Anas Alkharboutli hat den Bürgerkrieg in Syrien dokumentiert. Der dpa-Fotograf stirbt bei einem Luftangriff nahe Hama.
Der dpa-Fotograf Anas Alkharboutli ist in Syrien getötet worden. Er wurde 32 Jahre alt. Alkharboutli starb bei der Arbeit nahe der syrischen Stadt Hama durch einen Luftangriff. Kollegen anderer Medien waren dabei und berichteten von seinem Tod. Alkharboutli fotografierte den Vorstoß der Rebellenallianz Haiat Tahrir al-Scham (HTS).
Kampfflugzeuge feuern auf eine Gruppe mit Alkharboutli
Es passiert an einer Brücke in der Stadt Morek – etwa 28 Kilometer nördlich von Hama. Der Ort liegt an der Fernstraße zwischen Aleppo und der syrischen Hauptstadt Damaskus. Die Angriffe der Rebellenallianz dauern schon eine Woche. Sie begannen in Idlib, im Nordwesten des Landes. Die HTS-Einheiten marschieren Richtung Aleppo. Alkharboutli ist als Berichterstatter dabei.
In Morek wartet er mit Kollegen auf eine Genehmigung der HTS. Dann bombardieren – mutmaßlich syrische – Kampfflugzeuge zweimal ihre Position. Die Journalisten werfen sich zu Boden. Nach dem Angriff stehen sie auf, rufen sich einander zu. Alkharboutli habe nicht geantwortet. Er bleibt liegen, wie die Kollegen schildern. Er sei an beiden Beinen verletzt gewesen. Sie hätten ihn sterben sehen. Noch am selben Tag wird Alkharboutli in Idlib beigesetzt.
Deutsche Presse-Agentur trauert: "Sein journalistisches Vermächtnis ist uns Verpflichtung"
Die Nachricht trifft die Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Presse-Agentur weltweit hart. Chefredakteur Sven Gösmann sagt: "Wir alle bei dpa stehen unter Schock und sind unendlich traurig über den Tod von Anas Alkharboutli. Sein journalistisches Vermächtnis ist uns Verpflichtung. Mit seinen Bildern hat er nicht nur die Gräuel des Krieges dokumentiert, er hat stets für die Wahrheit gearbeitet."
2015 begann er mit seiner Arbeit als Fotojournalist und kam 2017 zur dpa. Alkharboutli hatte Ingenieurwissenschaften an der Universität von Damaskus studiert.
Internationale Auszeichnungen für Alkharboutlis Fotografien
Seine Bilder aus dem syrischen Bürgerkrieg sind international anerkannt und gewürdigt. 2020 erhält Alkharboutli die Young Reporter Trophy des renommierten französischen Prix Bayeux für Kriegsberichterstattung. Bei den Sony World Photography Awards gewinnt er 2021 die Kategorie Sport mit einer Bildserie über Kinder beim Karatetraining.
Der syrische Bürgerkrieg wieder im Fokus
Das dschihadistische Rebellenbündnis HTS nahm am Wochenende Aleppo ein. Die Front verschob sich dann Richtung Hama. Dort kämpfen Rebellen-Einheiten mit Regierungstruppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Die syrische und russische Luftwaffe flog im Umland Dutzende Angriffe gegen die Rebellen. Die Assad-Truppen begannen eine Gegenoffensive. Laut Regierungskreisen und der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte drängten Assads Truppen die Rebellen gut zehn Kilometer nördlich von Hama zurück.
Die Beobachtungsstelle hat ihren Sitz in London und verfügt über ein Netz aus Informanten vor Ort, die das Kriegsgeschehen verfolgen. Laut diesen Erkenntnissen kamen bei den Gefechten inzwischen mehr als 570 Menschen ums Leben, unter ihnen knapp 100 Zivilisten.
2011, als der Bürgerkrieg begann
Erst waren es friedliche Proteste für mehr Demokratie gegen al-Assad, dann begann 2011 ein Bürgerkrieg. Das Land ist tief gespalten. Assads Regierung kontrolliert etwa zwei Drittel des Landes. Assad erhält militärische Unterstützung von Russlands Präsidenten Wladimir Putin und aus dem Iran.
Russland führt seit Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Iran und Israel haben sich in diesem Jahr erstmals direkt angegriffen. Die Spannungen halten an. Ein offener Krieg im Nahen Osten ist möglich.
Rebellen nutzen offensichtlich Russlands Aufwand im Ukraine-Krieg
Analysten glauben, dass die Rebellen ausnutzen, dass Russland und der Iran jeweils militärisch auf anderen Schauplätzen abgelenkt sind.
Angeführt wird die Offensive von der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die als Nachfolgerin der Al-Nusra-Front gilt, einem früheren Ableger der Terrororganisation Al-Kaida in Syrien.
Laut Terrorismusexperten und Sicherheitsbehörden in den USA und Australien änderte HTS 2016 ihren Namen und brach offiziell mit Al-Kaida. Dennoch wird die Gruppe weiterhin als Terrororganisation beschrieben, deren Aktivitäten auf Syrien konzentriert sind. Die US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) betont, dass HTS trotz der Abspaltung eine salafistisch-dschihadistische Ideologie verfolgt. Die Gruppe zielt auf den Sturz von Assad und will ein islamisches Herrschaftssystem in Syrien errichten. (dpa/bearbeitet von tas)
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