• Mit einer Großrazzia in Berlin und Brandenburg sind Spezialeinsatzkommandos und hunderte Polizisten gegen kriminelle Clans und Familien vorgegangen.
  • Hintergrund der Aktion ist unter anderem die Suche nach einem weiteren Beteiligten an dem Einbruch ins Grüne Gewölbe in Dresden.
  • Die stundenlangen Durchsuchungen führten zur Festnahme von zwei Verdächtigen.

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Erneut hat die Polizei zu einem Schlag gegen die Clankriminalität ausgeholt. Mit einer Großrazzia und Hunderten Polizisten sowie Spezialeinsatzkommandos (SEK) gingen die Ermittler am Donnerstag in Berlin gegen kriminelle Mitglieder eines bekannten arabischstämmigen Clans und weitere Verdächtige aus der organisierten Bandenszene vor.

Hintergrund sind laut Staatsanwaltschaft unter anderem die gewalttätigen Revierkämpfe zwischen Mitgliedern des Clans und "russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft", wie die Berliner Polizei am Donnerstagmorgen über Twitter mitteilte. Beide Gruppen waren im November 2020 mehrfach gewalttätig aufeinander losgegangen.

Außerdem ging es um organisierten Waffen- und Drogenhandel, Körperverletzungen sowie Ermittlungen des Finanzamtes zu Steuerhinterziehungen und anderen Delikten.

Durchsuchungen an 22 Orten in Berlin

Durchsuchungen gab es in den Stadtteilen Neukölln, Spandau, Wedding, Moabit, Schöneberg und Reinickendorf, wie die Polizei über Twitter mitteilte. Zwei Verdächtige wurden demnach festgenommen. Es gab 30 Durchsuchungsbeschlüsse, die an 22 Orten vollstreckt wurden.

An den mehr als 20 Durchsuchungen unter Federführung des Berliner Landeskriminalamts (LKA) und der Staatsanwaltschaft waren auch das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei mit dem Spezialeinsatzkommando GSG9, die Brandenburger Polizei und die Steuerfahndung beteiligt. Rund 500 Polizistinnen und Polizisten aus Berlin, Brandenburg und von der Bundespolizei seien im Einsatz gewesen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erklärte über ihren Sprecher Benjamin Jendro, der Rechtsstaat müsse zeigen, "dass er präsent ist und sich Organisierte Kriminalität nicht lohnt".

Zwischen neuen tschetschenischen Banden, die zunehmend aktiver würden, und bestehenden Gruppen sei eine "extreme Konkurrenzsituation um kriminelle Geschäftsfelder entstanden, bei der die Beteiligten auch vor schwersten Gewalttaten und Waffeneinsatz nicht zurückschrecken". Mitglieder arabischer Großfamilien seien in vielen Bereichen aktiv und würden in mehreren OK-Ermittlungskomplexen auftauchen.

Razzia steht in Zusammenhang mit dem Raub im Grünen Gewölbe

Erst im Herbst und Winter wurden vier Mitglieder der Großfamilie, die auch jetzt im Zentrum der Razzia stand, wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Juwelendiebstahl in der Dresdner Schatzkammer Grünes Gewölbe festgenommen. Ein fünfter Verdächtiger aus der Familie konnte fliehen und wurde noch nicht gefasst.

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Am 7. November 2020 hatte zudem eine Gruppe Tschetschenen mit Schlagstöcken und Messern einen Spätkauf in Neukölln überfallen, der mit dem bekannten Clan in Verbindung stehen soll. Es gab mehrere Verletzte.

Noch am gleichen Abend und am nächsten Tag prügelten Männer am Bahnhof Gesundbrunnen im Norden Berlins auf Männer aus der tschetschenisch-russischen Szene ein. Dann tauchten im Internet Fotos und ein Video von einem angeblichen Friedensgespräch zwischen Abgesandten der gegnerischen Banden und einem prominenten Boxer als Vermittler auf.

Clan- und andere organisierte Kriminalität ist seit Längerem in Berlin und in anderen Bundesländern ein Thema. Vor zwei Jahren stellten der Berliner Senat und die Kriminalpolizei einen Fünf-Punkte-Plan gegen die Clankriminalität vor.

Burkard Dregger: "Clans verstehen nur die Sprache der Härte"

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, hatte sich am Abend vor den polizeilichen Durchsuchungen für mehr Mittel im Kampf gegen Clankriminalität ausgesprochen.

"Diejenigen, die so verfestigt in ihren Clanstrukturen sind, die unsere Rechtsordnung und gesetzlichen Institutionen missachten, verstehen nur eine Sprache, und das ist die Sprache der Härte", sagte Dregger laut RBB in der Fernsehsendung "Wir müssen reden". Allerdings verfüge die Berliner Polizei überhaupt nicht über die technischen Mittel, um beispielsweise Telefone zur Strafverfolgung abzuhören.

Oberstaatsanwalt Thorsten Cloidt aber bestätigte nach Beendigung des Einsatzes: "Beide Verhaftungen beruhten auf EncroChat".

60.000 Teilnehmer hätten den aufwendig verschlüsselten Chatdienst genutzt. Die Kriminellen fühlten sich bei ihrer Kommunikation sehr sicher, weil es hieß, die Technik sei nicht zu knacken.

Das Eindringen in die technische Infrastruktur des Anbieters habe dann "Schockwellen durch organisierte Verbrecherbanden quer durch Europa" geschickt, hieß es damals von der Justiz.

Es gab in verschiedenen Ländern bereits Hunderte Festnahmen, Drogen und Bargeld in Millionenhöhe wurden beschlagnahmt. Auch das deutsche BKA soll Millionen Chatnachrichten zum Auswerten erhalten haben.

Laut Staatsanwaltschaft waren Datensätze, die von der französischen Polizei über das Bundeskriminalamt (BKA) nach Berlin gekommen seien, entscheidend, um Ermittlungen wegen Drogenhandels und Handels mit Kriegswaffen gegen die Männer im Alter von 44 und 22 Jahren zu führen. Cloidt sprach von zehn bis 20 Maschinenpistolen, um die es unter anderem gegangen sei.

EncroChat liefert entscheidende Hinweise auf Straftaten

Erkenntnisse über schwere Kriminalität, Drogen- und Waffenhandel habe man natürlich immer gehabt, sagte Cloidt. "Aber eben nicht in solcher Klarheit, wie sie uns jetzt durch EncroChat präsentiert werden."

Oberstaatsanwalt Georg Bauer sagte über die abgehörten und entschlüsselten Chats und Gespräche aus dem Zeitraum April bis Juni 2020: "Es handelt sich um Erkenntnisse, die ausgesprochen wertvoll sind und die zu Verfahren führen, die inhaltsschwer, die lohnend sind." Es gehe ausschließlich um Schwerstkriminalität und Bandenkriminalität. "Die Ermittlungsbehörden waren über diese Erkenntnisse, um es zurückhaltend auszudrücken, sehr erfreut." (dpa/hau)

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