Die künftige große Koalition hat eine Einigung in der Gesundheitspolitik erzielt, die alle Beteiligten zufrieden machen soll. Nur die Beitragszahler sollen ab 2015 mehr zahlen - es aber nicht mehr so deutlich bemerken.

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Über die Ausgangslage herrscht unter Experten Einigkeit: Den gesetzlichen Krankenkassen fehlt in Zukunft Geld, viel Geld. Schon für 2015 geht das Bundesgesundheitsministeriums von einer Lücke von drei Milliarden Euro aus. Für 2016 wird ein Defizit von sechs Milliarden Euro erwartet. 2017 sollen es schon zehn Milliarden Euro sein, die fehlen. Ohne Veränderungen wird es nicht gehen, soviel war der Verhandlungsgruppe unter Führung der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) und Jens Spahn (CDU) klar: Was also tun?

Das Ergebnis ist ein Kompromiss. Die Lösung, die jetzt verhandelt wurde, sieht so aus:

Zusätzliche Kosten sollen alleine die Arbeitnehmer bezahlen

Der allgemeine Beitragssatz bleibt bei 15,5 Prozent eingefroren. Davon sollen die Arbeitnehmer mit 8,2 Prozent auch künftig 0,9 Prozentpunkte mehr zahlen als die Arbeitgeber mit 7,3 Prozent. Den zusätzlichen Kostenbedarf ab 2015 sollen alleine die Arbeitnehmer übernehmen. Zu ihrem allgemeinen Beitragssatz soll ein variabler Zusatzbeitrag auf das Einkommen kommen, den die Kassen nach Bedarf festlegen können.

Der Clou der neuen Vereinbarung: Der einkommensabhängige Zusatzbeitrag soll offenbar nicht mehr wie die bisherigen fixen Zusatzbeiträge per Rechnung an das Mitglied erhoben und von diesem unmittelbar per Überweisung oder Einzugsermächtigung gezahlt werden. Stattdessen sollen die Kassen den Beitrag künftig direkt vom Einkommen abziehen dürfen. Die Krankenkassen drängen seit längerem auf diese "leise" Form der Beitragserhöhung.

Erhöhungen im Verborgenen

Denn die einkommensunabhängigen, einheitlichen Zusatzbeiträge der Vergangenheit waren mit einem Sonderkündigungsrecht verbunden und lösten stets Wechselwellen zum Nachteil der erhebenden Kasse aus. Viele Krankenkassen verzichteten deshalb auf Zusatzbeiträge oder schafften diese wieder ab. Die künftigen Erhöhungen im Verborgenen dürften den Anreiz für weniger auffällige Kostensteigerungen deutlich erhöhen, weil sie den Wettbewerb zwischen den Kassen entschärfen.

Dass die Versicherten mehr zahlen werden - und das mit weniger Aufsehen, kommt auch den zukünftigen Koalitionären zu Gute, die dann als Regierung gemeinsam die Gesundheitspolitik verantworten müssen. Deshalb überrascht es nicht, dass beide Partner mit dem Ergebnis zufrieden sind. Während der SPD-Politiker Karl Lauterbach sich freut, dass mit der Neuregelung das CDU-Modell der Kopfpauschale begraben worden sei, betont der CDU-Verhandlungsführer Spahn, dass die Arbeitgeber nicht höher belastet würden.

Auch die Pflegeversicherung wird teurer

Auch die Pflegeversicherung soll teurer werden: Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung soll in zwei Schritten um 0,5 Prozentpunkte steigen. Spätestens Anfang 2015 soll die erste Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte erfolgen. Mit einem Anteil von 0,1 Prozentpunkten soll eine Rücklage gebildet werden. Auch hier bemerken die Versicherten die Erhöhung nur, wenn sie sich genau ihre Gehaltsabrechnung ansehen. Die erhöhten Beiträge werden still und leise direkt vom Einkommen abzogen.

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