanien sollten derzeit nicht unternommen werden. Deutschland stuft ganz Spanien als Risikogebiet ein. Auch die kanarischen Inseln sollten gemieden werden. Österreich und die Schweiz warnen ebenfalls vor Reisen nach Spanien.
Wer dennoch ins Risikogebiet reist, muss bei der Rückreise einen Corona-Test machen und sich in Quarantäne begeben. Im ganzen Land gilt eine Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes – und zwar an allen öffentlichen Orten draußen wie drinnen sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer sich weigert, muss mit einer Geldstrafe rechnen.
Landesweit wurden außerdem alle Diskotheken und Bars geschlossen. Restaurants und Cafés dürfen derzeit maximal bis 1:00 Uhr nachts öffnen. In Madrid gibt es neben den Ausgangsbeschränkungen in einigen Stadtteilen auch Kontaktbeschränkungen: Es dürfen sich in der gesamten Hauptstadtregion nur mehr maximal sechs Personen treffen. Auch auf Mallorca und Ibiza muss man wieder mit lokalen Ausgangsbeschränkungen rechnen.
Verwendete Quellen:
- Tagesspiegel.de: Der Albtraum kehrt zurück nach Madrid
- World Health Organization: Spanische Fallzahlen
- Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard
- Robert Koch-Institut: Täglicher Lagebericht des RKIzur Coronavirus-Krankheit-2019 (25.09.2020)
- European Center for Disease Prevention and Control: COVID-19 Dashboard
- Auswärtiges Amt: Spanien: Reise- und Sicherheitshinweise
- El Confidential: Dentro del hospital con más ingresos de covid-19: "Está muriendo gente joven"
- DPA: Minus 18,5 Prozent: Spaniens Konjunktur bricht total ein
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