- Gesundheitsminister Spahn hat weitreichende Einschränkungen für Ungeimpfte gerechtfertigt.
- Die Klinikbelastung sei hoch und werde "rund um Weihnachten ihren traurigen Höhepunkt erreichen".
- RKI-Präsident Wieler fürchtet, dass die tatsächlichen Fallzahlen deutlich höher sind, als von den Gesundheitsämtern registriert.
Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens
Die Bund-Länder-Beschlüsse zu schärferen Maßnahmen machten deutlich: "Deutschland nimmt die Lage ernst." Diese Entscheidungen seien spät gekommen, aber immerhin getroffen. Sie müssten nun umgesetzt werden.
Spahn: Zahl von Corona-Patienten auf den Intensivstationen werden steigen
Selbst wenn die Maßnahmen schon morgen volle Wirkung zeigten, würden die Klinikbelastungen aber ansteigen, sagte Spahn. Deutschland werde die Zahl von mehr als 5.000 Corona-Patienten auf den Intensivstationen in den nächsten Tagen und Wochen deutlich übersteigen. Die Lage werde "rund um Weihnachten ihren traurigen Höhepunkt erreichen".
Spahn bat die Bevölkerung eindringlich: "Helfen Sie mit, weiteres Leid zu verhindern." Alle Bürger sollten Auflagen einhalten und Kontakte reduzieren. Es gehe auch nicht darum, jede Regel auszureizen.
Die Impfkampagne nehme wieder deutlich Fahrt auf und nähere sich täglichen Rekordzahlen des Frühsommers. Spahn betonte, dass für das Ziel von bis zu 30 Millionen Impfungen bis zum Jahresende genug Impfstoff verfügbar sei.
Wieler: "Wir haben keine Zeit zu verlieren"
RKI-Präsident Lothar Wieler mahnte derweil eine umfassende und schnelle Umsetzung der schärferen Corona-Maßnahmen an. Die neue Virusvariante Omikron sei in Deutschland angekommen, könne noch ansteckender sein als die Delta-Variante und auch bereits Geimpfte und bereits Genesene leichter infizieren, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI).
Omikron könnte nach seinen Worten in noch kürzerer Zeit zu noch mehr Fällen führen als die Delta-Variante. "Deshalb müssen alle gestern entschiedenen Maßnahmen auch flächendeckend umgesetzt werden, um Infektionen mit Delta und Omikron zu verhindern und um die Fallzahlen herunterzubringen." Wieler fügte hinzu: "Wir haben keine Zeit zu verlieren, keinen einzigen Tag."
Die Fallzahlen seien nach wie vor viel zu hoch, sagte der RKI-Präsident. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sei "auf einem sehr hohen Plateau". In einigen Bundesländern könnten sich erste Folgen der verschärften Maßnahmen zeigen, in anderen könne es aber auch sein, dass die Labore und Gesundheitsämter einfach nicht mehr hinterherkommen. Viel zu früh sei es, von einer Trendumkehr zu sprechen.
Wieler ruft bei Corona-Maßnahmen zum Durchhalten auf
Es gebe nun 926.000 nachgewiesene aktive Infektionsfälle bei einer geschätzten Untererfassung mit Faktor 2 bis 3. Etwas mehr als ein Prozent der gesamten Bevölkerung sei infiziert. Die Belastung der Kliniken werde unweigerlich zunehmen. "Nur wenn wir die Fallzahlen reduzieren, können wir die Krankenhäuser entlasten."
In diesem Zuge rief Wieler auch zum Durchhalten auf: "Wir dürfen die nächsten Monate nicht nachlassen." Je früher man eingreife, desto stärker seien die Auswirkungen und desto weniger Fälle gebe es. "Dieses Spiel, diese Wachsamkeit, das wird uns noch einige Monate immer wieder bewegen."
Alle vorhandenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wie Impfungen, Hygienemaßnahmen und Medikamente müssten parallel eingesetzt werden und immer wieder angepasst werden. Letztlich brauche es einen sehr hohen Immunschutz in der Bevölkerung. "Wir werden sicher diese Pandemie wirklich nicht beenden, bevor nicht jeder einen Immunschutz hat", so Wieler.
Wieler verwies auch auf Folgen der hohen Belastung des Gesundheitssystems für andere Patienten, etwa Krebs-Erkrankte. Wenn kein Intensivbett zur Verfügung stehe, könne nicht operiert werden. Das sei zum Teil schon jetzt der Fall.
Die Verschiebung einer Operation um nur vier Wochen könne das Sterberisiko bei einigen Krebsarten erhöhen. "Das kann nach einer internationalen Übersichtsarbeit pro 1000 BrustkrebspatientInnen zum Beispiel zu zehn mehr Todesfällen führen."
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Spahn mahnt, Corona-Schutzvorgaben in Bundesliga-Stadien sicherzustellen
Bund und Länder haben am Donnerstag eine Reihe schärferer Maßnahmen für die Adventszeit beschlossen. So greifen nun umfassende Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Ihnen wird im Weihnachtsgeschäft auch der Zutritt zu den meisten Läden verwehrt. Und der Verkauf von Böllern und Feuerwerk zu Silvester wird bundesweit verboten.
Dazu zählen auch Zuschauer-Begrenzungen bei Großveranstaltungen. Spahn mahnte am Freitag, bei weiterhin mit bis zu 15.000 Zuschauern vorgesehenen Spielen der Fußball-Bundesliga Corona-Schutzvorgaben sicherzustellen.
Er könne nur dafür werben, dass der von Bund und Ländern gefundene Kompromiss auch wirklich "in all seinen Facetten" umgesetzt werde. Dazu gehörten Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G), Abstand halten und Maskenpflicht, idealerweise kein Alkohol sowie auch An- und Abfahrtskonzepte, bei denen größere Menschenansammlungen vermieden werden.
Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen stieg am Freitag nach einem leichten Rückgang an den Tagen zuvor laut Robert-Koch-Institut (RKI) auf 442,1. (dpa/mko/msc)
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