Sandra Maischberger diskutiert am ARD-Themenabend mit ihren Gästen über sexuelle Nötigung. Eine Fernsehmoderatorin erzählt davon, wie sie einst selbst vergewaltigt worden sei. Die Diskussion zeigt, wie weit verbreitet sexuelle Nötigung und Sexismus in unserer Gesellschaft sind – und wie wenig davon an die Oberfläche dringt.
Die Enthüllungen über den Hollywood-Produzenten
Während Weinstein reihenweise Frauen sexuell genötigt haben soll, geht es im ARD-Fernsehfilm "Meine fremde Freundin" vor der Talkshow darum, dass ein Mann wegen eines erfundenen Vergewaltigungsvorwurfes ins Gefängnis kommt.
Wohl riesige Dunkelziffer bei Vergewaltigungen
Wie kommt man also zur Wahrheitsfindung? Wann beginnt Sexismus? Diese Fragen werden eingangs gestellt. Sie zeigen, wie heikel das Thema ist. Dabei sind die Zahlen und die damit verbundene Dunkelziffer, die sich nur erahnen lässt, das eigentlich Erschreckende.
Geht es nach der Runde bei Maischberger, sind sexuelle Nötigung, Sexismus und Vergewaltigungen weit verbreitet in unserer Gesellschaft. Doch nur wenig davon dringt offenbar an die Oberfläche.
Fernsehmoderatorin Lufen erzählt von Vergewaltigung
Emotional wird es unter anderem, als die Fernsehmoderatorin
Sie selber habe das nie zur Anzeige gebracht, erzählt sie und erklärt damit wohl ein wesentliches Problem: Vergewaltiger und jene Männer – und auch Frauen -, die sexuell nötigen, kommen oft ungestraft davon. Fünf bis sieben Prozent zeigen Vergewaltigungen nur an, sagt Lufen und beruft sich auf entsprechende Schätzungen.
Ist die Rechtsprechung zu zaghaft?
Markant: Lufen spricht an, dass ein Missstand in der Rechtsprechung liege. "Der Großteil der Frauen schweigt. Davon kommt nur ein Bruchteil vor Gericht, und ein Bruchteil davon wird verurteilt. Das ist ein strafloses Verbrechen in Deutschland", meint sie harsch.
Oft gebe es den Fall, dass der Richter glaube, dass der Angeklagte auch "der Täter ist, der Richter konnte aber nicht alle Zweifel ausräumen".
Die Fernsehmoderatorin nennt wohl die wichtigste Erkenntnis dieser Sendung hinterher. Beziehungsweise formuliert sie diese als Frage: "Wie groß ist die Zahl der Menschen, die sowas mit sich rumtragen?" Damit könnte an dieser Stelle beides gemeint sein: Täter und Opfer.
"Frauen fühlen sich nicht ernst genommen"
"Ein Gericht tut sich grundsätzlich schwer, ein falsches Urteil zuzugeben", meint indes die Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen, die heute für die "Welt" schreibt – und früher für die "F.A.Z." von Gerichten berichtete.
Drastisch schildert auch die Journalistin Teresa Bücker. "Es müssen 30 Frauen sein, damit ihnen geglaubt wird", meint die Chefredakteurin des Frauenmagazins "Edition F" und verweist auf den Fall Weinstein. "Viele fühlen sich nicht ernst genommen. Es gab Freisprüche, bei denen man fassungslos war, wie es dazu kam", erzählt sie von ihren Recherchen.
Ist der Rechtsstaat also wirklich so machtlos? Kann er der sexuellen Nötigung und Vergewaltigungen keinen Einhalt gebieten? Aus der Sendung geht der Zuschauer mit genau diesem Gedanken.
Frommer Wunsch von Maischberger
An deren Ende wird es nochmal spektakulär. "Es sind ganz neue Probleme, die auf uns zukommen. Das ist was anderes, als das, was wir vor 30 Jahren hatten", sagt die offensichtlich konservative Autorin Friedrichsen und will auf Flüchtlinge und deren angeblich andere Weltsicht über Frauen eingehen.
Bücker ist irritiert, regelrecht erbost. "Ich bin sehr unglücklich damit, was sie gerade sagen. Ich wäre da extrem vorsichtig", sagt sie zu ihrer Kollegin.
"Kriminalstatistiken zeigen, dass die Mehrheit der Täter deutsche Männer sind." Männer, mitten unter uns. Und das in viel mehr Fällen, als bekannt wird. "Wir hoffen, dass das Thema mehr in die gesellschaftliche Debatte getragen wird", sagt Maischberger am Ende ihrer Sendung.
Es droht, ein frommer Wunsch zu bleiben. Schließlich wird der Missstand offenbar bis heute verharmlost.
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