• Laut Medienberichten hat der chinesiche Konzern Huawei ein System geprüft, das Angehörige der im Land unterdrückten Minderheit der Uiguren allein am Gesicht erkennt.
  • Der Fußballprofi Antoine Griezmann reagiert auf die Vorwürfe mit der Kündigung seines Werbevertrags mit Huawei.
  • Huawei bestreitet zwar die Vorwürfe, bestätigt allerdings die Existenz der Technik.

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Der chinesische Technologiekonzern Huawei hat laut Medienberichten offenbar ein System getestet, mit dem die überwiegend muslimische Minderheit der Uiguren überwacht werden könnte.

Unter Berufung auf ein internes Huawei-Dokument berichtet die "Washington Post", dass mit dem System Uiguren auf Videoaufnahmen automatisch identifiziert werden können.

Huawei soll laut dem Medienbericht im Jahr 2018 mit dem chinesischen Software-Startup Megvii zusammengearbeitet haben, um ein Kamerasystem zu testen, dass mithilfe von künstlicher Intelligenz Gesichter erkennen kann. Megvii ist einer der führenden chinesischen Entwickler von Gesichtserkennungssoftware.

Demnach kann das System Videoaufzeichnungen durchleuchten und anhand der Aufnahmen von Gesichtern etwa das Alter, das Geschlecht sowie die Ethnie der Person abschätzen.

Das Huawei-Dokument, bei dem es sich um eine Art Präsentation handelt, soll zuerst von IPVM, einer Expertenorganisation für Videoüberwachung, entdeckt worden sein. Es soll sich auf der Website von Huawei befunden haben.

Software kann einen "Uiguren-Alarm" auslösen

Nach einer Anfrage an das Unternehmen durch IPVM und Journalisten verschwand die Datei offenbar von der Website. In der Präsentation hieß es, mit der Software könne man einen "Uiguren-Alarm" auslösen.

Das könnte so aussehen, dass die Software bei Identifikation eines Angehörigen der uigurischen Minderheit einen "Alarm" auslöst, mit dem dann theoretisch Behörden benachrichtigt werden könnten, heißt es in dem Bericht der "Washington Post".

Die "Human Rights Watch" (HRW), eine Organisation, die international für die Wahrung der Menschrechte eintritt, erklärte zudem, in der Provinz Xinjiang seien Muslime festgenommen worden, nachdem sie mit einer Software identifiziert worden seien.

In China, vornehmlich in der nordwestlichen Provinz Xinjiang, leben rund zwölf Millionen Uiguren. Sie sind chinesische Staatsbürger, werden aber von der kommunistischen Führung in vielen Lebensbereichen benachteiligt und regelmäßig schikaniert.

"China Cables" offenbaren Internierung von Hunderttausenden Uiguren in China

Ende 2019 veröffentlichten renommierte Journalisten von unterschiedlichen internationalen Medienhäusern die sogenannten "China Cables". Grundlage dafür waren von der Kommunistischen Partei Chinas verfasste geheime Papiere.

Die Dokumente zeigten, dass China Lager unterhält, in denen offenbar zwischen einigen Hunderttausend bis zu einer Million Menschen interniert sind, darunter größtenteils Uiguren.

Wenige Monate später waren weitere Details ans Licht gekommen. Dabei wurden die willkürlichen Gründe für die Inhaftierung von Uiguren in Umerziehungslagern genannt. Beispiele dafür waren etwa das Tragen von Kopftuch oder Bärten, die Beantragung eines Passes, eine Pilgerfahrt oder der Besitz religiöser Bücher.

Die HRW nennt die Gesichtserkennungs-Software "schockierend". Maya Wang, die China-Expertin der HRW, zeigte sich nicht überrascht von den Vorwürfen: "Das passt ins Bild. Denn die chinesischen Sicherheitsbehörden überwachen und verfolgen schwerpunktmäßig Uiguren", sagt Wang.

Fußballstar Antoine Griezmann kündigt Werbevertrag mit Huawei

Als Reaktion auf die Vorwürfe hat der französische Fußballstar Antoine Griezmann seinen Werbevertrag mit Huawei mit sofortiger Wirkung beendet. Der französische Nationalspieler protestiert damit nach eigenen Angaben vom Donnerstag gegen die Unterdrückung der muslimischen Minderheit in China.

Der Stürmer des FC Barcelona erklärte, dass er wegen des sogenannten "Uiguren-Alarms" seine "Partnerschaft mit Huawei mit sofortiger Wirkung" kündige.

Der Fußballstar rief Huawei auf, sich aktiv für eine Besserstellung der Uiguren in China einzusetzen. Die Huawei-Niederlassung in Frankreich kommentierte den Schritt vorerst nicht.

Der Konzern Huawei hat die Vorwürfe indes zurückgewiesen, die Existenz der Technik allerdings bestätigt. Das System sei nur ein Test gewesen und werde nicht angewendet, erklärte ein Sprecher dem "Spiegel".

Ein Firmensprecher von Megvii sagte außerdem der "Washington Post", die Produkte des Unternehmens seien nicht dazu gemacht, gegen ethnische Gruppen eingesetzt zu werden.

Verwendete Quellen:

  • AFP
  • spiegel.de: "Huawei soll Gesichtserkennung mit "Uiguren-Alarm" getestet haben"
  • tagesschau.de: "Kamera-Software soll Uiguren erkennen"

"Kultureller Genozid": Chinas Umgang mit den Uiguren

Öfter schon hat es Berichte über Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in China gegeben. Jetzt hat das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten Dokumente veröffentlicht, die das Ausmaß belegen sollen. (Vorschaubild: picture alliance/AP Photo/Richard Drew) © ProSiebenSat.1
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