• Die Ampel-Parteien haben sich auf eine Neuverteilung des CO2-Preises zwischen Mieter und Vermieter geeinigt.
  • Bislang müssen Mieter die Klimaabgabe komplett selbst zahlen, nun sollen ab 2023 auch Vermieter in die Pflicht genommen werden.
  • Mietrechtsexpertin Jutta Hartmann übt Kritik an dem Modell: Ein gefüllteres Portemonnaie bedeutet der Beschluss nämlich für Mieter nicht unbedingt.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzung der Autorin bzw. der zu Wort kommenden Expertin einfließt. Hier finden Sie Informationen über die verschiedenen journalistischen Textarten.

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Angekündigt war es im Koalitionsvertrag bereits, vor wenigen Tagen kam aber nun endgültig die gute Nachricht für Mieterinnen und Mieter: Künftig werden auch Vermieter beim CO2-Preis in die Pflicht genommen. Wenn sie ihr Haus nicht sanieren, werden sie bei der Klimaabgabe ebenfalls zur Kasse gebeten.

In welcher Höhe Vermieter sich an dem staatlichen Preisaufschlag auf fossile Brennstoffe beteiligen müssen, entscheidet die Energiebilanz ihrer Immobilie. Dafür hat die Ampel ein Zehn-Stufen-Modell entwickelt, welches die Aufteilung des Preises zwischen Mieter und Vermieter regelt.

Mieterbund übt Kritik an Neuregelung beim CO2-Preis

In der untersten Stufe muss der Vermieter 90 Prozent des CO2-Preises tragen, der Mieter zahlt entsprechend nur zehn Prozent. Hat der Vermieter sein Gebäude allerdings energieeffizient saniert, muss der Mieter den kompletten CO2-Preis tragen. So war es auch seit 2021, als die CO2-Steuer auf Öl und Gas eingeführt wurde.

Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund begrüßt die Entscheidung der Ampel, Vermieter an den Kosten zu beteiligen, ist aber noch skeptisch. "Man wird den genauen Gesetzentwurf noch abwarten müssen", sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Schon jetzt zeichneten sich zwei große Kritikpunkte ab.

Dem Zeitplan hinterher

"Die Aufteilung soll erst ab 2023 kommen, im Koalitionsvertrag war das anders angekündigt", erinnert sie. Tatsächlich liegt die Regierung hinter ihrem Zeitplan. Eine Neuregelung hatten die Ampel-Parteien bereits für den 1. Juni 2022 anvisiert und im Koalitionsvertrag festgehalten: "Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO2-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermieter und Mieterin bzw. Mieter geteilt."

Geschehen ist das aber nicht. Das Ärgernis aus Sicht von Hartmann daher: "Im Jahr 2022 werden die Energiekosten ohnehin viel höher ausfallen – die doppelte Belastung für Mieter ist ungerecht."

Lenkungswirkung beabsichtigt

Der Mieterbund selbst hatte im Vorfeld immer wieder gefordert, dass die Klimaabgabe komplett vom Vermieter getragen werden solle, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. "Die CO2-Steuer soll eine Lenkungswirkung für den Eigentümer erzielen. Er hat es schließlich in der Hand, eine bessere Heizung einzubauen oder zu dämmen", argumentiert Hartmann.

Beim Stufenmodell der Ampel sei zu befürchten, dass am Ende die Mieter wieder stärker belastet würden als die Vermieter. "Nach unseren ersten Berechnungen müssen deutlich mehr als die Hälfte aller Mieter weiterhin mehr als 50 Prozent des CO2-Preises schultern", sagt Hartmann.

Mieter müssen immer zahlen

Nicht nachvollziehbar findet die Expertin außerdem, dass Mieter auch in der schlechtesten energetischen Klasse mit zehn Prozent an den Kosten beteiligt werden. "Hingegen müssen die Mieter in der besten Sanierungsklasse alle Kosten übernehmen und der Vermieter zahlt gar nichts. Das ist unfair", sagt Hartmann.

Für viele Haushalte sei es schon jetzt ein Problem, die steigenden Energiekosten zu bezahlen. "Außerdem muss man bedenken, dass die Kaltmiete nach derzeitigem Recht steigt, wenn der Vermieter die Kosten für die energetische Ertüchtigung der Wohnung zulässigerweise auf die Miete umlegt. Mieter in sanierten Wohnungen zahlen also die Modernisierung und sollen einen höheren bzw. den vollen Anteil der CO2-Kosten übernehmen - eine Milchmädchenrechnung für Mieterinnen und Mieter", sagt die Expertin.

Auch die Klimaabgabe steigt bis 2025 weiter: Kostete die Tonne CO2 im Jahr 2021 noch 25 Euro, soll der Preis bis 2025 auf 55 Euro steigen. Die Steuer betrifft jeden, der mit Öl oder Gas heizt und wird direkt über den Einkaufspreis entrichtet. "Mietern wird deshalb nicht mehr im Portemonnaie hängen bleiben. Es ist nur die Frage, in welcher Höhe sie auf ihre Heizkosten obendrauf zahlen müssen", sagt Hartmann.

Entlastung berechnet

Aber auch wenn die Preise insgesamt steigen, könnten Mieter entlastet werden: Das Portal "Immowelt" hat das für eine Beispielwohnung von 90 Quadratmetern, bei der sich Mieter und Vermieter die Klimaabgabe hälftig teilen müssen, berechnet. Ergebnis: Nach drei Jahren spart sich der Mieter 240 Euro beim Heizöl und 170 Euro beim Erdgas.

Hartmann aber hat einen Kritikpunkt: "Beim CO2-Preis wird der Ausstoß des kompletten Gebäudes herangezogen und anteilig zur Wohnfläche auf den Mieter umgelegt." Der Mieter könne so durch sein eigenes Verhalten den CO2-Preis gar nicht wirklich reduzieren. "Wer eine größere Wohnung hat, muss mehr zahlen – egal, ob er sparsam mit Energie umgeht oder nicht", sagt Hartmann. Für sie geht das am Kerngedanken der Klimaabgabe vorbei, Anreize zum Energiesparen zu schaffen.

Kritik an Berechnungsgrundlage

Wie die Klimaabgabe zwischen Mieter und Vermieter am Ende genau aufgeteilt wird, soll über die Heizkostenabrechnung ermittelt werden. Aus der gelieferten Brennstoffmenge ergibt sich auch der CO2-Verbrauch. Daran gibt es Kritik: Haushalte, die verschwenderisch heizen, könnten profitieren, wenn ihr Haus dadurch auf einer Stufe einsortiert wird, die eine höhere Beteiligung des Vermieters bedeutet.

Hartmann hält das für ein Scheinargument. "Kein Mieter wird extra verschwenderisch heizen, die Heizkosten werden schließlich komplett verbrauchsabhängig abgerechnet", erinnert sie. Im Vergleich zu den Heizkosten sei der CO2-Preis immer noch gering. "Warum soll ein Mieter die Heizung aufdrehen, damit der Vermieter mehr CO2-Kosten tragen muss, wenn das für ihn eine saftige Nachzahlung bei den Heizkosten bedeutet?", fragt Hartmann. Trotzdem will die Regierung prüfen, ob die Einstufung künftig auf Basis von Energieausweisen erfolgen kann.

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Über die Expertin: Dr. Jutta Hartmann ist Sprecherin und Justiziarin des Deutschen Mieterbundes e.V. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Universität Trier und promovierte zu einem mietrechtlichen Thema.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Jutta Hartmann, Sprecherin und Justiziarin des Deutschen Mieterbundes e.V.
  • Bundesregierung.de: Fairness bei den CO2-Kosten: BMWK, BMWSB und BMJ einigen sich auf gerechte Verteilung
  • Immowelt.de: CO2-Steuer – das müssen Mieter und Vermieter wissen
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