Alexej Nawalny ist offenbar tot. Der russische Oppositionelle und Kremlkritiker soll russischen Behördenangaben zufolge in Haft gestorben sein. Er war in einer Strafkolonie in der russischen Polarregion untergebracht.

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Der führende russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben der Justiz in Haft gestorben. Das teilte die Gefängnisverwaltung mit, wie die staatliche Agentur Tass meldete.

Der 47-Jährige sei am Freitag nach einem Spaziergang in seiner sibirischen Strafkolonie zusammengebrochen und habe sofort das Bewusstsein verloren. Wiederbelebungsversuche von Sanitätern hätten keinen Erfolg gehabt.

Kein Kommentar von Nawalnys Anwalt

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Präsident Wladimir Putin sei in Kenntnis gesetzt worden. Weitere Details nannte er zunächst nicht.

Das Team des inhaftierten russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny hat nach eigenen Angaben bisher noch keine direkte Bestätigung seines Todes erhalten. Das schrieb seine Sprecherin Kira Jarmysch am Freitag im Portal X.

Ein Anwalt sei gemeinsam mit Verwandten auf dem Weg zum Straflager im hohen Norden Russlands, werde dort aber voraussichtlich erst am Samstagmorgen eintreffen, sagte Jarmysch am Freitagabend während einer Liveschalte auf Youtube. "Bis zu diesem Moment können wir keine Bestätigung bekommen. Deshalb können wir die Berichte all der Kreml-Nachrichtenagenturen darüber, dass Nawalny tot ist, offiziell nicht bestätigen oder dementieren."

Bislang gebe es nur die allgemeine Mitteilung des Justizvollzugssystems im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen über den Tod Nawalnys im Straflager, sagte sie. Nawalnys Anwalt sei unterwegs in das Lager IK-3 in dem Ort Charp nördlich des Polarkreises. "Sowie wir Informationen haben, werden wir berichten", schrieb Jarmysch.

Nawalnys Anwalt Leonid Solowjow sagte der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta": "Auf Entscheidung von Alexej Nawalnys Familie kommentiere ich überhaupt nichts."

Nawalnys deutscher Anwalt: Er machte am Donnerstag noch einen fitten Eindruck

Nawalnys deutscher Anwalt Nikolaos Gazeas zeigte sich von der Nachricht zum Tod des russischen Oppositionspolitikers überrascht. Noch am Donnerstag habe Nawalny per Videoschalte an einer Verhandlung in Russland teilgenommen, sagte Gazeas dem "Kölner Stadt-Anzeiger" laut Mitteilung vom Freitag. Auf den Bildern von der Verhandlung habe Nawalny "wie üblich einen fitten und starken Eindruck gemacht".

Gazeas sagte der Zeitung weiter, dass ein russischer Anwalt Nawalny am Mittwoch besucht habe. "Da ging es ihm den Umständen entsprechend gut."

Unabhängige russische Medien veröffentlichten kurz nach der Nachricht von Nawalnys Tod ein Video, das den Oppositionellen während eines Gerichtstermins am Donnerstag zeigen soll. Nur einen Tag vor seinem Tod habe Nawalny den Umständen entsprechend noch "fröhlich, gesund und munter" gewirkt, schrieben etwa die Journalisten des Kanals "Sota" am Freitag auf Telegram. Dazu zeigten sie einen rund 30 Sekunden langen und tonlosen Clip, auf dem zu sehen ist, wie Nawalny spricht und lächelt. Er war demnach per Videoschalte in den Gerichtssaal zugeschaltet.

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Nawalny kehrte im Januar 2021 nach Russland zurück und wurde zu 19 Jahren Straflager verurteilt

Nawalny war nach seiner Rückkehr nach Russland unter anderem wegen angeblichem "Extremismus" zu insgesamt 19 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. International wird der Politiker, der 2020 nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebte, als politischer Gefangener eingestuft. Menschenrechtsorganisationen forderten seit langem Nawalnys Freilassung.

Nawalny Kurzbiografie
© dpa-infografik GmbH

Nachdem er in Deutschland wegen der Folgen des Giftanschlags behandelt worden war, kehrte Nawalny am 17. Januar 2021 nach Russland zurück - und wurde noch am Flughafen verhaftet. Schon im vergangenen Dezember war er über mehrere Wochen verschwunden.

Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hatte. Nawalny vermutete, dass er dort vor der anstehenden Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden sollte.

Nawalny führte immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzte die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beißenden Kritik an Putins autoritärem System und Moskaus Krieg gegen die Ukraine. Zuletzt wurde Nawalny mit Beginn des Wahlkampfes zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet.

Anhaltende Sorge um Nawalnys Gesundheitszustand

Nawalny wurde international als politischer Gefangener anerkannt. Die USA, die EU sowie die Bundesregierung hatten sich in den vergangenen Wochen immer wieder besorgt gezeigt und die russische Führung aufgefordert, über Nawalnys Verbleib zu informieren. Russland wies dies aber als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurück.

Der Kreml teilte auch mit, dass er sich nicht um das Schicksal von Gefangenen in Russland kümmern könne. (dpa/AFP/ank/lag)

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