Im Buch eines US-Journalisten attackiert Stephen Bannon Donald Trump mit aufsehenerregenden Behauptungen. Der ehemalige Top-Ideologe und Chef-Stratege des US-Präsidenten wirft Trump Verrat, verhöhnt ihn als unfähig und dumm. Und die Enthüllungen können für Trump tatsächlich ein böses Ende nehmen.

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Wie immer, wenn es Gegenwind gibt, geht Donald Trump zum Frontalangriff über.

Nach den Enthüllungen seines Ex-Beraters Stephen Bannon im Buch "Fire and Fury: Inside the Trump White House" teilte er auf Twitter aus: "Bannon hat nichts mit mir oder meiner Präsidentschaft zu tun", schimpfte Trump.

"Als er gefeuert wurde, hat er nicht nur seinen Job verloren, sondern auch seinen Verstand." Bannon habe wenig Anteil an seinem Wahlsieg gehabt. Im Weißen Haus habe er sich wichtiger gemacht, als er es gewesen sei.

Auch der Anwalt des US-Präsidenten ging in die Offensive.

Charles Harder riet Bannon mit warnendem Unterton, weitere Offenlegungen von vertraulichen Informationen zu unterlassen und forderte laut US-Medien den Verlag Henry Holt und den Autoren Michael Wolff auf, "sofort von einer weiteren Veröffentlichung oder Verbreitung des Buches abzusehen".

Trump-Basis könnte zerbrechen

Doch wie gefährlich können die Enthüllungen für Donald Trump tatsächlich werden?

Prof. Thomas Jäger von der Universität Köln sieht im Gespräch mit unserer Redaktion in dreierlei Hinsicht Probleme für den US-Präsidenten.

"Erstens weil er als unvorbereitet, unfähig, gar dumm hingestellt wird, was seinen schlechten Ruf zusätzlich festigt." Dabei werde die Frage aufgeworfen, wem die Trump-Basis eigentlich folgt.

"Bleiben die Wähler beim weltanschaulich nicht so fest gelegten Trump oder folgen sie dem ideologischen Nationalpopulisten Bannon?", fragt der Professor vom Lehrstuhl für Internationale Politik und Außenpolitik.

In seinen Augen besteht die Möglichkeit, dass die Trump-Basis nun zerbricht. Bannon verfügt mit der Nachrichtenseite "Breitbart" über eine laute Stimme, die sehr viele Ohren erreicht.

Schon jetzt werden bei "Breitbart" Vorwürfe laut, Trump verfolge nicht mehr "America first", weil er zu freundlich zu China sei und ökonomische Interessen über alles andere stelle.

"Verrat, unpatriotisch und übler Mist"

Am gefährlichsten könnten dem republikanischen Präsidenten aber die Aussagen Bannons zu den hochbrisanten Russland-Kontakten werden.

"Die heißeste Aussage ist, dass Trump von dem Treffen seines Sohnes Donald Jr., seines Schwiegersohnes Jared Kushner und seines früheren Wahlkampfberaters Paul Manafort mit der russischen Anwältin gewusst hat", erklärt Jäger.

Die Berater hatten sich im Juni 2016 mit der Anwältin Natalia Veselnitskaya im Trump Tower in New York getroffen und sich nach belastendem Material über die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton erkundigt.

Bannon bezeichnete das Treffen als "Verrat, unpatriotisch und übler Mist". "Wenn bekannt wird, dass Trump tatsächlich von dem Treffen wusste, dann hat er schlicht und einfach gelogen", stellt Jäger klar.

Dies könnte schließlich zu einer Vorladung Bannons durch Sonderermittler Robert Mueller führen - und zu ernsten Konsequenzen für den Präsidenten.

Bis zur Amtsenthebung? Soweit will Jäger noch nicht gehen. "Der Druck auf Trump nimmt jedenfalls zu", sagt der US-Kenner.

Kampf um die Wahrheit

Doch wie glaubwürdig sind Bannons Aussagen überhaupt?

Sein Nachrichtenportal "Breitbart", zu dem er nach dem Ende seiner Beratertätigkeit im Weißen Haus zurückgekehrt ist, arbeitet schließlich mit Zuspitzungen, Übertreibungen und Falschmeldungen.

"Die Justizbehörden werden die Aussagen auf jeden Fall ernst nehmen und auch überprüfen", meint Thomas Jäger. Auch der Verlag hat sich abgesichert, der Autor Michael Wolff hat Tonbandaufnahmen von seinen Interviews angefertigt.

"Und dann besitzt Bannon eine große Glaubwürdigkeit bei den Trump-Wählern. Die fragen sich: 'Wem glauben wir denn jetzt?'"

Der Machtkampf der ehemaligen Weggefährten ist in vollem Gange: Trump hat seine Anwälte auf Bannon angesetzt und versucht - teilweise schon mit Erfolg - Druck auf Geldgeber von "Breitbart" aufzubauen.

"Das, was Bannon in dem Buch gesagt hat, ist eine Kriegserklärung", erklärt USA-Analyst Jäger, "und Trump schießt mit allen Kanonen zurück".

Am Ende geht es vermutlich weniger um die Wahrheit, sondern darum, wer die Deutungshoheit erlangt und sich mit seiner Geschichte durchsetzen kann.

Umgekehrt gilt: Wer bei diesem Machtkampf auf der Strecke bleibt - egal ob Bannon oder Trump - dürfte mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen haben.

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