Nach Einschätzung des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck wird das Bündnis der bisherigen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht vor allem der AfD und der SPD Wähler abwerben. "Hier entsteht eine Partei, die ausgewählte linke mit nationalpopulistischen Argumenten verbindet – und vor allem den Sozialdemokraten und der AfD Wähler abspenstig machen könnte", sagte Gauck den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Freitag). Wie bei der AfD finde man bei ihr ein Verständnis für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, eine Verharmlosung der Bedrohung, die vom "russischen Kriegsbrandstifter" ausgehe.

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Die Partei könne attraktiv sein für jene, die schon bei den Corona-Protesten eine "Querfront" gebildet hätten, sagte Gauck den Zeitungen. "Darunter solche Menschen, die sich überfordert fühlen von den Zuständen der politischen und kulturellen Moderne. Leider werden wir uns in Zeiten von Krisen und starkem Wandel mit solchen populistischen Parteien noch lange auseinandersetzen müssen."

In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" sagte Gauck am Donnerstagabend, eine verhängnisvolle Überschneidung mit der AfD bestehe darin, dass Wagenknecht es liebe, die Eliten im Grunde niederzumachen und ihnen Unfähigkeit und strukturelles Versagen vorzuwerfen. "Und diese Elitenfeindlichkeit, das ist ein schönes Sammelbecken, wo sich die Reaktionären unterschiedlicher Farben miteinander verbinden können."

Er gab die Prognose ab, dass die neue Partei "überall im Osten kräftig absahnen" werde. "Ich bedauere schon jetzt diejenigen, die mit einer Partei von Sahra Wagenknecht koalieren müssten. Ich sehe dieses einstweilen nicht." Er sei auch gespannt, wie es gelinge, ein gemeinsames Programm der doch ziemlich verschiedenen Frustrierten zu gestalten.  © dpa

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