Am Beschluss des Vorstands der AfD besteht kein Zweifel: Der rechtsnationale "Flügel" der Partei um Björn Höcke soll sich auflösen. Er tut aber so, als habe er die Botschaft nicht verstanden.
Nach der Aufforderung der AfD-Spitze zur Selbstauflösung des "Flügels" hat der Gründer der Vereinigung,
Gleichzeitig kritisierte er den Beschluss der Parteiführung. "Der Bundesvorstand ist das höchste Exekutivorgan der Partei. Als Konservativer pflege ich die Institutionen, auch wenn ich weiß, welche irrationalen Dynamiken in mehrstündigen Sitzungen solcher Gremien ablaufen", sagte der Thüringer AfD-Landeschef in einem am Samstagabend veröffentlichten Interview mit dem neu-rechten Verleger Götz Kubitschek. Einen politischen Kurswechsel kündigte er nicht an.
Die AfD habe sich in den knapp fünf Jahren seit der Gründung des "Flügels" sehr gut entwickelt, deshalb brauche man nun "einen Impuls, der über den Flügel hinausweist und die Einheit der Partei betont", führte Höcke weiter aus.
Der Prozess der "Historisierung" des "Flügels" werde längst umgesetzt. Jeder, der ihn aufmerksam beobachte, habe das wahrgenommen. Die Forderung des Parteivorstandes komme daher zum falschen Zeitpunkt und unterlaufe diesen Vorgang.
"Flügel" der AfD ignoriert den Beschluss des Vorstands
Der "Flügel" erklärte am späten Samstagabend auf seiner Facebook-Seite: "Die kursierenden Medienmeldungen über einen angeblich heute gefassten "Beschluss zur Auflösung des Flügels" sind unzutreffend."
Zutreffend sei, dass man sich derzeit intensiv mit der Bewertung und möglichen fristgemäßen Umsetzung des Bundesvorstandsbeschlusses zum "Flügel" beschäftige. "Wir mahnen alle Mitstreiter zur Gelassenheit."
Der Verfassungsschutz stuft den "Flügel" als rechtsextreme Bestrebung ein. Die Gruppe ist nicht als Verein organisiert, gilt aber als schlagkräftiges Netzwerk innerhalb der Partei.
Der Bundesvorstand der AfD hatte am Freitag in Berlin mit großer Mehrheit einen Beschluss verabschiedet, in dem es heißt: "Der Bundesvorstand erwartet als Ergebnis des morgigen "Flügel"-Treffens eine Erklärung darüber, dass sich der informelle Zusammenschluss "Flügel" bis zum 30.04.2020 auflöst."
Zu den prominentesten "Flügel"-Vertretern gehört neben Höcke der Brandenburger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz. Er ist Mitglied im Bundesvorstand.
Jörg Meuthen erhöht den Druck auf den "Flügel"
Parteichef
Weniger skeptisch reagierte Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel. Die Politikerin erklärte auf Anfrage: "Die gestrige Stellungnahme Björn Höckes interpretiere ich als Initial, die Gruppierung 'Der Flügel' rückzubauen." Nach diesem Schritt sollten alle Parteimitglieder "interne Scharmützel" einstellen und sich auf das Gemeinsame konzentrieren.
Markus Blume: Gesamte AfD wird zum Fall für den Verfassungsschutz
"Wenn "Auflösung" des Flügels 'Aufgehen' in der AfD bedeutet, dann muss die gesamte AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume. Und ergänzte: "Höcke bleibt, der Rechtsextremismus bleibt - nur eben künftig mitten in der AfD und nicht mehr als Flügel."
Ein ursprünglich für diesen Samstag geplantes Treffen von führenden Vertretern des "Flügels" war wohl wegen des Coronavirus abgesagt worden.
Meuthen zeigte zwar Verständnis für die Absage des Treffens. Er betonte aber, dies ändere nichts an dem Vorstandsbeschluss. Auch die darin genannte Frist stehe, sagte er auf Anfrage.
Kritiker des "Flügels" in der AfD befürchten, dass die gesamte Partei demnächst vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft werden könnte. Sie argumentieren, da der "Flügel" keine formale Mitgliedschaft kenne, sei eine Abgrenzung zur Gesamtpartei schwierig.
Corinna Miazga: "Haben gerade andere Sorgen"
Die bayerische AfD-Vorsitzende Corinna Miazga hofft in der Debatte um eine Auflösung des "Flügels" auf ein Ende des Streits in der Partei. "Alles, was zur Befriedung beiträgt in der AfD, auch in Bayern, werte ich vorsichtig optimistisch als Beitrag zur Stabilisierung", sagte sie am Sonntag. "Wir haben gerade andere Sorgen. Auch in der Corona-Krise muss die AfD sich positionieren." Hier sei es wichtig, als eine Partei aufzutreten. (hau/dpa)
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