• Klappt es rechtzeitig zu Weihnachten noch mit einem Brexit-Abkommen?
  • Vielerorts ist Zuversicht zu hören. Und nun gibt es auch greifbare Fortschritte.

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Im Streit über einen Brexit-Handelspakt haben sich die Europäische Union und Großbritannien am Mittwoch auf eine Einigung zubewegt. "Wir sind jetzt in der Endphase", sagte ein EU-Vertreter am Nachmittag. In London war aus britischen Regierungskreisen zu hören, eine Einigung noch am Mittwoch sei "möglich, aber alles andere als sicher".

"Die Zeichen stehen gut", sagte Irlands Premierminister Micheál Martin am Abend im irischen Fernsehen. Auch beim Schlüsselthema Fischerei, "scheint es heute das Gefühl zu geben, dass es zu einem Abschluss kommt".

Die Verhandlungen in Brüssel zogen sich bis in den Abend, ohne dass viel nach außen drang. Die EU-Seite gab sich weiter zuversichtlich. Es müssten noch Details geregelt werden, und das brauche Zeit, hieß es.

Kann ein harter wirtschaftlicher Bruch vermieden werden?

Beide Seiten verhandeln seit Monaten über einen Handelsvertrag für die Zeit ab 1. Januar. Dann endet die Brexit-Übergangsphase. Gelänge eine Einigung, könnte ein harter wirtschaftlicher Bruch zum Jahresende in letzter Minute vermieden werden. Allerdings könnte ein Abkommen wegen der Kürze der Zeit nicht mehr rechtzeitig ratifiziert werden. Es müsste wohl ganz oder in Teilen vorläufig angewendet werden. Vorher müssten in jedem Fall die EU-Staaten zustimmen.

Schon tagsüber hatten sich der irische Ministerpräsident Micheál Martin und der britische Bauminister Robert Jenrick vorsichtig optimistisch geäußert. Auch Brexit-Experten im Europaparlament sprachen von Einigungschancen, äußerten aber auch scharfe Kritik daran, dass so kurz vor dem Stichtag noch nichts entschieden sei.

"Der Irrsinn geht weiter", sagte der SPD-Brexit-Experte Bernd Lange der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist nicht akzeptabel, dass Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen wenige Tage vor dem 1. Januar nicht wissen, wie es weiter geht, und das in einer Lage, die sich wegen der Corona-Pandemie verschärft."

Ohne Anschlussvertrag drohen Zölle, Handelshemnisse und verschärfte Warenkontrollen

Mit Ende der Übergangsfrist am 31. Dezember scheidet Großbritannien aus dem Binnenmarkt und der Zollunion aus. Ohne Anschlussvertrag drohen Zölle und Handelshemmnisse sowie verschärfte Warenkontrollen an den Grenzen. Schon jetzt stauen sich auf britischer Seite Tausende Lastwagen auf dem Weg auf den Kontinent, weil Frankreich wegen des mutierten Coronavirus zeitweise die Grenze abgeriegelt hatte - aus Sicht von Kritikern ein Vorgeschmack auf die Lage bei einem No-Deal-Brexit.

Der Linken-Fraktionschef im Europaparlament, Martin Schirdewan, sagte, eigentlich hätte ein Abkommen schon längst fertig sein müssen, um noch eine demokratische Prüfung zu erlauben. "Von daher bleiben nur noch schlechte Optionen. Der schlechteste der schlechten Optionen wäre der No Deal." Die beste Möglichkeit wäre, die Brexit-Übergangsfrist zu verlängern, sagte der Linken-Politiker.

Das forderte auch der britische Gesundheitsdienst NHS. Ein Aufschub um einen Monat werde dem NHS Zeit geben, sich aus der "unmittelbaren Gefahrenzone" zu bringen, hieß es in einem Brief der NHS-Spitze. Dann könne sich der Dienst auf die Bekämpfung der Pandemie konzentrieren, ohne dass ein No-Deal-Brexit "störende Veränderungen" mit sich bringe. Befürchtet wird etwa, dass sich die Lieferung dringend benötigter Medikamente und medizinischer Geräte verzögert, wenn es mangels eines Abkommens zu Staus kommen sollte.

Schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten zu Fischereirechten

Minister Jenrick betonte beim Sender Sky News, es gebe weiter "die gleichen schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten" zu Fischereirechten und gleichen Wettbewerbsbedingungen. "Im Moment gibt es keine ausreichenden Fortschritte. Es ist kein Abkommen, bei dem der Premierminister (Boris Johnson) das Gefühl hat, dass er es unterschreiben kann", sagte Jenrick.

EU-Bürger, die in Großbritannien leben, müssen unter dem sogenannten EU Settlement Scheme einen Antrag auf Bleiberecht stellen. Dieser Status soll ihnen nach dem Brexit die gleichen Rechte im Land sichern wie zuvor.

Bürger aus der EU, die erst nach dem 1. Januar ins Land kommen wollen, werden Visa und eine Zusage nach dem neuen britischen Immigrationssystem benötigen, um in Großbritannien leben und arbeiten zu dürfen. Insgesamt haben sich nach Angaben des britischen Innenministeriums bis Ende November knapp 4,5 Millionen EU-Bürger für das Bleiberecht im Land beworben. (ash/dpa)

Großbritannien

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