Soll Deutschland in Syrien festgenommene IS-Kämpfer mit deutschem Pass zurückholen und hier vor Gericht stellen? Diese Idee von US-Präsident Donald Trump löst in Berlin Bedenken aus. Die Kurden haben eine andere Idee.

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Die Debatte um eine Rückholung von inhaftierten IS-Anhängern geht weiter. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat Justizministerin Katarina Barley (SPD) Verschleppung vorgeworfen.

Barleys Ministerium habe einen vom Innenministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft bei Dschihadisten mit Doppelstaatsbürgerschaft bisher offenbar nicht bearbeitet, sagte Dobrindt. Dies müsse nun umgehend geschehen. "Jede weitere Verschleppung durch das Justizministerium wäre höchst fahrlässig", sagte er.

US-Präsident Donald Trump hatte europäische Länder dazu aufgerufen, mehr als 800 in Syrien gefangene IS-Kämpfer zurückzunehmen und vor Gericht zu stellen. Falls dies nicht geschehe, seien die USA gezwungen, die Kämpfer auf freien Fuß zu setzen. Diese sind allerdings nicht in US-Gewahrsam, sondern in der Gewalt kurdischer Kräfte.

Dobrindt: Dschihadisten Staatsbürgerschaft zu entziehen, steht im Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, dass Dschihadisten mit Doppelstaatsangehörigkeit die deutsche entzogen werden könne, sagte Dobrindt. In jedem Einzelfall müsse geprüft werden, ob die deutsche Staatsbürgerschaft rechtmäßig erworben worden sei.

Wer als IS-Kämpfer den Dschihad, den "Heiligen Krieg", aufnehmen wollte, habe mehr als deutlich gezeigt, dass er mit dem deutschen Rechtsstaat nichts mehr zu tun habe. In diesem Zusammenhang werde die Bedeutung des entsprechenden Gesetzentwurfs im Justizministerium nicht richtig eingeschätzt.

Grundsätzlich gelte: Wer deutscher Staatsbürger sei, müsse vom deutschen Staat auch zurückgenommen werden, sagte Dobrindt. Es müsse sichergestellt werden, dass IS-Anhänger bei einer Rückkehr nach Deutschland einem Gerichtsverfahren zugeführt werden könnten. Die IS-Anhänger dürften die Sicherheit in Deutschland nicht gefährden.

Syrische Kurden haben eine ganz andere Idee

Syriens Kurden riefen die Vereinten Nationen auf, in dem Bürgerkriegsland internationale Sondergerichte für inhaftierte IS-Kämpfer einzurichten.

Der Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Mustafa Bali, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Heimatländer der Dschihadisten hätten bisher nicht auf die Forderung der Kurden reagiert, die IS-Anhänger zurückzuholen.

Im Norden Syriens gebe es nicht die Möglichkeit, die Terroristen juristisch zu verfolgen, sagte Bali. Prozesse unter dem Dach der UN könnten hingegen eine Lösung sein, die alle zufrieden stelle. Dem Sprecher zufolge haben die SDF bisher rund 1.300 ausländische IS-Kämpfer gefangen genommen, Iraker ausgenommen.

Schuster warnt vor Kurzschlussreaktion

CDU-Innenexperte Armin Schuster warnte indes vor einer Kurzschlussreaktion. "Wir können die nicht im Kollektiv zurückholen", sagte Schuster am Dienstagmorgen im ARD-"Morgenmagazin".

Er mahnte eine genaue Prüfung jedes Einzelfalls an. In der "Saarbrücker Zeitung" sprach sich der CDU-Politiker dafür aus, Frauen und Kinder zuerst zurückkehren zu lassen.

"Die erste Frage, die wir klären müssen, ist: Ist er Deutscher oder ist sie Deutsche? Das ist gar nicht so einfach", sagte Schuster.

Nach einem "Welt"-Bericht nahm das Bundesjustizministerium zum Entwurf des Innenministeriums bislang keine Stellung, so dass er nicht an diesem Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden könne.

Nach einem Bericht des "Handelsblatts" gibt es im Innenministerium verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, IS-Rückkehrern mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen Pass zu entziehen. Es gelte das im Grundgesetz verankerte Rückwirkungsverbot.

Grüne: Rückkehr "proaktiv organisieren"

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion,Irene Mihalic, mahnte im Südwestrundfunk (SWR), alles daranzusetzen, die Rückkehr der IS-Kämpfer "proaktiv zu organisieren".

Rückführung und Strafverfolgung der fraglichen Personen müssten sichergestellt werden, "damit wir nicht vor der Überraschung stehen, dass deutsche IS-Kämpfer sich auf eigene Faust auf den Weg machen und versuchen, unter dem Radar der Sicherheitsbehörden wieder ins Land einzureisen".

Andere europäische Staaten wie Frankreich oder Großbritannien, die sich weigerten, einheimische Dschihadisten aus Syrien zurückzunehmen, verhielten sich "unverantwortlich", sagte Mihalic.

Man könne nicht so tun, als hätten sich "diese Menschen nicht in der Mitte unserer Gesellschaft radikalisiert". Der deutsche Staat müsse für deutsche Staatsbürger die Verantwortung übernehmen und alles dafür tun, dass terroristische Straftaten dieser Menschen auch konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt würden. (ank/dpa)

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