Aufregung um den Schweizer Politiker Christoph Blocher: Geschmacklose Aussagen über den verstorbenen Nelson Mandela erregen nicht nur die Schweizer Gemüter. Blocher bezeichnete den Friedensnobelpreisträger und Anti-Apartheid-Kämpfer als "überschätzt" und relativierte gleichzeitig die Rassentrennung.

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Der Schweizer Unternehmer und Politiker Christoph Blocher hat sich am Wochenende einen taktlosen Fauxpas erlaubt. Der Vizepräsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP) bezeichnete den vergangene Woche verstorbenen Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela und seine Taten als "überschätzt". In der Sendung "Blocher-TV" zog der Politiker vom Leder: "Mandela wird vielerorts überschätzt. Wie das so ist: Wenn einer mal etwas gut gemacht hat, gilt alles, was er so macht, als gut." Der Schweizer ist aber mit dieser Aussage noch nicht am Ende.

Stattdessen zeigte er Verständnis für das Apartheid-Regime der 80er-Jahre: "Die Weißen hielten das Land damals sehr in Ordnung," sagte der SVP-Mann und erklärte, dass die Rassentrennung durchaus auf Gegenseitigkeit beruht habe. Deswegen müsse man das Verhalten der Regierung verstehen. "Die dachten, sie würden sonst gestürzt," so Blocher. Während andere spätestens an dieser Stelle die verbale Notbremse gezogen hätten, legte der Schweizer noch nach: "Ich war ja mal bei Mandelas Haus. Der wohnte also schon nicht gerade in einer Wellblechhütte," beurteilte Blocher das Haus eines Mannes, der 27 Jahre seines Lebens in einer kleinen Gefängniszelle verbringen musste.

Schweizer Politiker distanzieren sich

Der Shitstorm gegen Christoph Blocher ließ nicht lange auf sich warten. Verschiedene Schweizer Politiker haben sich seitdem zu Wort gemeldet. Fulvio Pelli, Co-Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Südafrika, bezeichnete die Aussagen Blocher als "eine Geschmacklosigkeit" und fügte an, dass der Politiker nicht fähig sei, wichtige, anders denkende Figuren anzuerkennen. Der Historiker und FDP-Mann Georg Kreis sagte: "Natürlich wird nicht der große Mandela, sondern der kleine Blocher überschätzt."

Für Kreis, ehemaligen Präsidenten der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, "redet hier jemand, der noch immer das Apartheid-System rechtfertigt." Kreis warf Blocher vor, mit seiner Aussage, die rassistische Diskriminierung habe auf Gegenseitigkeit beruht, "eine historische Lüge zu verbreiten und den Rassismus zu verharmlosen". Auch Grünen-Vizepräsident Jo Lang reagierte verärgert: "Was Mandela hatte, geht Blocher ab: menschliche Größe! Im Innersten weiß Blocher das. Deshalb versucht er, Mandela kleinzumachen".

Christoph Blocher war bereits in der Vergangenheit umstritten. Er ist der Gründer der "Arbeitsgruppe südliches Afrika", der er bis 1990 als Präsident vorstand. Dabei unterstützte er die Sicht der herrschenden weißen Minderheit und rechtfertigte die Apartheid teilweise. Zudem setzt sich Blocher für eine Verschärfung des Asylrechts und gegen die Integration der Schweiz in landesübergreifende Organisationen ein. Gegner werfen dem SVP-Mitglied seit langem Populismus und Fremdenfeindlichkeit vor.

Aussagen wie die des Christoph Blocher werden in der Schweiz nur von einer Partei toleriert. Die Schweizerische Volkspartei ist für ihre scharfe antikommunistische bzw. -sozialistische Rhetorik und ausgeprägten Rechtspopulismus bekannt. FDP-Mitglied Georg Kreis sieht die SVP "in der Grauzone zwischen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit".

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