Die Oberbürgermeisterwahl in Görlitz hatte bundesweites Interesse auf sich gezogen. Erstmals hätte ein AfD-Kandidat das Rathaus einer deutschen Stadt beziehen können. Doch am Wahlabend herrscht Ernüchterung beim AfD-Mann Sebastian Wippel und großer Jubel beim Kandidaten der CDU Octavian Ursu.

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Die AfD hat das von ihr erhoffte erste Spitzenamt in einer deutschen Stadt verpasst: Die sächsische Stadt Görlitz bekommt einen CDU-Oberbürgermeister. CDU-Kandidat Octavian Ursu setzte sich am Sonntag in einer Stichwahl mit 55,2 zu 44,8 Prozent gegen den AfD-Bewerber Sebastian Wippel durch. Wie Wahlleiterin Cornelia Herbst mitteilte, bekam Ursu 14.043 Stimmen, für Wippel votierten 11.390 Wähler.

OB-Wahl in Görlitz: Erleichterung bei der CDU

Die Bundes-CDU reagierte erleichtert. Ursu sei von einem breiten Bündnis getragen worden, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Es ist auch ein großer Erfolg und Rückenwind für die sächsische Union unter Ministerpräsident Michael Kretschmer."

In Sachsen ringt Regierungschef Kretschmer um sein Amt - am 1. September wird ein neuer Landtag gewählt. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Civey für "Spiegel Online" kommt die CDU im Land aktuell auf 29,7 Prozent vor der AfD mit 23,5 Prozent. Die SPD erreicht 10,3 Prozent.

Kretschmers schwarz-rote Regierung hätte damit die Mehrheit verloren, er müsste versuchen, ein anderes Bündnis zu schmieden. Nach einer am selben Tag von der "Bild"-Zeitung veröffentlichten Insa-Umfrage käme die AfD auf 25 Prozent der Zweitstimmen, die CDU nur noch auf 24.

Ernüchterung bei der AfD nach OB-Wahl in Görlitz

Die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl in Görlitz lag bei 56 Prozent und damit 2,6 Prozentpunkte unter der vom ersten Wahlgang am 26. Mai. Damals hatte der Musiker und Landtagsabgeordnete Ursu mit 30,3 Prozent auf Platz 2 hinter Wippel (36,4 Prozent) gelegen.

Zweiter Wahlgang Oberbürgermeisterwahl in Görlitz
Sebastian Wippel (l), OB-Kandidat der AfD, gratuliert Octavian Ursu (CDU). ©  Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Die beiden Kandidatinnen Franziska Schubert von den Grünen (27,9) und Jana Lübeck von den Linken (5,5) hatten danach verzichtet, um ein AfD-Stadtoberhaupt zu verhindern.

Ursu kommentierte seinen Sieg mit den Worten: "Die Mehrheit hat sich für eine offene Gesellschaft und gegen Abschottung entschieden." Wippel sprach trotz seiner Niederlage von einem "grandiosen Ergebnis". AfD-Landeschef Jörg Urban sagte, Görlitz sei die "Blaupause" für die Landtagswahl am 1. September. "Wir wollen auf über 30 Prozent kommen und mit dem Rückenwind aus der Lausitz bin ich auch optimistisch."

Wippel hat es zwar nicht geschafft, Oberbürgermeister zu werden. Das Wahlergebnis ist nach Ansicht der AfD aber so knapp ausgefallen, dass der Polizeikommissar durch diese Niederlage nicht beschädigt ist. In der AfD erwartet man, dass ihn die Partei bei der Landtagswahl erneut ins Rennen schicken wird - dann als Direktkandidat im Wahlkreis von Ministerpräsident Kretschmer. Um dies zu ermöglichen, hatte der Landesverband die Kandidatenaufstellung auf einen Termin nach der OB-Wahl in Görlitz gelegt. (mc/dpa)

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