- Der US-Senat hat diese Woche für den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland gestimmt.
- Deutschland hat bereits Anfang Juli den Beitritt ratifiziert.
- Unter anderem das türkische Parlament muss noch zustimmen.
Mit großen Schritten gehen Schweden und Finnland ihrem Beitritt zum westlichen Verteidigungsbündnis Nato entgegen. Dass es so weit gekommen ist, schien zuletzt alles andere als klar. Aber noch haben nicht alle Mitgliedsländer zugestimmt.
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind Schweden und Finnland von ihrer Neutralität abgerückt. Die beiden Länder waren lange Zeit unabhängig von verteidigungspolitischen Blöcken und sie waren stolz darauf. Schweden seit 200 Jahren und Finnland seit dem 2. Weltkrieg.
Doch anders als etwa die Schweiz und Österreich, die beide ebenfalls nicht Teil der Nato sind, ist die geografische Lage der beiden skandinavischen Staaten schwierig. Sie liegen näher an Russland und sind nicht wie die beiden zentraleuropäischen Länder von Nato-Staaten umgeben. Finnland hat eine 1300 km lange Grenze mit Russland und Schweden ist ebenso wie Russland Ostseeanrainer.
Auf dem Nato-Gipfel in Madrid im Juni sollten die Staatschefs und später dann die Parlamente dem Beitritt zustimmen. Soweit zumindest der Plan. Doch die Türkei machte schnell klar, dass sie dem Beitritt nicht so einfach zustimmen würde.
Die Türkei lehnte die Aufnahme der beiden Länder in die Nato ab, weil sie Schweden und Finnland vorwarf, in ihren Ländern nicht genug gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK, die syrische Kurdenmiliz YPG und die Gülen-Bewegung zu unternehmen. Aus türkischer Sicht stellen diese Gruppen "Terrororganisationen" dar. Die beiden Nordeuropäer weisen diese Vorwürfe, welche die Türkei an sie gerichtet hat, scharf zurück.
Ein weiterer Grund der Ablehnung besteht darin, dass einzelne Nato-Partner, sowie auch Schweden und Finnland, Waffenlieferungen an die Türkei eingestellt haben. Ursache hierfür waren militärische Aktionen der Türkei in Syrien im Jahr 2019.
Schweden und Finnland mussten Zugeständnisse machen
Auf dem Madrider Gipfeltreffen der Nato-Staaten haben dann nach längeren Verhandlungen letztlich doch alle Staatschefs dem Beitritt zugestimmt. Dies wurde erst möglich, nachdem sich Schweden, Finnland und die Türkei gegenseitig verpflichteten, die Sicherheitsinteressen der jeweils anderen zu unterstützen.
Schweden und Finnland sollen nun Aktivitäten der kurdischen PKK in ihren Ländern unterbinden. Die PKK wird zwar ebenso in andern Nato-Ländern als terroristisch eingestuft, doch die kurdische YPG und die Anhänger des religiösen Führers Fethullah Gülen betrachtet allein die Türkei als "Terrororganisationen". Diese Deutung sollen nun Schweden und Finnland ebenfalls übernehmen.
Außerdem soll ein Auslieferungsabkommen mit der Türkei geschlossen werden. Dass es bei der Interpretation dieser Vereinbarung leicht zu Spannungen kommen könnte, zeigte sich bereits in der Vergangenheit. Die Türkei verlangte umgehend die Auslieferung von mehreren Personen. Schweden hingegen weigerte sich, dies zu befolgen.
Man liefere keine "schwedischen Staatsbürger aus, auch wenn die Türkei diese als Terroristen einstufe", so die schwedische Ministerpräsidentin Andersson nach Angaben der Süddeutschen Zeitung. Auch sonst halte man sich an schwedisches Recht und internationale Menschenrechtskonventionen, sagte Andersson. Als weiteren Erfolg kann die Türkei für sich verbuchen, dass das Waffenlieferungsembargo gegen ihr Land ebenfalls aufgehoben wird.
Türkisches Parlament muss erst noch zustimmen
Unterdessen schreitet der Zustimmungsprozess zum Nato-Beitritt von Schweden und Finnland durch die einzelnen Parlamente der Mitgliedsstaaten voran. 23 von 30 Staaten haben bisher bereits zugestimmt. Am 8. Juli dieses Jahres hatten bereits Bundestag und Bundesrat in Berlin ihre Zustimmung zur Aufnahme der beiden nordeuropäischen Länder bekundet.
Am 2. August haben das französische und das italienische Parlament seine Zustimmung erteilt. Der amerikanische Senat reagierte für seine Verhältnisse in dieser Woche überdurchschnittlich schnell und ratifizierte den Beitritt am Mittwoch. Sogar parteiübergreifend stimmten Demokraten und fast alle Republikaner für die Aufnahme der beiden Länder.
Den Nato-Beitritt bisher nicht ratifiziert haben Tschechien, Griechenland, Ungarn, die Slowakei, Spanien – und die Türkei. Erst vergangenen Mittwoch äußerte der türkische Außenminister Cavusoglu Zweifel daran, dass Finnland und Schweden das Abkommen erfüllen würden.
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Wenn die türkische Seite zu dem Ergebnis komme, dass die Beitrittskandidaten der Vereinbarung nicht nachkämen, würde die Türkei den Beitritt "blockieren", so Cavusoglu nach Informationen der Deutschen Welle. So bleibt abzuwarten, ob und wann das türkische Parlament die Zustimmung zur Ratifizierung erteilt. Denn erst mit der Zustimmung aller Nato-Parlamente wären Schweden und Finnland tatsächlich in die Nato aufgenommen.
Verwendete Quellen:
- tagesschau.de: Schweden und Finnland: US-Senat stimmt für Nato-Doppelbeitritt
- sz.de: Erleichterung und Sorge über Nato-Einigung zu Nordländern
- dw.com: Turkey says Sweden and Finland not fulfilling Nato deal
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