Während sich Israels Bodentruppen im Gazastreifen weiter heftige Gefechte mit der islamistischen Hamas liefern, kommt es weltweit zu immer größeren propalästinensischen Massenprotesten.
Zehntausende von Demonstranten verlangten in vielen Städten Deutschlands sowie etwa in den USA, Frankreich und Großbritannien ein Ende der israelischen Bombardements im Gazastreifen. Auch mehrere arabische Staaten sowie die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) forderten nach einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken einen "sofortigen Waffenstillstand in Gaza". Derweil gingen die Kämpfe zwischen Israels Armee und der Hamas in der Nacht zum Sonntag weiter.
Gefechte in Gaza dauern an
Terroristen hätten am frühen Sonntagmorgen israelische Soldaten im Süden des Gazastreifens in Grenznähe mit Panzerabwehrraketen angegriffen, berichtete die Zeitung "Jerusalem Post". Das israelische Militär habe zurückgeschossen. Die Armee hat die Zivilisten im Norden des Gazastreifens seit Beginn des Kriegs immer wieder aufgerufen, zu ihrer eigenen Sicherheit in den Süden des abgeriegelten Küstengebiets zu fliehen. Dies haben nach Militärangaben mindestens rund 700.000 Menschen getan. Die Armee nannte den Zivilisten für Sonntag erneut ein vierstündiges Zeitfenster für die Flucht gen Süden.
Das Militär bekämpft derzeit vor allem im Norden die Einrichtungen der Hamas. Doch auch im Süden kam es bereits zu israelischen Luftangriffen. Nach Darstellung der Armee gibt es dort in den für die Zivilbevölkerung ausgewiesenen Gebieten ausschließlich gezielte Attacken auf Führer der Hamas. Der Bereich sei keine "sichere Zone", aber sichererer "als jeder andere Ort in Gaza".
Weltweite Massenproteste gegen Israel
Angesichts der grausigen Bilder von immer mehr Toten und drastischer Zerstörung kam es in zahlreichen Städten in Europa und den USA zu wütenden propalästinensischen Protesten. Allein in Düsseldorf gingen nach Polizeiangaben fast 17.000 Menschen auf die Straße, in Berlin waren es etwa halb so viele. Die Polizei in der Hauptstadt berichtete von Plakaten mit strafbaren Inhalten, fertigte Dutzende Anzeigen aus und ermittelt nun unter anderem wegen Volksverhetzung.
In Washington forderten Zehntausende Menschen "Freiheit für Palästina", viele Demonstrierende zogen bis vor das Weiße Haus und versammelten sich vor dem Eingangstor, das mit Handabdrücken in roter Farbe beschmiert wurde. In London waren 30.000 Menschen an Protesten gegen die israelischen Angriffe beteiligt, wie die BBC unter Berufung auf Schätzungen der Polizei berichtete. Sie forderten unter anderem einen sofortigen Waffenstillstand. Auch in französischen Städten gingen Tausende Menschen auf die Straße. In Paris beteiligten sich rund 20.000 Demonstranten, wie örtliche Medien unter Berufung auf die Polizei berichteten.
Die "Vertreibung der Palästinenser" müsse gestoppt werden, sagte der jordanische Außenminister Aiman al-Safadi am Samstag in Amman nach einem Treffen mit US-Außenminister Blinken. "Mord und Kriegsverbrechen müssen aufhören und die Immunität Israels gegenüber dem Völkerrecht muss enden." Blinken setzte sich erneut für eine humanitäre Feuerpause ein, lehnte aber eine lang andauernde Waffenruhe ab. "Ein vollständiger Waffenstillstand würde jetzt nur dazu führen, dass die Hamas an der Macht bleibt, sich neu gruppieren könnte und wiederholen könnte, was sie am 7. Oktober getan hat."
Israels Truppen nehmen Hamas-Chef in Gaza ins Visier
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hatte kürzlich erklärt, es sei die Absicht der Hamas und ihres Anführers Jihia al-Sinwar, das Bild eines zerstörten Gazas zu zeigen und Israel verantwortlich zu machen für das Leid der Menschen dort. "Sie werden den echten Schuldigen nicht verbergen können, und zwar sich selbst, die Verderben über Gaza gebracht haben", sagte Hagari. Israels vorrückende Bodentruppen "nehmen ein Hamas-Bataillon nach dem anderen auseinander" und würden Al-Sinwar "eliminieren", zitierte die Zeitung "The Times of Israel" den israelischen Verteidigungsminister Joav Galant am späten Samstag.
Aus dem Iran hieß es, Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei habe den Chef des politischen Büros der Hamas in Teheran empfangen. Ismail Hanija sei "vor einigen Tagen" für Gespräche in die Hauptstadt der Islamischen Republik gereist, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna am Samstag unter Berufung auf einen Hamas-Vertreter.
Beschuss aus Gaza auf Israel geht weiter
Der bewaffnete Arm der Hamas feuerte am Samstag erneut eine Rakete mit größerer Reichweite in den Süden Israels. Bei Kämpfen im Gazastreifen wurde derweil nach UN-Angaben auch eine Schule getroffen. Die Schule in dem Flüchtlingsviertel Dschabalia diene als Unterkunft für vertriebene Familien, teilte das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge mit. Es gebe Berichte über 20 Tote. Der genaue Hintergrund war unklar. Von palästinensischer Seite war die Rede von einem israelischen Angriff. Israels Militär teilte mit, man prüfe die Berichte. Die Angaben beider Seiten sind oftmals kaum zu überprüfen.
Israel wirft der Hamas seit langem vor, ihre Kommandozentren, Waffenlager und Raketenabschussrampen gezielt in zivilen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Schulen zu platzieren oder in Tunneln darunter – damit sie nicht aus der Luft bombardiert werden.
Was am Sonntag wichtig wird
Die israelische Armee hat den Zivilisten im Gazastreifen erneut ein Zeitfenster für die Flucht in den Süden des Küstengebiets genannt. Die israelischen Streitkräfte würden zwischen 10 Uhr und 14 Uhr Ortszeit Verkehr auf einer Straße in Richtung Süden zulassen, schrieb ein israelischer Armeesprecher am Samstagabend auf der Plattform X (vormals Twitter). (dpa/the)
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