Um verteidigungsfähig – gar "kriegstüchtig" – zu werden, soll die Bundeswehr kräftig wachsen. Nur: Tatsächlich gibt es sogar weniger Soldaten als vor einem Jahr.
Die Personaloffensive der Bundeswehr ist nicht vorangekommen: Die Zahl der Soldaten ist im vergangenen Jahr trotz verstärkter Anstrengungen auf 181.500 Männer und Frauen gesunken. Damit gab es zum Stichtag 31. Dezember 2023 etwa 1.500 Zeit- und Berufssoldaten sowie freiwillig Wehrdienstleistende weniger als ein Jahr zuvor, wie das Verteidigungsministerium am Freitag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Ende 2022 hatte die Bundeswehr demnach noch 183.050 Soldaten. Die Zahl der Zivilbeschäftigten sank um 400 auf 81.500. Ein Plus auf 19.100 gab es bei Männern und Frauen, die Reservistendienst leisteten (2022: rund 18.700).
Insgesamt rückte das erklärte Ziel in die Ferne, die Bundeswehr auch vor dem Hintergrund der neuen Gefahren wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bis zum Jahr 2031 auf 203.000 Soldaten anwachsen zu lassen. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Entwicklung gab es zuletzt eine verstärkte Debatte um eine mögliche Dienstpflicht oder die Einstellung von Soldaten ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Mehr Personal bleibt eine Priorität
Vorrangiges Ziel der Bundeswehr sei und bleibe die nachhaltige Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums am Freitag zur Personalentwicklung. "Wir brauchen qualifizierte und einsatzbereite Frauen und Männer, die in ausreichender Anzahl für die anstehenden Aufgaben und Aufträge bereitstehen."
Die immer stärker spürbaren Auswirkungen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels zeichneten sich in praktisch allen Berufs- und Arbeitsfeldern ab. "Aus der ehemaligen Konkurrenz unter Arbeitsuchenden um einen Arbeitsplatz ist ein Wettbewerb der Arbeitgeber um Arbeitskräfte – insbesondere Fachkräfte – geworden", teilte sie mit. Diese Entwicklungen spiegelten sich auch in der Bundeswehr. Es sei ein "Bündel von Maßnahmen und Initiativen" eingeleitet worden, um die Attraktivität zu steigern, flexibler zu agieren und schneller zu reagieren.
Ein detaillierter Blick auf den Personalbestand zeigt, dass es bei Berufssoldaten und freiwillig Wehrdienstleistenden ein leichtes Plus gibt, vor allem bei Zeitsoldaten ein Minus. Auch ist die Zahl der Frauen leicht gewachsen, ohne dass dies den Trend umkehren konnte.
Pistorius lässt schon Modelle einer Dienstpflicht prüfen
Die Wehrpflicht war im Juli 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Verteidigungsminister
Im August vergangenen Jahres hatte Pistorius mehr Tempo beim Umgang mit Bewerbern für eine Ausbildung oder einen Dienstposten bei der Bundeswehr gefordert. Zudem müssten die Anstrengungen erhöht werden, um Frauen sowie Menschen mit einem Migrationshintergrund für die Streitkräfte zu gewinnen, sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch in einem Karrierecenter der Bundeswehr in Stuttgart.
Er forderte, in den Werbekampagnen ein realistischeres Bild der Bundeswehr zu zeichnen und nicht mit Action-Filmen zu werben – auch um Abbrecherquoten nach dem Dienstantritt zu verringern. Wichtig sei, "dass wir keine Mission-Impossible-Filmchen drehen darüber, was bei der Bundeswehr alles passieren könnte wie in Hollywood, sondern dass es ein realistisches Bild ist". Als ein Problem gilt auch der steigende Altersdurchschnitt der Soldaten, weil der Personalbestand teils nur mit der Weiterverpflichtung von Zeitsoldaten gehalten werden kann. Aus der Truppe hieß es zuletzt, es werde sehr darum geworben, dass Zeitsoldaten ihren Dienst verlängern. (Carsten Hoffmann, dpa/tas)
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