Im Kampf für saubere Luft muss die Bundesregierung nachbessern. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass das Nationale Luftreinhalteprogramm teilweise zu verändern ist. Ein Erfolg für die Deutsche Umwelthilfe, die deswegen immer wieder vor Gericht zog.
Die Bundesregierung muss ihr Nationales Luftreinhalteprogramm nachschärfen. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden. Die bisher aufgelisteten Maßnahmen reichten nicht in allen Punkten aus, um die europäischen Ziele bei der Reduzierung des Ausstoßes von Luftschadstoffen zu erreichen, so die Richter. Die dem Programm zugrunde liegenden Prognosen seien teilweise fehlerhaft, weil etwa nicht die aktuellsten Daten berücksichtigt worden seien, erklärte die Vorsitzende Richterin Ariane Holle. (Az.: 11 A 16.20)
Damit hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneut - zumindest teilweise - erfolgreich gegen die Bundesregierung geklagt. Erst Mitte Mai hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) entschieden, dass die Bundesregierung ihr Klimaschutzprogramm nachschärfen muss, die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig.
Umwelthilfe: Tempo-Limit ist nötig
"Das ist ein wirklich guter Tag für die saubere Luft in Deutschland", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch nach der Urteilsbegründung. "Zum ersten Mal wurde die Bundesregierung dazu verurteilt, wirklich wirksame zusätzliche Maßnahmen für die Reduktion von fünf Luftschadstoffen zu beschließen und umzusetzen - und zwar schon für das Jahr 2025."
Auch diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließen die Richter eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. Resch äußerte jedoch die Hoffnung, dass es bald zu Gesprächen mit den Bundesministerien für Verkehr, Bauen und Umwelt kommt. Um kurzfristig den Ausstoß von Stickstoffoxid deutlich zu reduzieren, sei ein Tempo-Limit auf den Autobahnen nötig.
Verfahren läuft seit bereits seit 2020
Die Umwelthilfe geht mit diversen Klagen gegen die Klima- und Umweltpolitik der Bundesregierung vor. Im aktuellen Fall ging es um das 2019 beschlossene und im Mai 2024 aktualisierte Programm mit zahlreichen Maßnahmen, mit denen Deutschland die europäischen Ziele bei der Reduzierung des Ausstoßes von Luftschadstoffen erreichen will. Dabei geht es um Ammoniak, Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid.
Die Klage der Organisation ist bereits aus dem Jahr 2020 anhängig und bezog sich damit auf das nationale Luftreinhalteprogramm 2019. Im Verlauf des Gerichtsverfahrens hat es die Bundesregierung angepasst. Aus Sicht der Umwelthilfe reicht das aber nicht aus. Das aktuelle Programm basiere auf Emissionsprognosen von 2021. Es seien Maßnahmen einbezogen worden, die dann abgesagt oder abgeschwächt wurden.
Gericht: Fehler bei Prognosen
Das Gericht folgte der Argumentation in vielen Punkten. So sei der Klimaschutz-Projektionsbericht 2023 vom August 2023 nicht berücksichtigt worden, kritisierte der 11. Senat. "Dem Luftreinhalteprogramm kommt eine wichtige Steuerung zu", betonte Richterin Holle. Die Bemühungen dürften nicht eingestellt werden.
Der Senat beanstandete mehrere Fehler bei der Prognose für das Programm. So sei unter anderem die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vom September 2023 nicht berücksichtigt worden. Diese erlaube aber den Betrieb von Holzpelletheizungen, die zu einer stärkeren Luftverschmutzung mit Feinstaub führen.
Außerdem sei beim Thema Kohleverstromung noch davon ausgegangen worden, dass bis Ende 2029 alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen würden. Bezüglich des Verkehrs liege ein Prognosefehler vor, weil nicht berücksichtigt wurde, dass die staatliche Förderung für den Kauf von Elektrofahrzeugen zwischenzeitlich gestoppt wurde. (dpa/szu/AFP)
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