Die Politik setzt große Hoffnungen in eine Tracking-App, mit der Kontakte von Corona-Infizierten nachvollzogen werden sollen. Doch werden damit Datenschutz und Privatsphäre untergraben?
Die Bundesregierung setzt große Hoffnungen in eine App zur Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten, die aktuell in Berlin getestet wird. Kanzlerin
Die Regierung suche "mit Hochdruck" gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut (RKI) nach einer Lösung, die für Deutschland funktionieren könne, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer.
Kanzleramtsminister
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte, die Nachverfolgung von Kontaktpersonen von Corona-Infizierten sei "digital einfacher, als wenn jemand im Gesundheitsamt anfängt zu telefonieren". Außerdem könne ein Infizierter ja nicht wissen, wie jemand zu kontaktieren sei, der neben ihm im Bus gesessen habe, ergänzte Demmer.
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Die schnelle Verfügbarkeit einer solchen Technik gilt als eine Möglichkeit, die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, wenn irgendwann die aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens gelockert werden.
App setzt auf Bluetooth-Technologie
Technisch setzt das Projekt auf der Bluetooth-Technologie auf, die bereits im Einzelhandel verwendet wird, um Kunden auf Sonderangebote in der Nähe aufmerksam zu machen.
- Hat man die App installiert, sendet das Smartphone regelmäßig per Bluetooth eine ID, quasi wie ein kleiner mobiler Leuchtturm.
- Gleichzeitig lauscht die App auf die ID-Signale der anderen Nutzer, die sich in der Nähe befinden. Befinden sich zwei Anwender in der Reichweite des anderen, tauschen sie ihre IDs aus und speichern sie verschlüsselt lokal ab. Damit unterscheiden sie sich fundamental von den asiatischen Pranger-Apps, die gleichzeitig auch die GPS-Signale aufzeichnen und das gesamte Datenpaket an staatliche Stellen melden.
- Bei einer Annäherung an eine infizierte Person schlägt die App nur nachträglich Alarm. Der Anwender wird nur über die Tatsache informiert, dass es sich in der Nähe eines infizierten Menschen befunden hat. Man erfährt dabei nicht, wer die infizierte Person war oder wo man sich begegnet ist.
Erste Tests mit Soldaten der Bundeswehr
Getestet wurde die App mithilfe der Bundeswehr. In der Berliner Julius-Leber-Kaserne beteiligten sich am Mittwoch etwa 50 Soldaten an der sogenannten Kalibrierung einer Technologie zum Corona-Tracking.
Fertig ist die Tracking-App noch nicht; bisher gibt es ein offenes technisches Konzept namens PEPP-PT, das von einem Team von rund 130 Mitarbeitern aus 17 Instituten, Organisationen und Firmen in Europa entwickelt wurde. Im Gegensatz von Tracking-Apps aus Asien sollen Infizierte nicht an den Pranger gestellt werden.
Kritik an Tracking-App - Sorge um Datenschutz
Auf der Website des Projektes Pepp-PT erklären die Initiatoren, eine Gesundheitskrise dürfe nicht zu einer Schwächung der Privatsphäre führen, für die so viele Generationen zuvor gekämpft hätten.
Doch genau diese befürchten Kritiker. Zwar sollen Daten anonymisiert verwendet werden und am Ende auch wieder gelöscht, doch gibt es auch Befürchtungen, dass die Überwachung nach dem Ende der Pandemie nicht einfach so zurückgefahren werde. Politiker und Datenschützer sehen jedoch keinen zwingenden Widerspruch zwischen Privatsphäre, Datenschutz und der Tracking-App.
Auch der Digitalverband Bitkom und der Chaos Computer Club haben sich mittlerweile geäußert und sehen bei Freiwilligkeit und einer Speicherung von Daten, die "dezentral, anonym und sparsam" ist, keine Gründe gegen die App. Linus Neumann vom Chaos Computer Club wirft der Bundesregierung sogar vor, sie habe mit der Debatte über das technisch zu ungenaue und datenschutzrechtlich fragwürdige Konzept von Spahn wertvolle Zeit vergeudet, anstatt gleich auf die bessere Bluetooth-Variante zu setzen. (dpa/dh)
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