• Joe Biden verliert vor den Zwischenwahlen ausgerechnet bei den Frauen an Rückhalt.
  • Ohne eine Mehrheit in dieser Gruppe ist ein Sieg der Demokraten bei den Midterms am 8. November nahezu ausgeschlossen.
  • Politikwissenschaftler Klaus Kamps erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, welches Thema den Republikanern hilft und wagt eine Prognose für den Ausgang der Wahlen.

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Ohne sie geht für die US-Demokraten nichts. Schon bei der Präsidentschaftswahl 2020 verhalfen die Frauen Joe Biden mit 56 Prozent zum Sieg. Hätten nur Männer gewählt, wäre Donald Trump im Weißen Haus geblieben.

Auch bei den Midterms am 8. November braucht der Präsident wieder ihre Stimmen, um die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus zu verteidigen. Ein Verlust beider Kammern würde die Handlungsfähigkeit des Präsidenten innenpolitisch stark einschränken.

Eine Umfrage der New York Times und dem Siena College zeigt, dass seine Partei das Vertrauen der Wählerinnen verliert. Aktuell wollen offenbar nur noch 47 Prozent der Wählerinnen den Demokraten ihre Stimme geben, genauso viele wie den Republikanern.

Das Thema Abtreibung könnte Frauen für die Demokraten mobilisieren

Dabei hatten die Demokraten gehofft, besonders in dieser Gruppe zu punkten: "Das Thema Frauenrechte wird von den Wählerinnen eher mit den Demokraten verbunden als mit den Republikanern", erklärt Klaus Kamps, Politikwissenschaftler und US-Experte.

Der republikanisch dominierte Supreme Court hatte im Juni das Recht auf Abtreibung gekippt. Den einzelnen Bundesstaaten wurde so erlaubt, Abtreibung zu verbieten und unter Strafe zu stellen. Viele Frauen waren empört und die Demokraten schienen ihr Thema für den Wahlkampf gefunden zu haben.

Vor allem im Norden und in den Metropolen sei Abtreibung laut Kamps ein wichtiges Thema: "Es könnte dort junge Nichtwählerinnen für die Demokraten mobilisieren." Allerdings bemerkt er, dass die Debatte um das Recht auf Abtreibung in den meisten Bundesstaaten von anderen Themen "überschattet" werde.

Wirtschaftliche Lage trifft Frauen besonders hart

Dafür spricht die bereits zitierte Umfrage, wonach Abtreibung mit neun Prozent nur das drittwichtigste Problem der amerikanischen Frauen ist. Entscheidender seien die Wirtschaft (21 Prozent) und die Inflation (17 Prozent).

Frauen sind im Durchschnitt noch härter von der aktuellen wirtschaftlichen Krise betroffen als Männer. Das liege laut Kamps auch am hohen Anteil alleinerziehender Mütter in den USA.

Joe Biden hat es verpasst, diese Gruppe gezielt zu entlasten. Sein Vorschlag für eine vierwöchige Elternzeit und eine Verlängerung des Kindergelds schaffte es nicht durch den Senat. Joe Manchin, ein Senator aus den eigenen Reihen, blockierte die Vorhaben.

Republikanern wird mehr Wirtschaftskompetenz zugetraut

Für Biden war es schon mit demokratischen Mehrheiten im Kongress schwierig zu regieren. Mit republikanischen Mehrheiten würden umfassende Sozialreformen für den Präsidenten unmöglich.

Denn die Republikaner setzen anders als die Demokraten darauf, dass die Wirtschaft sich unabhängig von staatlichen Eingriffen erholt. Dieser Glaube ist laut Kamps auch bei den Wählern verbreitet: "Das speist sich aus dem Individualismus in der amerikanischen Gesellschaft insgesamt", erklärt er.

Das komme den Republikanern zugute, die darüber hinaus davon profitieren, dass die Krise zum Teil der aktuellen Regierung angelastet wird.

Deshalb hat der Experte auch eine klare Prognose für die Wahlen am 8. November: "Ich glaube, dass die ökonomische Lage bei den Wahlen voll durchschlägt und die Demokraten Haus und Senat verlieren werden."

Zum Experten: Klaus Kamps ist Kommunikations- und Politikwissenschaftler und Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Seine Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem Medien und öffentliche Kommunikation in den USA.

Verwendete Quellen:

  • New York Times: Cross-Tabs for October 2022
  • Salon.com: Joe Manchin kills Democrats’ paid family and medical leave proposal in Biden’s spending bill
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