Am 20. Januar 2017 wird Donald Trump als neuer Präsident vereidigt werden und ins Weiße Haus einziehen. Nach Informationen des Investigativ-Journalisten Evan Osnos könnte es dann Schlag auf Schlag gehen. Es gibt einen Plan für die ersten 24 Stunden in der Amtszeit von Donald Trump: das "First Day Project".

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Der Pulitzer-Preisträger Evan Osnos hatte bereits vor Wochen in einem bemerkenswerten Essay für das renommierte Magazin "New Yorker" über Trumps Geheimplan für den Tag der Machtübergabe geschrieben.

Der Arbeitstitel des Schlachtplans lautet "First Day Project". Anfang August 2016 in einem Washingtoner Bürogebäude in der Pennsylvania Avenue von einem Übergangsteam aus Trump-Vertrauten entworfen, darunter New Jerseys Gouverneur Chris Christie und mit William Palatucci ein ehemaliger Geschäftspartner des zukünftigen US-Präsidenten.

Donald Trump will schnell Nägel mit Köpfen machen

Ziel des Plans ist es, salopp formuliert, keine Zeit zu verlieren. Ein Vertrauter aus Trumps Wahlkampfteam, der nicht namentlich genannt werden möchte, präzisiert den Ablauf im Gespräch mit Evan Osnos. Demnach werde Trump an seinem allerersten Tag als US-Präsident zunächst einmal Stunden damit verbringen, "Papiere zu unterzeichnen und Obamas Präsidentschaft auszulöschen".

Stephen Moore aus Trumps Wahlkampfteam erklärte, der neue US-Präsident solle an seinem ersten Amtstag "ungefähr 25 Präsidenten-Dekrete unterschreiben". Solche Dekrete, bekannt als "Executive Orders", erlauben es dem Präsidenten, am Kongress vorbei Beschlüsse zu fassen und sich somit dem parlamentarischen Einfluss zu entziehen.

Parallel zu Trumps eigenen Dekreten soll sein Team "Executive Orders" identifiziert, die von Barack Obama erlassen worden waren und nun umgehend rückgängig gemacht werden sollen.

Auf diese Weise könnte Donald Trump Amerikas Zustimmung zum Pariser Klimaabkommen zurückziehen, ebenso die Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Trump könnte seine Ankündigung wahrmachen und einen harten Kurs in der Einwanderungspolitik fahren. Und die neue Regierung könnte das Handelsministerium anweisen, Strafen gegen China zu erlassen.

Dies ist nur ein kleiner Auszug an Versprechen und Ankündigungen, mit denen Donald Trump während des Wahlkampfes seine Anhänger mobilisiert hatte.

In der Vergangenheit wurden bei Machtwechseln im Umfeld des neuen Präsidenten stets geheime "Promise Books" erstellt. In diesen "Versprechen-Büchern" wurde festgehalten, welche Wahlkampfankündigungen auch tatsächlich politisch umgesetzt werden könnten.

Das Einhalten von Versprechen hat unter US-Präsidenten eine Tradition, der sich gerade Donald Trump nicht entziehen können wird. Seine Wahlkampfstrategie baute schließlich darauf, als Präsident glaubwürdiger und verlässlicher zu sein als die Kandidaten des politischen Establishments.

US-Präsidenten: Viel versprochen, viel gehalten

Und die Hürde liegt hoch. Studien des Politikwissenschaftlers Michael Krukones aus dem Jahr 1984 zeigen eine über 70-prozentige Umsetzung von Wahlversprechen durch zwölf verschiedene amerikanische Präsidenten von Woodrow Wilson bis Jimmy Carter. Ein Niveau, das laut dem überparteilichen Datenportal PolitiFact auch Barack Obama halten konnte. Trump steht also unter Zugzwang und muss liefern.

Roger Stone, ein langjähriger Vertrauter Trumps, erklärte Journalist Evan Osnos, man solle ja nicht glauben, Trump würde seine radikalsten Vorhaben nicht auch umsetzen. "Es mag sein, dass die Gerichte ein generelles Einreiseverbot für Muslime verbieten. Na und? Er kann dennoch jeden aus Ägypten, Syrien, Libyen oder Saudi-Arabien zurückweisen. Trump ist da so pragmatisch wie Ronald Reagan."

Für diese These des Alleingangs als Amtscredo würde eine etwas konfuse Antwort Trumps aus dem März im "National Interest" sprechen, als er gefragt wurde, von wem er sich außenpolitisch beraten lasse: "Ich spreche da mit mir selbst, der Nummer eins, denn ich habe ein sehr gutes Gehirn und habe schon viele Sachen gesagt."

Doch es gibt Zweifel, ob der Präsident Trump auch tatsächlich wie der Wahlkämpfer Trump agiert und Alleingänge zum Amtscredo erhebt.

Der 70-Jährige ist politisch unerfahren und dürfte einsehen, dass er auf Ratschläge seines Umfelds angewiesen ist. Dies könnte erklären, dass gerade erst eine Pressemitteilung auf seiner Homepage gelöscht wurde, in der er während des Wahlkampfes das brisante Einreiseverbot für Muslime gefordert hatte.

Donald Trump ist mächtiger als Barack Obama

Dabei stimmt es, dass Donald Trump im Vergleich zu Barack Obamas letzter Amtszeit tatsächlich über enormes Machtpotenzial verfügt. Der Kongress ist fest in republikanischer Hand und bei der anstehenden Neubesetzung der Richterposten für den Obersten Gerichtshof wird Trump mitreden können.

Und dennoch dürfte es Trump schwerfallen, beispielsweise eines seiner Prestige-Projekte im Handumdrehen umzusetzen: Eine Gesundheitsreform, die das Vermächtnis seines Vorgängers annullieren soll. "Obamacare" sei in der Bevölkerung einfach zu populär, als dass sich eine Mehrheit der Republikaner im Kongress mit der Abschaffung die Finger verbrennen würde, meint Osnos.

Donald Trump wird ab seiner Amtseinführung am 20. Januar mit realpolitischen Zwängen konfrontiert werden. Er wird Amerika zweifellos verändern, bei aller Machtfülle aber dennoch auch Brücken bauen und Kompromisse eingehen müssen. Es sind die Spielregeln der Demokratie.

"Ganz ehrlich", meinte ein hochrangiger Republikaner im Gespräch mit Ecan Osnos vor einigen Monaten, "das größte Problem mit Donald Trump ist, dass er nicht weiß, was er nicht weiß."

Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird beides sein müssen: ein Veränderer und ein Lernender.

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