Das europäische Parlament will ein Strafverfahren gegen Ungarn auf den Weg bringen. Die EU-Abgeordneten haben in Straßburg dem Antrag mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt.
Nach Polen muss sich auch Ungarn einem Sanktionsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten stellen.
Eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Europaparlament stimmte am Mittwoch für das Auslösen eines Rechtsstaatsverfahrens nach Artikel 7 EU-Vertrag, das im äußersten Fall zum Entzug der Stimmrechte im Ministerrat führen könnte.
Für die Auslösung des Verfahrens stimmten 448 Abgeordnete, 197 waren dagegen, 48 enthielten sich.
"Systematische Bedrohung der Demokratie"
Grundlage des Votums ist ein kritischer Bericht, den die Grünen-Abgeordnete Judith Sargentini im Frühjahr im Auftrag des Parlaments erstellt hatte.
Unter Berufung auf offizielle Befunde von Institutionen wie den Vereinte Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder dem Europarat ging dieser mit der Regierung unter dem rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban hart ins Gericht.
Es herrsche eine "systemische Bedrohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn".
Risiko eines Verstoßes gegen EU-Grundwerte gegeben
Der Bericht verwies auf Einschränkungen der Meinungs-, Forschungs- und Versammlungsfreiheit sowie auf eine Schwächung des Verfassungs- und Justizsystems und das Vorgehen der Regierung gegen Nichtregierungsorganisationen.
Darüber hinaus werden in ihm Verstöße gegen die Rechte von Minderheiten und Flüchtlingen aufgezählt sowie Korruption und Interessenkonflikte kritisiert.
Insgesamt sei das Risiko eines Verstoßes gegen EU-Grundwerte gegeben, stellte der Bericht fest und plädierte für ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge.
Ein solches Verfahren hatte die EU-Kommission im Dezember gegen Polen gestartet. Beratung und etwaige Entscheidung liegen beim Rat der Mitgliedsstaaten, der sich nun mit beiden Ländern befassen muss.
Die Hürden sind aber sehr hoch. Im Fall Polen gab es bisher nur eine Anhörung.
Orban weist Vorwürfe zurück
Ministerpräsident Viktor Orban hatte die Vorwürfe am Dienstag vor dem EU-Parlament zurückgewiesen. Ungarn solle verurteilt werden, weil es kein Einwanderungsland werden wolle, behauptete der Premier.
Nun muss sich der Europäische Rat der Mitgliedsstaaten mit der Frage befassen.
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