Vor eineinhalb Wochen war im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen eine Nagelbombe gefunden worden. Nun scheint klar, wer sie gebaut hat: Ein 12-jähriger Junge mit deutscher und irakischer Staatsbürgerschaft. Dieser hatte offenbar einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt geplant - das Motiv hat möglicherweise einen islamistischem Hintergrund.
Laut dem "Focus" soll ein 12-Jähriger versucht haben, einen Terroranschlag zu verüben. Die Bundesanwaltschaft ist eingeschaltet und hat Ermittlungen bestätigt, allerdings ohne Einzelheiten zu nennen.
Dem Nachrichtenmagazin zufolge habe das Kind versucht, am 26. November den selbstgebastelten Sprengsatz auf einem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen zu zünden. Der Zündmechanismus habe aber nicht funktioniert. Dabei bezieht sich der "Focus" auf Angaben der Justiz- und Sicherheitsbehörden.
Vor eineinhalb Wochen wurde dann ein Rucksack mit der Nagelbombe - ein mit Sprengstoff gefülltes Konservenglas - in einem Gebüsch nahe dem Ludwigshafener Rathaus gefunden. Auch hier kam es nicht zu einer Explosion.
Bislang gibt es viele Fragen zu dem Fall - aber nur wenige Antworten. Was bekannt ist - und was nicht:
Was bisher bekannt ist ...
- ... zu dem mutmaßlichen Täter: Der 12-Jährige, der sowohl die deutsche als auch die irakische Staatsbürgerschaft hat, wurde in Ludwigshafen geboren und wohnte dort auch während der Vorfälle. Das sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber. Wegen des Umfeldes des Kindes habe er die Bundesanwaltschaft informiert, auch das Jugendamt sei eingeschaltet. Der 12-Jährige befindet sich nach Angaben der Stadt Ludwigshafen aktuell in einer geschützten Einrichtung.
- ... zu Ermittlungen: Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf Ermittlungen gegen das Kind - weil es noch keine 14 Jahre alt ist und damit strafunmündig. Allerdings muss eine Straftat nicht folgenlos bleiben. Das Jugendamt oder der Vormundschaftsrichter können sich einschalten, den Eltern kann auch das Sorgerecht entzogen werden. Zudem ermittelt die Bundesanwaltschaft.
- ... zu dem Sprengsatz: "Die Polizei hat aus diesem Glas eine Substanz entnommen und entzündet. Und sie war brennfähig", sagte Ströber. Experten des Landeskriminalamtes fanden heraus, dass das Material, das sich in dem Glas befand, aus Feuerwerkskörpern und Wunderkerzen gewonnen wurde.
- ... zu dem Fundort des Sprengsatzes: Gesichert ist, dass das Glas am 5. Dezember 2016 in der Nähe des Rathaus-Centers abgelegt wurde. Das Center ist ein 1979 eröffnetes Hochhaus, in dem das Rathaus und ein Einkaufszentrum untergebracht sind. Wegen der Tasche waren damals der Bereich rund um das Center sowie eine Bundesstraße zeitweise gesperrt worden.
Was bisher nicht gesichert ist ...
- ... zu dem möglichen Motiv des 12-Jährigen: Der "Focus" berichtete, dass der Junge nach Erkenntnissen der Ermittler religiös radikalisiert und von einem unbekannten Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angestiftet oder angeleitet worden sein könnte. Das wurde bislang offiziell nicht bestätigt.
- ... zu einer möglichen Radikalisierung des 12-Jährigen: Terrorismusexperte Peter Neumann vom King's College in London sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass sich der Junge im Internet radikalisiert haben könnte: "Dort könnte der Junge mit einem Rekruteur in Syrien in Kontakt gekommen sein, der ihn gewissermaßen über Messenger-Dienste in Echtzeit ferngesteuert hat", so der Radikalisierungsforscher. "Das hatten wir ja auch schon in Hannover gesehen Anfang des Jahres, auch in Ansbach und Würzburg. Das ist ein neuer Modus Operandi."
- ... ob man von einem islamistischen Terroristen sprechen kann: Der Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, erklärt, dass man nicht von einem Terrorristen sprechen könne: "Ich habe Schwierigkeiten damit, einen Zwölfjährigen als Terroristen anzusehen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Das macht Sinn, wenn Leute anfangen, sich für Politik zu interessieren, mit 15 oder 16. Aber wie politisch kann jemand sein mit 12 Jahren. Da stellt sich eher die Frage: Was ist im Umfeld los? Denn das kann ja nicht seine Idee gewesen sein."
- ... zu der Gefährlichkeit des Sprengsatzes: Angaben des "Focus", wonach Spezialisten nach der Entdeckung eines mit Pulver gefüllten Konservenglases am 5. Dezember einen Teil der "hochbrisanten Mischung" gesprengt hätten, bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Ströber nicht. Laut dem Nachrichtenmagazin gehe nicht aus den Akten hervor, wie sich das Pulvergemisch verhalten hätte, wenn es im Glas entzündet worden wäre. Ursprünglich hatte die Polizei mitgeteilt, dass das Material zwar brennbar, aber nicht explosionsfähig gewesen sei. Der "Focus" schreibt hingegen, dass in dem Rucksack eine selbst gebaute Zündvorrichtung gewesen sei.
- ... zu den Konsequenzen für den mutmaßlichen Täter: Die Bundesregierung ist alarmiert. "Das ist natürlich eine Meldung, die jeden aufschrecken lässt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Weiter wolle er sich zu dem Fall nicht äußern. Nur so viel: "Ich halte es für das Richtige, den Generalbundesanwalt ermitteln zu lassen." Dieser ermittelt offenbar wegen des Verdachts einer "schweren staatsgefährdenden Gewalttat". Eine Stellungnahme liegt jedoch nicht vor. Ein Sprecher des Justizministeriums sagte, nur weil jemand nicht strafmündig sei, bedeute dies noch lange nicht, "dass keine Strafbarkeit vorliegt". Was das für Konsequenzen haben könnte, muss abgewartet werden.
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