Gefahr aus Russland: Die Spionageabwehr befürchtet, Putins Agenten könnten vor der kommenden Bundestagswahl russlandfreundliche Politiker unterstützen und deren Kritiker mit Schmutzkampagnen überziehen.
Vor der Bundestagswahl 2025 warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor massiven Störversuchen ausländischer Geheimdienste. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Gefährdungsanalyse des deutschen Inlandsnachrichtendienstes hervor. Demnach liegen dem BfV Hinweise zu "möglichen Versuchen der Einflussnahme fremder Staaten" auf die Wahl vor: "Einzukalkulieren sind Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, Cyberangriffe sowie Spionage und Sabotage", warnt die Behörde.
Der Analyse zufolge gehe die Gefahr vor allem von russischer Seite aus. "Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russland das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Wahl im eigenen Sinne zu beeinflussen", schreibt das BfV. Demnach sprächen russische Stellen bereits davon, in einem "Informationskrieg" mit dem Westen zu stehen. Seit dem Angriff auf die Ukraine hätte Moskau "die Verbreitung (pro-)russischer und antiwestlicher Narrative offensiv ausgebaut". Ziel sei es, "Unsicherheiten und Spaltungslinien in der deutschen Gesellschaft zu erzeugen" und "die Bereitschaft für die Unterstützung der Ukraine zu mindern".
BfV bereitet sich mit Taskforce vor
Aufgrund der besonderen Gefährdungslage habe das BfV eine eigene Taskforce eingerichtet und tausche sich eng aus mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder sowie weiterer Partner.
Mit Blick auf die Bundestagswahl hält das BfV etwa eine aktive "Unterstützung einzelner Kandidierender oder Parteien" für möglich, die im Sinne Moskaus agieren. Gleichzeitig sei "die gezielte Diskreditierung ungewünschter Kandidatinnen und Kandidaten" vorstellbar sowie "ein Infragestellen des Wahlprozesses an sich" oder "das Schüren von Zweifeln an der Rechtmäßigkeit und korrekten Durchführung der Wahl".
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Auch Cyberangriffe könnten zur Einflussnahme genutzt werden. "Das Stehlen, Manipulieren und Veröffentlichen von Informationen" gehöre "zum Repertoire fremder Mächte, auch um indirekt auf Wahlen einzuwirken", warnt das BfV. Eine weitere Herausforderung sei künstliche Intelligenz: Sie könne "für ausgefeilte Desinformationsoperationen genutzt" werden, etwa mithilfe täuschend echter "Deepfake-Videos" oder gefälschter Stimmaufnahmen, mit denen Wählerinnen und Wähler getäuscht werden könnten.
Bereits 2023 Spähangriffe auf deutsche Parteien
Bereits in der Vergangenheit registrierten die Sicherheitsbehörden Cyberangriffe gegen deutsche Politiker, die russischen Hackergruppen zugeschrieben werden. Im Sommer 2023 war etwa ein massiver Spähangriff auf die IT der Bundes-SPD bekannt geworden. Die Cyberattacke wird inzwischen der Hackergruppe "APT28" zugeordnet, die vom russischen Militärgeheimdienst GRU gesteuert wird. Kurze Zeit später wurde auch die CDU Opfer digitaler Angriffe. Könnten die damals gestohlenen Daten nun für Schmutzkampagnen im Wahlkampf genutzt werden?
Selbst "Sabotageaktivitäten" könnten russische Stellen laut BfV vor der Bundestagswahl erwägen: Neben etwaigen physischen Schäden an der deutschen Infrastruktur würden dabei psychologische Auswirkungen einkalkuliert – die zu einer Verunsicherung der Öffentlichkeit und politischer Entscheidungsträger führen. © DER SPIEGEL
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