Mit ungewöhnlich drastischen Worten macht die Kanzlerin den Bürgern die Dramatik des aktuellen Pandemie-Geschehens deutlich. Man müsse jetzt auch schwere Verzichte hinnehmen und in dieser "sehr ernsten Phase" wann immer möglich zu Hause bleiben.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts weiter steigender Corona-Infektionszahlen in Deutschland eindringlich an die Bürger appelliert, zur Eindämmung der Pandemie beizutragen.

"Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreitet. Dabei zählt jetzt jeder Tag", sagte die CDU-Politikerin in ihrem am Samstag veröffentlichten wöchentlichen Podcast.

"Ich bitte Sie: Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort."

Deutschland befinde sich in einer "sehr ernsten Phase", sagte Merkel. "Tag für Tag steigt die Zahl der Neuinfektionen sprunghaft." Die Pandemie breite sich wieder rapide aus, schneller noch als zu Beginn vor mehr als einem halben Jahr.

"Der vergleichsweise entspannte Sommer ist vorbei, jetzt stehen uns schwierige Monate bevor. Wie der Winter wird, wie unser Weihnachten wird, das entscheidet sich in diesen kommenden Tagen und Wochen. Das entscheiden wir alle durch unser Handeln."

Neuinfektionen erreichen neuen Rekordwert

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben zuletzt 7.830 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet, mehr als je zuvor seit Beginn der Pandemie. Das geht aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Samstagmorgen hervor. Am Vortag war mit 7.334 neuen Fällen der bis dato höchste Wert registriert worden.

Damit sich das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreite, müssten die Kontaktpersonen jedes infizierten Menschen benachrichtigt werden, um die Ansteckungsketten zu unterbrechen, sagte Merkel. "Die Gesundheitsämter leisten dabei Großartiges, aber wo die Zahl der Infizierten zu hoch wird, da kommen sie nicht mehr hinterher."

Merkel fragte: "Was kann jede und jeder von uns also dazu beitragen, dass die Zahlen wieder heruntergehen? Sehr viel, das Allermeiste schon einfach dadurch, dass jede und jeder Einzelne konsequent den Mindestabstand wahrt, den Mund-Nasen-Schutz trägt, die Hygieneregeln einhält."

Die Wissenschaft sage klar, die Ausbreitung des Virus hänge direkt an der Zahl der Kontakte und der Begegnungen, die jeder habe. "Wenn jeder von uns seine Begegnungen außerhalb der eigenen Familie jetzt eine zeitlang deutlich verringert, dann kann es gelingen, den Trend zu immer mehr Infektionen zu stoppen und umzukehren", so Merkel.

"Genau das ist heute mein Appell an Sie: Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob außerhalb oder zu Hause."

Merkel von aktuellen Maßnahmen nicht überzeugt

Sie wisse, das klinge nicht nur hart, das sei im Einzelfall auch ein schwerer Verzicht, sagte die Kanzlerin. "Aber wir müssen ihn nur zeitweilig leisten und wir leisten ihn letztlich für uns selbst: Für die eigene Gesundheit und die all derer, denen wir eine Erkrankung ersparen können. Dafür, dass unser Gesundheitswesen nicht überfordert wird, dass die Schulen und Kitas unserer Kinder geöffnet bleiben. Für unsere Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze."

Deutschland sei deswegen so vergleichsweise gut durch das erste halbe Jahr der Pandemie gekommen, weil "wir zusammengestanden" und die Regeln eingehalten hätten. "Das ist das wirksamste Mittel, das wir zurzeit gegen die Pandemie haben. Jetzt ist es nötiger denn je."

Bund und Länder hatten am vergangenen Mittwoch die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus in Corona-Hotspots verschärft. Beim umstrittenen Beherbergungsverbot für Urlauber aus Risikogebieten aber gab es keine einheitliche Linie. In mehreren Ländern haben Gerichte das Beherbergungsverbot inzwischen gestoppt.

Merkel hatte sich in den Beratungen mit den Ministerpräsidenten im Kanzleramt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unzufrieden mit den Beschlüssen gezeigt.

"Die Ansagen von uns sind nicht hart genug, um das Unheil von uns abzuwenden", sagte die CDU-Politikerin nach übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern. "Es reicht einfach nicht, was wir hier machen." (dpa/thp)

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