• Großbritanniens Premier Boris Johnson sieht sich in der Partygate-Affäre weiteren Anschuldigungen gegenüber.
  • Laut Medienberichten soll er während des Lockdowns mehr Feiern in der Downing Street besucht haben, als bisher bekannt.
  • Am Mittwoch sprach ein weiterer Parteikollege, Tobias Ellwood, Johnson das Misstrauen aus.

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Auch nach der Vorstellung des lang erwarteten Partygate-Berichts reißen die Nachrichten über Boris Johnsons Teilnahme an weiteren Lockdown-Partys in der Downing Street nicht ab.

Der "Guardian" berichtete am Mittwoch über eine Abschiedsfeier im Januar 2021, die von der Polizei geprüft wird und bei der Johnson auch dabei gewesen sein soll. Der "Telegraph" schrieb unter Berufung auf Insider-Quellen, Johnson habe auch an einer Feier in seiner eigenen Wohnung im November 2020 teilgenommen. Man habe ihn nach oben gehen sehen, wo laut Abba-Songs wie "The Winner Takes It All" gespielt worden seien, gab die Quelle an. Diese Party war erst durch den Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray bekannt geworden.

Nach der Veröffentlichung des Berichts, der den Verantwortlichen im britischen Regierungssitz Führungsversagen und schwere Verfehlungen bei der Einhaltung von Corona-Regeln vorwirft, wird mit Spannung beobachtet, wie viele Abgeordnete der konservativen Tory-Partei Johnson ihr Misstrauen aussprechen. Tun dies mindestens 54, käme es zu einem Misstrauensvotum.

Am Mittwoch sagte ein weiterer prominenter Tory, Tobias Ellwood, im Sky-News-Interview, er werde einen Brief an das zuständige Komitee schreiben und Johnson damit sein Misstrauen aussprechen. Wie viele dieser Briefe bereits eingegangen sind, ist unklar.

Am Mittwoch stand für den Regierungschef erneut die wöchentliche Befragung im Parlament auf der Agenda. Abgeordnete der Opposition und seiner eigenen Fraktion können ihn dabei zu Themen ihrer Wahl befragen. Sechs Fragen bekommt der Oppositionsführer Keir Starmer.

Johnson vergreift sich gegenüber Starmer im Ton

Zuletzt war Johnsons Replik auf die Erkenntnisse des Partygate-Untersuchungsberichts im Unterhaus zur Katastrophe geraten, wie ihm auch Parteifreunde bescheinigen. Es ging gut los: Johnson gab sich reumütig, kündigte wie von seiner konservativen Partei gefordert Änderungen in Stil und Personal an. Doch dann schien er sich zu sicher zu fühlen und griff zum Dreiklang seiner populistischen Palette: abwiegeln, ankündigen, attackieren. Die Taktik hat sich oft bewährt. Diesmal nicht.

Denn Johnson vergriff sich gegen die Labour-Partei im Ton. Oppositionsführer Starmer sagte er ins Gesicht, er habe in seinem früheren Amt als Chef der Staatsanwaltschaft den pädophilen BBC-Moderator Jimmy Savile vom Haken gelassen. Dabei ist der Vorwurf seit Langem widerlegt. Auch Parteifreunde distanzierten sich von der Attacke.

Intern kam auch nicht gut an, dass lange keine Klarheit herrschte, was von der endgültigen "Partygate"-Untersuchung nun eigentlich an die Öffentlichkeit gelangt. Am Dienstagabend kündigte Johnson bei einem Besuch in Kiew schließlich an: "Wir werden alles veröffentlichen, was wir können, sobald der Prozess abgeschlossen ist." Die Spitzenbeamtin Sue Gray als interne Ermittlerin hatte betont, ihr am Montag vorgelegtes "Update" sei wegen polizeilicher Ermittlungen "extrem eingeschränkt".  © dpa

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