Sie lehnen den deutschen Staat und wehren sich teils gewaltsam gegen seine Vertreter. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" machen den Behörden Ärger - und sie registrieren immer mehr Anhänger dieser Gruppen.
In Deutschland gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung mittlerweile 19 000 sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter. 950 von ihnen werden als Rechtsextremisten eingestuft, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
"Reichsbürger" und "Selbstverwalter" erkennen die Bundesrepublik, das Grundgesetz, Behörden und Gerichte nicht an, Teile der Szene sind gewaltbereit.
Für das Jahr 2017 ging das Bundesamt für Verfassungsschutz noch von etwa 16 500 "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" aus, im Jahr davor von 10 000 Personen. Die hohe Steigerung führt der Inlandsgeheimdienst auf die "fokussierte Aufklärung des Phänomens" zurück.
1.200 "Reichsbürger" mit Waffen registriert
Anders die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic: "Die Zahl der Reichsbürger mit ihren staatsumstürzlerischen Plänen steigt und steigt", sagte sie.
Zugleich sei die Erfassung von Straftaten und des Gefahrenpotenzials noch in den Kinderschuhen, obwohl die Gruppierungen seit zwei Jahren untersucht würden.
Mihalic beklagte auch "analytische Scheuklappen", weil die Reichsbürger nicht generell als rechtsextremistisch eingestuft werden. "Denn diese rechtsextreme Bewegung ist hochbewaffnet und es stimmt sehr sorgenvoll, dass die Entziehung von waffenrechtlichen Erlaubnissen zu stagnieren scheint", sagte sie.
So waren zum 31. März 1200 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" mit waffenrechtlichen Erlaubnissen registriert. In vielen Fällen ziehen die Behörden die Erlaubnisse ein. Zum 30. Juni sank die Zahl der Erlaubnisse auf 920, stieg zum 30. September aber wieder auf 940.
Die Antwort der Bundesregierung liefert auch neue Zahlen zu politisch motivierten Straftaten. So wurden im laufenden Jahr bis zum 15. Oktober insgesamt 19 508 politisch motivierte Delikte erfasst. Davon ging der Großteil (11.774) auf das Konto von Rechten, weitere 3630 Taten waren linkspolitisch motiviert.
Zahlen sind vorläufig
In 1.521 Fällen war eine "ausländische Ideologie" der Hintergrund, was Gruppen wie zum Beispiel die kurdische Arbeiterpartei PKK umfasst. 299 Taten wurden einer "religiösen Ideologie" wie etwa dem Islamismus zugeschrieben.
Der Rest (2.284) konnte nicht zugeordnet werden. Das Innenministerium weist allerdings darauf hin, dass die Zahlen vorläufig sind und sich noch ändern können.
Bei den 66 bislang bekannten christenfeindlichen Taten liegen Rechte mit 28 Vergehen ebenfalls vorn, gefolgt von "religiöser Ideologie" - dazu zählen etwa Islamisten - mit 23 Taten. Auch 910 von 1015 antisemitischen Taten werden Rechten zugeordnet (ausländische Ideologie: 40).
Bei islamfeindlichen Delikten sieht das Bild ähnlich aus: 463 von 500 wurden nach aktuellen Erkenntnissen von Rechten verübt. © dpa
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