Claudia Sheinbaum wird die erste Präsidentin der zwölftgrößten Volkswirtschaft der Welt. An Herausforderungen mangelt es nicht. Mit Drogenkartellen, Migration und Schulden wird sie umgehen müssen.
Mit Feuerwerk und Mariachi-Musik hat die Linkspolitikerin Claudia Sheinbaum ihren deutlichen Wahlsieg bei der Präsidentenwahl am Sonntag in Mexiko gefeiert. Die Regierungskandidatin wird ab dem 1. Oktober nicht nur die erste Präsidentin des bevölkerungsreichsten spanischsprachigen Landes sein - laut amtlicher Hochrechnung dürfte sie auch mehr Stimmen erhalten haben als alle ihre Vorgänger in der mexikanischen Geschichte.
"Ich möchte den Millionen von Mexikanerinnen und Mexikanern danken, die an diesem historischen Tag für uns gestimmt haben", sagte Sheinbaum. Noch vor Bekanntgabe der amtlichen Hochrechnung versammelten sich Tausende Anhänger der Kandidatin mit mexikanischen Fahnen auf dem Zócalo-Platz im Herzen der Hauptstadt Mexiko-Stadt, um zu feiern.
Die 61 Jahre alte Ex-Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, die als Favoritin galt, erhielt laut vorläufigen Teilergebnissen nach Auszählung von etwas weniger als zwei Drittel der Stimmen 57,9 Prozent, wie das Wahlamt am Montag mitteilte. Ihre beiden Rivalen von den Oppositionsparteien, Xóchitl Gálvez und Jorge Álvarez, räumten ihre Niederlage ein und gratulierten ihr zum Sieg.
Gálvez, Kandidatin der drei größten Oppositionsparteien, landete den vorläufigen Teilergebnissen zufolge auf dem zweiten Platz mit 29 Prozent der Stimmen. Álvarez von der kleineren Mitte-Links-Partei Movimiento Ciudadano kam auf 10,6 Prozent. Das amtliche Endergebnis soll ab Mittwoch vorliegen. Die Regierungspartei Morena, der Sheinbaum angehört, hat den Hochrechnungen zufolge auch bei den Parlaments- und Regionalwahlen gut abgeschnitten.
Erste Präsidentin in 200 Jahren
Glückwünsche für die künftige Präsidentin gab es insbesondere vom amtierenden linkspopulistischen Staats- und Regierungschef Andrés Manuel López Obrador, ihrem politischen Ziehvater. "Mit all meiner Zuneigung und meinem Respekt gratuliere ich Claudia Sheinbaum. Sie wird die erste Präsidentin Mexikos in der 200-jährigen Geschichte der Republik sein", sagte er in einer Videobotschaft.
Sheinbaum plant, die Politik von López Obrador fortzusetzen. Sie spricht allerdings von "Kontinuität mit eigener Handschrift". Trotz der ungebremsten Gewalt der Drogenkartelle genießt López Obrador hohe Zustimmungswerte. Nach sechs Jahren Amtszeit durfte er aber nicht erneut antreten.
Sheinbaum möchte López Obradors Sozialpolitik mit staatlichen Hilfen für junge und alte Menschen beibehalten und noch ausbauen. Im Kampf gegen die gravierende Drogenkriminalität will sie weiterhin den Streitkräften das Kommando überlassen, aber neue Akzente setzen. Im Energiebereich möchte sie im Gegensatz zu López Obrador die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien fördern.
Mehr als 20 000 Posten wurden neu vergeben
Es war der größte Wahltag in der Geschichte der mit 130 Millionen Einwohnern zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Mehr als 20 000 Posten wurden neu besetzt. Neben dem Präsidentenamt standen alle 500 Sitze im Abgeordnetenhaus und die 128 Mandate im Senat zur Abstimmung.
Zudem entschieden die Mexikanerinnen und Mexikaner über die Gouverneursposten in acht der 31 Bundesstaaten und im Hauptstadtdistrikt. Fast 100 Millionen Bürger waren wahlberechtigt. Nach den ersten Prognosen konnte die Regierungspartei Morena unter anderem den wichtigen Hauptstadtdistrikt behalten. Der Wahlkampf war von Gewalt überschattet: Laut der Beratungsfirma Integralia wurden seit September mindestens 34 Kandidaten getötet.
Eine Technokratin mit großen Herausforderungen
Im Gegensatz zu dem charismatischen López Obrador gilt die künftige Präsidentin als Technokratin. López Obrador berief sie 2000 als Umweltministerin in das Hauptstadtkabinett, als er zum Regierungschef von Mexiko-Stadt gewählt wurde. Sheinbaum wurde später Bürgermeisterin eines Hauptstadtbezirks und ab Dezember 2018 Regierungschefin der Hauptstadt. Sie legte das Amt nieder, um sich für das Präsidentenamt zu bewerben.
Sheinbaum ist studierte Physikerin und promovierte in Energietechnik. Sie beteiligte sich an zwei Sachstandsberichten des Weltklimarats (IPCC), der 2007 für seine Bemühungen gegen den Klimawandel den Friedensnobelpreis erhielt. Ihre Eltern waren beide linksgerichtete Wissenschaftler jüdischer Abstammung mit Wurzeln in Litauen und Bulgarien, sie bekennt sich aber zu keiner Religion.
Zu den Herausforderungen der künftigen Präsidentin zählen die Gewalt der Drogenkartelle, die hohe Verschuldung der staatlichen Ölkonzerns Pemex und die Beziehungen zu den USA in Fragen Migration, Drogen und Handel. Die Armut ist nach Angaben der Regierung in den vergangenen Jahren zwar durch eine Vielzahl von Sozialprogrammen und die Erhöhung des Mindestlohns zurückgegangen. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung gilt allerdings noch als arm.
Mexiko ist die zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Zahlreiche ausländische Unternehmen produzieren ihre Waren in Mexiko, um sie weitgehend zollfrei in den US-Markt zu exportieren. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist trotz der schlechten Sicherheitslage positiv. (fah/dpa)
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