(sal/lp/mac) - Glatze und Springerstiefel sind oft Klischees von gestern: Viele Neonazis sind heutzutage nicht auf den ersten Blick erkennbar, sie tragen unauffällige Kleidung oder tarnen sich als Mitglieder der linken Szene. Wie Sie einen Neonazi dennoch erkennen können, zeigen wir Ihnen in unserer Artikelgalerie.
Mit freundlicher Unterstützung von www.netz-gegen-nazis.de
Sie sind menschenverachtend, extrem gewaltbereit und direkt unter uns: Neonazis. Jahrelang wurden sie von der Bevölkerung nur am Rande wahrgenommen, erst seit dem Bekanntwerden der Gräueltaten der Zwickauer Terrorzelle ist der öffentliche Aufschrei groß. Doch auch jetzt werden Neonazis oft nur dann bemerkt, wenn sie im Pulk auftauchen - glatzköpfig, dunkel gekleidet, mit Springerstiefeln und Bomberjacken.
Sicherlich, diese Neonazis gibt es noch. Doch viele Rechtsradikale verfolgen inzwischen eine andere Strategie und wollen ihre Gesinnung verbergen. Sie tragen unauffällige, meist sportliche Kleidung oder übernehmen Erkennungszeichen der linken Szene. Manche Neonazis tarnen sich als Tierschützer. Neonazis lassen sich anhand bestimmter Szene-Codes identifizieren. Hier die eindeutigsten Erkennungszeichen.
Recht(s) gekleidet müssen sie sein
Rechtsextreme überlassen nichts dem Zufall, und erst recht nicht ihre äußere Erscheinung. Bomberjacken und Springerstiefel sind in der Szene zwar noch beliebt, gehören aber nicht mehr zur unverzichtbaren Standardausrüstung. Viele Neonazis bevorzugen inzwischen dezentere Kleidung, um nicht sofort aufzufallen. Ganz ohne Ideologie können sie jedoch auch nicht. Es gibt zahlreiche Marken, die nur in Szene-Geschäften oder Versandhäusern erhältlich sind und den Träger sofort als Neonazi entlarven. Dazu gehören:
Consdaple | Troublemaker | Rizist |
Masterrace Europe | Ansgar Aryan | |
Outlaw | Thor Steinar |
Auch einige internationale Marken, die von Haus aus nichts mit Rechtsradikalismus zu tun haben, werden von Neonazis gerne getragen. Die Labels wehren sich teilweise heftig dagegen, oft aber vergeblich.
Pit Bull | Ben Sherman | Fred Perry |
Lonsdale | Alpha Industries |
Quelle: www.netz-gegen-nazis.de
Gehirnwäsche über die Ohren
Vieles geht einfacher mit Musik – auch die Rekrutierung nationalsozialistischen Nachwuchses. Die Medien berichten regelmäßig darüber, dass Neonazis CDs mit rechtsradikaler Musik auf Schulhöfen verteilen. Auch die NPD und die DVU gehen so vor. Natürlich wird mit rechter Musik auch Geld gemacht, auf Konzerten werden massenhaft CDs und Merchandise verkauft. In der Szene beliebt ist vor allem der sogenannte Rechtsrock, doch auch HipHop, Techno oder Metal gehören inzwischen ins Repertoire. Die bekanntesten Bands sind laut www.netz-gegen-nazis.de:
14 Nothelfer | Hate Society | Race Riot |
Absurd | Kahlkopf | Saccara |
Blue Eyed Devils | Kategorie C | Skrewdriver |
Confident of Victory | Landser | Stahlgewitter |
Dee Ex | Die Lunikoff Verschwörung | Tonstörung |
Deutsch Stolz Treu | Nahkampf | Weisse Wölfe |
Endstufe | Noie Werte | White Aryan Rebels |
Faustrecht | Oidoxie | XxX |
Frontalkraft | Prussian Blue | Zillertaler Türkenjäger |
Eine ausführliche Liste gibt es hier.
Verboten und beliebt
Die Symbole der rechtsextremen Szene gehen weit über das Hakenkreuz hinaus. Die Reichskriegsflagge, die schwarz-weiß-rote Reichsflagge, der Reichsadler, das Eiserne Kreuz oder SS-Totenkopf sind für Neonazis von hoher Bedeutung. Doch auch unbekanntere Symbole wie das Gaudreieck gehören zu den eindeutigen Erkennungszeichen. Bilder und weitere Informationen finden Sie hier.
Da Neonazis gerne die Nachfahren starker Germanen oder Wikinger wären, nutzen sie auch deren Symbole. Dazu gehören zum Beispiel die Runen, von denen die Sig-Rune (das Zeichen der SS) die bekannteste ist. Bilder einschlägiger Runen und Logos gibt es hier und hier.
Von Zahlencodes und Abkürzungen
Symbole aus dem Dritten Reich sind verboten, ebenso Grußformeln, Organisationszeichen oder bestimmte Begriffe. Deshalb verwenden Neonazis seit Jahren Zahlencodes zur Verschlüsselung. Als Basis dienen das Alphabet und die Position der Buchstaben darin. H ist zum Beispiel der achte Buchstabe des Alphabets, 88 steht dann für HH, also "Heil Hitler". Weitere Codes sind:
18 | AH | Adolf Hitler |
74 | GD | Großdeutschland |
13/4/7 | MDG | Mit deutschem Gruß ("Hitler-Gruß") |
19/8 | SH | Sieg Heil |
28 | BH | Blood & Honour (verbotenes Neonazi-Netzwerk) |
124 | ABD | Ausländerbefreites Deutschland |
444 | DDD | Deutschland den Deutschen |
19/19 | SS | SS |
Es gibt jedoch Ausnahmen: "14" bezieht sich nicht auf "AD", sondern auf die "14 words" des US-Rechtsextremisten David Lane ("Wir müssen die Existenz unserer Rasse und die Zukunft unserer weißen Kinder sichern"), "168:1" auf den Bombenanschlag in Oklahoma im Jahr 1995 (dabei tötete ein Rechtsextremist 168 Menschen) und "4/20" auf den Geburtstag Adolf Hitlers. Neben den Zahlencodes existieren auch Abkürzungen:
WAW | Weißer arischer Widerstand |
HffH | Hammerskins forever - forever Hammerskins (rassistische Skinhead-Gruppe) |
WP/WAP | White (aryan) power ("Weiße (arische) Macht") |
W.O.T.A.N. | Will of the aryan nation ("Wille der arischen Nation") |
RAHOWA | Racial holy war ("Heiliger Rassenkrieg") |
Z.O.G. (J.O.G.) | Zionist occupied Government / Jewish occupied Government ("Zionistisch/jüdisch okkupierte Regierung") |
Neonazis unterhalten sich natürlich nicht nur per Zahlencodes oder Abkürzungen, sondern haben ein ganzes Repertoire an Wortneuschöpfungen, Bezeichnungen und Slogans parat.
Nationaler Widerstand | Touristen willkommen - Ausländer raus | Gemüsekuchen (Pizza) |
Nationaldemokraten | "Mitteldeutschland" für die östlichen Bundesländer | Alliierte Kriegsverbrechen |
Freiheitliche | "Ostmark" für Österreich | inländerfreundlich |
Nationale Sozialisten | Worte mit "Oi" ("Doitschland") | inländerfeindlich |
Nonkonforme Patrioten | Weltnetz (Internet) | Multikriminelle Gesellschaft |
Todesstrafe für Kinderschänder | Epost (Email) | Befreite Gebiete |
Sozial geht nur national | Heimseite (Homepage) | |
Unsere Agenda heißt Widerstand | T-Hemden (T-Shirts) |
Mehr Informationen zu den Sprachcodes finden Sie hier.
Unter dem Deckmantel der Gegner
Palästinenser-Tücher oder Che-Guevara-Shirts sind eigentlich Erkennungszeichen der linken Szene. Auch schwarze Kapuzenpullis, schwarze Basecballcaps und Sonnenbrillen finden sich im sogenannten "Schwarzen Block" der Linksautonomen. Seit einiger Zeit übernehmen jedoch vor allem die "Autonomen Nationalisten" die Symbole ihrer Gegner. Besonders das Palästinenser-Tuch wird gerne genutzt, da die Neonazis damit ihren Antisemitismus ausdrücken können.
Doch auch eigene Designs und Slogans der linken Szene gibt es als rechtsextreme Variante: Die Flagge der "Antifaschistischen Aktion" wurde zum Beispiel von den "Nationalen Sozialisten" kopiert. Einzig die Farbe und der Slogan wurden geändert. Auch das bekannte "Good night white pride" wurde adaptiert ("Good night left side"). Die Übernahme dieser Symbole ist natürlich reine Taktik: Sie soll Verwirrung stiften, provozieren und Neonazis schwerer erkennbar machen.
Es werden aber nicht nur offensichtlich linke Symbole von Rechtsradikalen missbraucht, sondern auch eher unpolitische Jugendkulturen. Manche Neonazis machen einen auf Emo (schwarze Kleidung, Röhrenjeans, enge T-Shirts, ins Gesicht gekämmte Haare, unzählige Buttons), andere kleiden sich wiederum wie Skater (Basecaps, Röhrenjeans oder weitere Hosen, Hoodies). Diese Strategie nach dem Motto "Wolf im Schafspelz" soll die Rekrutierung neuer Mitglieder vereinfachen und die Neonazis – zumindest optisch – "normaler" erscheinen lassen. Ein zweiter Blick lohnt sich jedoch: Die Buttons, die viele Neonazis tragen, verbreiten eindeutige Botschaften oder nutzen gängige Codes. Auch Nazi-Bands sind oft auf den Ansteckern zu sehen.
Wenn Neonazis auf Gutmenschen machen
Es ist kaum zu glauben, aber Neonazis beteiligen sich inzwischen an Friedensdemonstrationen. Auch das ist eine Taktik, um der Bevölkerung näher zu kommen. Gut getarnt protestieren sie gegen Kriegseinsätze – oder aber auch gegen Hartz IV oder Sexualstraftäter. Ein weiterer Deckmantel ist der Tier- und Naturschutz. Vor allem die "Autonomen Nationalisten" und die "Nationalen Sozialisten" sind in diesen Bereichen aktiv.
Dass es ihnen dabei nicht um die Sache an sich geht, dürfte klar sein. Der Tierschutz wird vielmehr dazu missbraucht, Juden und Muslime zu diskriminieren. Neonazis nutzen hier die Masche der ethisch korrekten Schlachtung von Tieren. Ebenso gibt es rechtsradikale Biobauern, die vor einem völkisch-nationalistischen Hintergrund agieren.
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