In Italien streiken zahlreiche Journalisten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Rai gegen die aus ihrer Sicht wachsende Einflussnahme der Regierung unter der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

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Während der 24-stündigen Arbeitsniederlegung waren am Montag auf dem Nachrichtensender Rainews24 lediglich zuvor aufgenommene Beiträge zu sehen, in einem Laufband wurden die Zuschauer über den Streik informiert.

Zum Streik aufgerufen hatte die größte Gewerkschaft innerhalb der Rai, die Usigrai, der die meisten der rund 2000 Journalisten der Anstalt angehören. "Wir verlieren lieber einen oder mehrere Tage Lohn, als unsere Freiheit zu verlieren", hieß es in einer Usigrai-Videobotschaft.

Die Gewerkschaft hatte den Streik Ende April angekündigt und damals in einer Erklärung von einer "erstickende(n) Kontrolle der journalistischen Arbeit" und dem Versuch, "die Rai auf ein Verlautbarungsorgan der Regierung zu reduzieren" geschrieben.

Der Vorsitzende der italienischen Journalistengewerkschaft FSNI, Vittorio Di Trapani, sprach von der Gefahr einer "Entwicklung wie in Ungarn", in Anspielung auf die erhebliche Einschränkung der Pressefreiheit unter dem dortigen Regierungschef Viktor Orban.

Die Leitung der Rai warf der Usigrai in einer Mitteilung vor, "Fake News zu befördern" und "politische und ideologische Motive" zu haben. Von dem Streik distanzierte sich auch die kleinere, kürzlich gegründete Journalistengewerkschaft Unirai, die als rechtsgerichtet gilt. Der Streik sei "politisch", hieß es von ihrer Seite.

Die Rai, die zum Teil durch einen Rundfunkbeitrag der italienischen Bürger finanziert wird, untersteht einem erheblichen Einfluss der jeweiligen Regierungsmehrheit. Die Chefetage der Anstalt wird direkt von der Politik ernannt und häufig nach Regierungswechseln ausgetauscht. Daher wird die journalistische Unabhängigkeit der Rai-Sender seit Jahrzehnten stark angezweifelt.

Seit dem Antritt von Melonis Regierung im Herbst 2022 werden diese Zweifel allerdings besonders lautstark geäußert. Zuletzt hatte der Vorwurf der Zensur gegen Schriftsteller Antonio Scurati in diesem Zusammenhang große Empörung ausgelöst.

Scurati, der für seine Biografien des faschistischen italienischen Diktators Benito Mussolini auch im deutschsprachigen Raum bekannt ist, war zunächst eingeladen worden, einen Monolog in einem Rai-Sender zu halten. Dieser sollte anlässlich des 25. April, des Nationalfeiertags der Befreiung Italiens vom Faschismus und von der Besetzung durch Nazi-Deutschland, ausgestrahlt werden, was dann aber unterblieb.

Scurati warf Regierungschefin Meloni darin vor, sie wolle die "Geschichte umschreiben", indem sie die schlimmsten Auswirkungen des italienischen Faschismus lediglich auf das Bündnis mit dem von Adolf Hitler regierten Deutschland abwälzen wolle.

Sowohl Meloni als auch die Rai-Leitung bestritten die Zensurvorwürfe. Das Management des Senders veröffentlichte den Text der Rede des Schriftstellers schließlich in Onlinenetzwerken.   © AFP

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