Dem Musiker, Unternehmer und Spitzenkandidat der Bierpartei, Dominik Wlazny, prognostizierten Umfragen lange den Einzug in den Österreichischen Nationalrat bei den Wahlen am Sonntag. Aber nun sinkt sein Stern.

Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Wolfgang Rössler sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Vor ziemlich genau zwei Jahren machte Dominik Wlanzy, alias Marco Pogo erstmals österreichweit von sich reden. Als Chef der 2015 gegründeten und lange als reiner Spaßtruppe verschrienen "Bierpartei" trat er bei der Bundespräsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Alexander Van der Bellen an.

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Letzterer konnte die Wahl im ersten Durchgang deutlich für sich entscheiden. Aber Wlazny schaffte mit mehr als acht Prozent der Stimmen einen Achtungserfolg. Wohl auch deshalb, weil keine der etablierten Parteien einen Kandidaten oder eine Kandidatin um das höchste Amt im Staat aufgestellt hatte: Es gab kaum Zweifel daran, dass der grünliberale "Professor" die Wiederwahl gewinnen würde.

Gegen ihn traten fast ausschließlich Männer aus dem rechten bis rechtsextremen Lager an. Und eben Wlazny, der sich links der Mitte verortete und die Stimmen jener einsammelte, denen Van der Bellen zu angepasst war.

Damals gab Wlazny auch dieser Redaktion ein Interview. Als politische Grundforderung nannte er unter anderem den Kampf gegen "Radler" – ein ihm verhasstes Mischgetränk aus Bier und Limonade. Das wollte er später so nicht gesagt haben, er verweigerte die Autorisierung des Interviews. Erst als ihm die Audioaufnahmen vorgelegt wurden, lenkte er ein.

Sinkende Umfragewerte für die Bierpartei

Nun kandidiert Wlazny als Spitzenkandidat der Bierpartei für den Nationalrat. Bis vor ein paar Wochen wurden seiner Liste noch bis zu sechs Prozent prognostiziert. Aber zuletzt bröckelten die Werte in den Umfragen. Mittlerweile ist es keineswegs mehr ausgemacht, dass "Bier" den Einzug in den Nationalrat schafft.

Verantwortlich dafür sind wohl auch eine Reihe von TV-Auftritten des Spitzenkandidaten, bei denen er sich um ernstere inhaltliche Themen wand. Etwa als er in einer ORF-Diskussion gefragt wurde, ob er religiöse Symbole aus den Klassenzimmern verbannen möchte. Seine Antwort: "Wir brauchen ein Fächerupdate in den Schulen, eine Fächerzukunft."

Wlazny hat in den letzten Jahren durchaus Glamour in die österreichische Innenpolitik gebracht. Sein Image als Rocker hat seine inhaltlichen Schwächen lange überdecken können.

Das ändert sich allerdings gerade. Zumal da noch Recherchen wie jene wären, die die Wiener Wochenzeitung "Falter" vergangene Woche publizierte. Demnach mussten sich alle Mitglieder der Bierpartei notariell verpflichten, keine Informationen an Medien weiterzugeben. Das stellt sogar die berüchtigte "message control" des früheren konservativen Bundeskanzlers Sebastian Kurz in den Schatten.

"Eine Tendenz zur Oligarchie"

Laurenz Ennser-Jedenastik, Politikexperte

Zudem berichtete der "Falter" über das – auch aus politischer Sicht – durchaus hinterfragenswerte Geschäftsmodell des Spitzenkandidaten. Gemeinsam mit seinem Vater vertreibt er die Biermarke "Turbobier", für die er bei öffentlichen Auftritten gerne Werbung macht. Sein Vater, ein Getränkeproduzent, nimmt zugleich eine wichtige Rolle in der politischen Kampagne des Sohnes ein.

Beide sitzen im vierköpfigen Vorstand der Bierpartei. Und weil laut Parteistatut bei Abstimmungen die Stimme des Vorsitzenden entscheidet, können Vater und Sohn letztlich alle Beschlüsse allein treffen.

"Eine Tendenz zur Oligarchie" nannte das der Politikexperte Laurenz Ennser-Jedenastik Anfang des Jahres gegenüber dem "Standard". Sein Vorwurf: Der Spitzenkandidat vermische persönliche Geschäftsinteressen und politische Ziele.

"Da wurde mir bewusst, dass wir eine politische Verantwortung haben."

Dominik Wlazny vor zwei Jahren im Interview mit der Redaktion

Es sind solche Schlagzeilen, die dem nie um einen "Schmäh" verlegenen Wlazny mittlerweile zusetzen. Da hilft es nur bedingt, dass man ihn als unterhaltsam wahrnimmt. Bei der Gemeinderatswahl in Wien 2020 trat er etwa mit der Forderung nach kostenlosen Bierbrunnen an öffentlichen Orten an. "Make Wien dicht again", lautete einer der Slogans.

Zwar erreichte die Bierpartei damals nur 1,8 Prozent der Stimmen. Sie konnte aber insgesamt elf Mandate in die Bezirksparlamente entsenden. "Da wurde mir bewusst, dass wir eine politische Verantwortung haben und es schade wäre, diese Chance nicht zu nutzen", sagte Wlazny vor zwei Jahren im Interview mit dieser Redaktion.

Er setzte sich in dieser Zeit vor allem für Corona-Impfungen ein. Bei Konzerten seiner Band "Turbobier" überzeugte der promovierte Arzt selbst die Skeptiker unter seinen Fans, sich von ihm ein "Jaukerl" geben zu lassen – wie man in Wien zu einer Spritze sagt. Und in den Bezirksparlamenten brachte die Bierpartei zahlreiche ernsthafte Anträge zur Kommunalpolitik ein.

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