In Ankara wird ein türkischer Rüstungshersteller angegriffen. Die Regierung teilt am Abend mit, dass sie die PKK dahinter vermutet und fliegt weniger später Luftangriffe.
Nach dem Anschlag in Ankara mit mindestens fünf Toten hat die Türkei Ziele in Nordsyrien und im Nordirak aus der Luft angegriffen. Man habe 32 Ziele zerstört, teilte das türkische Verteidigungsministerium laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mit. "Unsere Luftangriffe werden auf entschlossene Weise fortgesetzt", hieß es weiter. Die türkische Regierung hatte wenige Stunden davor den Anschlag mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in Verbindung gebracht.
Die Türkei geht regelmäßig gegen die PKK mit Hauptquartier in den nordirakischen Kandilbergen vor, ebenso gegen die syrische Kurdenmiliz YPG im Norden Syriens, die sie als Ableger der PKK betrachtet.
Am Mittwochnachmittag waren bei einem Anschlag auf eines der bedeutendsten türkischen Rüstungsunternehmen mindestens fünf Menschen getötet und 22 verletzt worden. Auch die beiden mutmaßlichen Angreifer seien getötet worden, sagte Innenminister Ali Yerlikaya. Der Angriff trage die Handschrift der PKK, so der Minister.
Medien veröffentlichten Aufnahmen von Überwachungskameras, auf denen mutmaßliche Attentäter, ein Mann und eine Frau, mit Schusswaffen zu sehen waren. Der staatsnahe Sender DHA berichtete von drei Attentätern, die mit einem Taxi angekommen seien. Videoaufnahmen zeigten zudem eine Explosion, im Hintergrund hörte man Schüsse.
Anschlag auf "Augapfel" der heimischen Verteidigungsindustrie
Das Unternehmen Türkische Luft- und Raumfahrtindustrie (Tusas) ist eine Tochtergesellschaft der staatlichen Agentur für Verteidigungsindustrie. Die Firma ist unter anderem ein bedeutender Produzent von Kampfflugzeugen und Drohnen. Tusas hat etwa die Prototypen des türkischen Kampfflugzeuges Kaan mitentwickelt. Yerlikaya nannte die Firma einen «Augapfel» der heimischen Verteidigungsindustrie. Tusas hatte im Februar das erste überwiegend lokal entwickelte Kampfflugzeug Kaan erfolgreich getestet. Der Jet wurde dem Unternehmen zufolge gemeinsam mit dem Unternehmen BAE Systems entwickelt.
Laut dem Analysten Murat Yetkin werden Drohnen von Tusas sowohl im Kampf gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK als auch gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) von der Türkei eingesetzt.
Schwere Anschläge von mehreren Gruppen in der Vergangenheit
In der Türkei haben in der Vergangenheit sowohl der IS, die linksextremistische Revolutionäre Volksbefreiungsfront DHKP-C als auch die PKK schwere Anschläge verübt, auch in Ankara. Im Oktober 2023 etwa hatte sich ein Selbstmordattentäter vor dem Innenministerium in Ankara in die Luft gesprengt, zwei Beamte wurden verletzt. Die PKK bekannte sich zu dem Anschlag. Die türkische Regierung reagierte mit Dutzenden Festnahmen innerhalb der Türkei und Luftschlägen im Nordirak, wo das PKK-Hauptquartier liegt.
Der jetzige Anschlag ereignet sich, kurz nachdem die Ultranationalisten der Partei MHP überraschend eine mögliche Freilassung des PKK-Führers Abdullah Öcalan thematisiert hatten. Die MHP ist Erdogans Regierungspartner. Ihr Chef Devlet Bahceli hatte dies jedoch an eine Entwaffnung der Terrororganisation geknüpft. Beobachter werten dies als ein Zeichen dafür, dass es möglicherweise zu einem neuen Friedensprozess zwischen Regierung und PKK kommen könnte. Der letzte Versuch war 2015 gescheitert. Ob ein Zusammenhang zu dem Anschlag besteht, war völlig unklar.
Scholz reagiert umgehend
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich angesichts des Anschlags "erschüttert". Auf X schrieb er: "Wir verurteilen Terrorismus in jeder Form aufs Schärfste und stehen an der Seite unseres Partners Türkei." Auch das Auswärtige Amt reagierte "entsetzt" auf den Angriff.
Der russische Präsident Wladimir Putin, der sich mit Erdogan in der russischen Millionenstadt Kasan am Rande des Brics-Gipfels zu Gesprächen traf, drückte den Türken sein Beileid aus. Russland verurteile jede Form terroristischer Handlungen, "egal wodurch sie motiviert sind", sagte er. (dpa/bearbeitet von ank/fte/cgo)
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